Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche betriebsbedingte Kündigung eines ehemaligen Betriebsrats, Schließung einer Betriebsabteilung, fehlende Übernahmemöglichkeit in eine andere Betriebsabteilung, ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Arbeitgeber genügt der ihm obliegenden Mitteilungspflicht im Rahmen des § 102 Abs. 1 BetrVG nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig umschreibt oder lediglich ein Werturteil abgibt, ohne die für seine Bewertung maßgebenden Tatsachen mitzuteilen.
2. Eine Betriebsabteilung i.S.v. § 15 Abs. 5 KSchG ist ein räumlich und organisatorisch abgegrenzter Teil eines Betriebs, der eine personelle Einheit erfordert, dem eigene technische Betriebsmittel zur Verfügung stehen und der eigene Betriebszwecke verfolgt, die Teil eines arbeitstechnischen Zwecks des Gesamtbetriebs sind oder in einem bloßen Hilfszweck für den arbeitstechnischen Zweck des Gesamtbetriebs bestehen können.
Normenkette
BetrVG § 102; KSchG § 15 Abs. 1 S. 2, Abs. 4-5
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Urteil vom 05.09.2006; Aktenzeichen 2 Ca 2502/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 05.09.2006 – 2 Ca 2502/06 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.
Der am 13.01.1958 geborene Kläger ist verheiratet und ein Kind. Nach einer Ausbildung als Druckvorlagenhersteller ist der Kläger seit dem 17.05.1990 bei der Beklagten, die zuletzt etwa 12 Mitarbeiter beschäftigte, zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 2.730,00 EUR tätig. Der Kläger wurde als Scanner-Operator eingestellt und mit verschiedenen Aufgaben in den Bereichen Repro sowie Satz/DTP betraut.
Bis April 2006 war der Kläger gewählter Betriebsrat bei der Beklagten. Im Rahmen der turnusmäßigen Neuwahl kandidierte er erneut, erhielt jedoch nicht die meisten Stimmen. Zur Betriebsrätin wurde die Mitarbeiterin V4xxxxx gewählt.
Seit Jahren befindet sich die Beklagte in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Bereits im Jahre 2003 wurde der Kläger als damaliger Betriebsrat um Zustimmung zur ordentlichen betriebsbedingten Kündigung eines Mitarbeiters M5xxxxx gebeten. Im Schreiben vom 17.04.2003 (Bl. 47 d.A.) führte die Beklagte zur Begründung der beabsichtigten Kündigung aus, dass aufgrund eines erheblichen Auftragsausfalls jährlich ca. 2.700 Arbeitsstunden, hiervon zu 2/3 Reproarbeitsstunden entfielen. Da er, der Kläger, als Betriebsrat Kündigungsschutz habe, werde er von der Abteilung Repro in die Satzabteilung versetzt, dort müssten zwei Arbeitnehmer entlassen werden.
Der Kläger war in der Folgezeit daraufhin mit Füllarbeiten aus dem Arbeitsbereich Satz/DTP beschäftigt.
Aufgrund weiterer wirtschaftlicher Schwierigkeiten wurde im Jahre 2006 schließlich die Schließung des gesamten Betriebes erwogen. Dies fand aber nicht die Zustimmung der Mehrheit der Gesellschafter der Beklagten. Daraufhin fasste die Gesellschafterversammlung am 30.05.2006 den Beschluss, die Abteilung Repro unter Kündigung der in diesem Bereich beschäftigten Mitarbeiter Frau K3xx und Herrn F2xxxx, den Kläger, zum nächst möglichen Termin zu schließen. Auf das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 30.05.2006 (Bl. 34 d.A.) wird Bezug genommen. Im Anschluss an die Gesellschafterversammlung wurde noch am 30.05.2006 die Betriebsrätin V4xxxxx zu den beabsichtigten Maßnahmen angehört. Ob diese Anhörung ordnungsgemäß erfolgt ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 30.05.2006 (Bl. 35 d.A.) teilte die Betriebsrätin V4xxxxx mit, dass sie die Begründung zur Kündigung der betroffenen Arbeitnehmer zur Kenntnis genommen habe und eine weitergehende Stellungnahme nicht mehr abgeben wolle.
Mit Schreiben vom 31.05.2006 (Bl. 4 d.A.) kündigte die Beklagte daraufhin das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis wegen Schließung der Abteilung Repro fristgemäß zum 30.11.2006. Der Kläger wurde von jeglicher Arbeitsleistung freigestellt.
Der Kläger erhob daraufhin am 01.06.2006 die vorliegende Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei bereits mangels ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam. Über die Sozialauswahl sei die Betriebsrätin nicht unterrichtet worden.
Darüber hinaus sei die Kündigung auch sozial ungerechtfertigt. Die von ihm zuletzt verrichteten Aufgaben seien weder vollständig noch überwiegend entfallen. Im Bereich Repro sei er nur noch zu einem kleinen Teil eingesetzt worden. Dieser Bereich stelle auch keine eigenständige Betriebsabteilung dar. Die Verteilung der von ihm verrichteten Arbeiten auf andere Mitarbeiter sei ohne den Anfall von Überstunden nicht möglich. Darüber hinaus könne er im Hinblick auf seinen Sonderkündigungsschutz als ehemaliger Betriebsrat ohne Weiteres vollständig im Bereich Satz/DTP eingesetzt werden, hier habe er bereits seit etwa 2003 überwiegend gearbeitet. Er habe sich...