Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung. tarifliche Ausschlussfristen. Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Beginn für die tarifliche Ausschlussfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Beginnt eine tarifliche Ausschlussfrist mit der Fälligkeit eines Anspruchs, so ist für ihren Lauf im Falle eines Urlaubsabgeltungsanspruchs auch dann auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen, wenn die zur Beendigung führende Kündigung mit der Kündigungsschutzklage angegriffen worden ist. Dies gilt auch dann, wenn im Kündigungsschutzverfahren nach Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen wird, in dem die Beendigung zum vorgesehenen Kündigungstermin abschließend festgeschrieben wird.

 

Normenkette

BGB § 271; EMTV § 19

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 29.03.2012; Aktenzeichen 4 Ca 2307/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 29.03.2012 - 4 Ca 2307/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch um Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers.

Der Kläger war vom 01.09.1977 bis zum 31.12.2010 als Gürtler bei der Beklagten tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fanden nach dem Vortrag beider Parteien die Tarifverträge der Metallindustrie Anwendung. Es endete, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 18.05. und 27.05.2010 sowie mit Schreiben vom 29.07.2010 die ordentliche Kündigung zum 31.12.2010 bzw. 28.02.2011 erklärt hatte, durch den im Kündigungsschutzverfahren abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich vom 08.04.2011. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klageschrift (Bl. 5 - 11) verwiesen.

Bereits mit Schreiben vom 30.04.2010 hatte die Beklagte den Kläger zunächst widerruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Nach der Kündigung vom 18.05.2010 meldete sich für den Kläger dessen jetziger Prozessbevollmächtigter. In dem Schreiben heißt es:

"Sollte mein Mandant im Hinblick auf die ausgesprochene Kündigung nicht in der Lage sein, den ihm zustehenden Jahresurlaub für das Kalenderjahr 2010 zu nehmen, mache ich hiermit den Anspruch auf Übertragung dieses Urlaubs auf das Kalenderjahr 2011 ausdrücklich geltend. Dieses gilt auch für das Urlaubsgeld.

Sollte das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr 2010 sein Ende finden, mache ich hiermit den Urlaubsabgeltungsanspruch (Urlaubsgeld und Urlaubsentgelt) für einen etwaig bis dahin nicht verbrauchten Urlaub ausdrücklich geltend."

Eine entsprechende Formulierung findet sich in der im Hinblick auf die Kündigung erhobenen Kündigungsschutzklage vom gleichen Tag. Mit Schreiben vom 29.07.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut. In dem Kündigungsschreiben heißt es:

"Weiterhin stellen wir Sie mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres unter Fortzahlung der regelmäßigen Bezüge und unter Anrechnung des Urlaubsanspruchs und eventuellen Zeitguthabens vom Dienst frei."

Bis zur Freistellung am 30.04.2010 hatte die Beklagte dem Kläger für das Jahr 2010 keinen Urlaub gewährt. Bis zum 31.12.2010 hat der Kläger seine Tätigkeit nicht wieder aufgenommen.

Ende April 2011 erstellte die Beklagte die Schlussabrechnung. Mit Schreiben vom 29.07.2011, bei der Beklagten spätestens am 04.08.2011 eingegangen, machte der Kläger u.a. den im Berufungsverfahren weiter verfolgten Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 30 Urlaubstage in Höhe von 3.031,80 € geltend (Bl. 79 - 81 d.A.). Mit seiner am 24.11.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt er neben anderen Forderungen diesen Anspruch weiter.

Durch Urteil vom 29.03.2012, auf das zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ein zuvor ergangenes klageabweisendes Versäumnisurteil in vollem Umfang aufrechterhalten. Zur Begründung hat es in Bezug auf den Urlaubsabgeltungsanspruch ausgeführt, dass der Urlaubsanspruch des Klägers mit Ablauf des 31.12.2010 erloschen sei. Ein Abgeltungsanspruch entstehe nicht, wenn der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt ausscheide. Die Voraussetzungen für eine Übertragung des Urlaubsanspruchs hätten nicht vorgelegen. Auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzanspruchs besäße der Kläger keinen Anspruch.

Gegen dieses ihm am 13.04.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.05.2012 Berufung eingelegt und diese am 14.05.2012 begründet.

Der Kläger beruft sich darauf, dass er die Abgeltung seines Urlaubsanspruchs aus dem Jahre 2010 bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht habe. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ließe darauf schließen, dass dieses weiterhin der Surrogatstheorie des Bundesarbeitsgerichts folge, die das Bundesarbeitsgericht jedoch aufgegeben habe. Der Abgeltungsanspruch stelle nunmehr einen reinen Geldanspruch dar, der mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehe und nach § 271 BGB sofort fällig sei. Sein Anspruch sei auch nicht nach tariflichen Vorschriften verfallen, da der Kündigungsrechtsstreit erst durch den am 08.04.2011 ...

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