Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung eines im öffentlichen Dienst einer Kommune beschäftigten Straßenbauers wegen der außerdienstlich begangenen Straftaten der Zuhälterei und des Menschenhandels
Leitsatz (redaktionell)
Ein im öffentlichen Dienst einer Kommune beschäftigter Straßenbauer kann wegen außerdienstlich begangener Straftaten der Zuhälterei und des Menschenhandels fristlos gekündigt werden.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1, § 241 Abs. 2; TVöD-BT-V § 41; BAT § 8
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Urteil vom 20.08.2008; Aktenzeichen 5 Ca 1115/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 20.08.2008 – 5 Ca 1115/08 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung der Beklagten beendet ist.
Der am 17.12.1981 geborene, verheiratete, gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger war seit dem 01.09.1998 zunächst als Auszubildender, ab dem 21.07.2001 als Straßenbauer bei der Beklagten mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 2.315,42 EUR tätig.
Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 20.07.2001 (Bl. 5, 6 d.A.) zugrunde. Gem. § 2 des Vertrages richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G), des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW) zum BMT-G und der diese Tarifverträge ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung.
Seit dem 01.10.2005 ist auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13.09.2005 (TVöD-AT und TVöD-BT-V) anwendbar.
In der Zeit vom 01.02.2008 bis zum 25.02.2008 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Ihm wurden Zuhälterei und Menschenhandel vorgeworfen.
Am 08.04.2008 nach Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft wegen Zuhälterei, vorsätzlicher Körperverletzung, erpresserischen Menschraubs, Erpressung und schwerer Menschenhandels sowie sexueller Nötigung hörte die Beklagte den Kläger an. Er bestritt die in der Anklageschrift gegen ihn erhobenen Vorwürfe und bekräftigte, dass diese unbegründet seien, da alles auf freiwilliger Basis abgelaufen sei.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 21.04.2008 verurteilte das Landgericht Bochum den Kläger wegen gemeinschaftlicher Zuhälterei und wegen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und setzte die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus.
Das Landgericht stellte fest, dass der Kläger mit seinem Gehalt, das er bei der Stadt B1 erzielte, nicht zufrieden war und seiner Auffassung nach einen zusätzlichen Verdienst benötigte, um seine Familie zu ernähren. So fasste er gemeinschaftlich mit A1 A2 den Entschluss, im Wege der Zuhälterei Geld zu verdienen und aus Tschechien ein Mädchen zu holen, welches für beide arbeiten sollte. Der Plan wurde im März 2007 umgesetzt und die 18jährige V3 D4, eine Tschechin, vom Hauptbahnhof in C1 abgeholt und nach B1 verbracht. In der Folgezeit ging diese regelmäßig auf dem Straßenstrich in E1 und D3 der Prostitution nach. Der Kläger erzielte in der Zeit von März 2007 bis Januar 2008 nur „3.000,00 EUR” und beschloss am 25.01.2008, Frau D4 nach Tschechien zurückzubringen. Als sie sich weigerte, ihre Sachen zusammenzusuchen, schlug er sie mit einem Gürtel gegen die Unterschenkel.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen des Landgerichts Bochum sowie seiner Beweiswürdigung und seinen Erwägungen zur Strafzumessung wird auf die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 22.07.2008 vorgelegte Kopie (Bl. 54 bis 66 d.A.) Bezug genommen.
Am 05.04.2008, 08.04.2008 und 21.04.2008 erschienen Presseberichte über die Verurteilung des Klägers, in denen jeweils auf sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten sowie auf das von ihm angegebene Motiv für die Straftaten, nämlich sein zu geringes Einkommen hingewiesen wurde. Wegen der Einzelheiten der Presseberichte wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 03.06.2008 vorgelegten Kopien (Bl. 25 bis 29 d.A.) verwiesen.
Mit Schreiben vom 24.04.2008 (Bl. 21 bis 23 d.A.) teilte die Beklagte dem Personalrat ihre Absicht mit, das Arbeitsverhältnis zu dem Kläger ordentlich mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres zu kündigen. Sie verwies auf seine Verurteilung vom 21.04.2008 und führte aus, diese habe zu einem hohen Vertrauensschaden in der Öffentlichkeit geführt; die Straftat sei gravierend. Dazu führte sie aus:
„Gerade der Schutz rund um Personen und das Gesamtsystem im Rotlichtmilieu gehört zu einer der wichtigen Schutzaufgaben der Gemeinden, und genau an dieser Stelle trifft die Straftat des Herrn S1 empfindlich in den Schutzbereich der Stadt B1. Seine Weiterbeschäftigung würde die Öffentlichkeit als Hohn und Angriff auf ihren Schutz ansehen.
Die örtliche...