Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an dienstliche Beurteilung einer Angestellten im öffentlichen Dienst

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine dienstliche Beurteilung muss den gesamten möglich wurde ausschöpfen.

2. Hat der Dienstherr ein an Kreuzverfahren für die Einzelbewertungen mit textlich definierten Notenstufen ohne zusätzliche individuelle textliche Begründung in der jeweils individuellen Beurteilung vorgesehen, so bedarf das Gesamturteil in der individuellen Beurteilung im Unterschied zu den Einzelbewertungen regelmäßig einer textlichen Begründung, um erkennbar zu machen, wie es aus den einzelnen Merkmalen hergeleitet wird. Das Gesamturteil darf nicht allein aus dem arithmetischen Mittel der Einzelnoten ermittelt werden. Die Formulierung “das rechnerische Ergebnis spiegelt den Gesamteindruck zutreffend wieder„ genügt nicht den rechtlichen Vorgaben für eine dienstliche Beurteilung.

3. Werturteile in der Beurteilung müssen vom Dienstherrn im Falle der Beanstandung spätestens im gerichtlichen Verfahren durch Ausführungen zur Tatsachengrundlage plausibilisiert werden, weil nur so für den beurteilten Bewerber ein effektiver Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG realisiert werden kann.

 

Normenkette

GG Art. 33 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Entscheidung vom 02.03.2018; Aktenzeichen 4 Ga 5/18)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 02.03.2018 - 4 Ga 5/18 - wird auf Kosten der Verfügungsbeklagten zurückgewiesen.

Die Revision ist nicht zulässig.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes um die Sicherung eines Bewerbungsverfahrensanspruchs der Verfügungsklägerin.

Die 1966 geborene Verfügungsklägerin war bei der Verfügungsbeklagten seit dem 11.04.2016 auf der Basis eines bis zum 10.04.2018 befristeten Arbeitsvertrages in Vollzeit tätig (Bl. 59 GA). Sie verfügt über eine Ausbildung als Industriekauffrau mit 2 1/2 Jahren Ausbildungsdauer. Eingesetzt war sie im Referat 532 im Ankunftzentrum N der Beschäftigtendienststelle BAMF O mit den Aufgaben "Tätigkeiten am Scanarbeitsplatz" und "Bürosachbearbeitung im Asylverfahrenssekretariat" ("Tätigkeitsdarstellung und - bewertung für Tarifbeschäftigte" mit Wirkung vom 11.04.2016, Bl. 60 ff GA). Vergütet wurde sie nach Entgeltgruppe 6 TVöD (EG 6). Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt der Verfügungsklägerin betrug ca. 2.700,00 €. Am 18.08.2017 veröffentlichte die Verfügungsbeklagte Stellenausschreibungen über zur Entfristung vorgesehene Stellen der EG 6 (Bl. 17 - 19 GA / Bl. 318-320 GA, 321-333 GA). Wegen der Aufstellung "Übersicht über die Entfristungsmöglichkeiten in der Entgeltgruppe 6 im operativen Bereich ... / ... in den Zentralreferaten ..." wird auf Bl. 324, 325 GA Bezug genommen. Auf die Stellenausschreibung bewarb sich die Verfügungsklägerin. Mit Schreiben vom 14.12.2017 wurde die Verfügungsklägerin zur Teilnahme an einem Testverfahren im Rahmen der Stellenausschreibungen mit Entfristungsmöglichkeiten für den 18.12.2017 in C geladen (Bl. 97 GA). In der Bewertungsrichtlinie über die Grundsätze zur Leistungsbewertung im Auswahlverfahren für Tarifbeschäftigte des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die sich auf unbefristet zu besetzende Stellen bewerben, heißt es auszugsweise (Bl. 79 - 92 GA):

"...

Aus den Leistungsmerkmalen ist unter Würdigung des Gesamtbildes der Leistung einer Gesamtnote zu vergeben. Dabei sind die Bewertungen der Leistungsmerkmale nach Anlage 2 zu gewichten. Die Gesamtnote ist (auch auf der Grundlage einer solchen Gewichtung) nicht allein rechnerisch aus den Einzelbewertungen zu ermitteln, sondern muss auf einer Gesamtbetrachtung beruhen. Die Gesamtnote ist zu begründen. ..."

Die Verfügungsbeklagte erstellte für die Verfügungsklägerin eine Leistungsbewertung für den Bewertungszeitraum 16.03.2017 bis 15.09.2017 (Notenskala von 9 bis 1 / Noten: 9 = übertrifft die Anforderungen durch stets besonders herausragende Leistungen / ... / 5 = entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht / ... / 1 = entspricht in keinster Weise den Anforderungen, Bl. 74 GA). Wegen der Einzelheiten der "Leistungsbewertung" vom 10.11.2017 wird auf Bl. 72 - 75 GA Bezug genommen (= Bl. 395 - 398 GA). Unter "IV. Ergebnis" heißt es abschließend (Bl. 75 GA):

" ...

5. 1 Gesamtnote rechnerisch 5,45

5.2 Gesamtnote unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks (einstellig) 5

Zusammenfassende Begründung (immer auszufüllen; Zeilenumbruch mit ALT+Enter)

Das rechnerisch ermittelte Ergebnis spiegelt den Gesamteindruck zutreffend wider.

..."

Die Verfügungsbeklagte erteilte der Verfügungsklägerin unter dem 12.02.2018 eine Absage und führte aus, aufgrund der von der Verfügungsklägerin erreichten Note sei es leider ausgeschlossen, ihr eine Stelle anzubieten. Wegen der von der Verfügungsbeklagten erstellten Liste "Übersicht der Noten, die zu einer Entfristung in der Entgeltgruppe 6 führen. ..." wird auf Bl. 76 - 78 GA Bezug genommen. Gegen die Absage wandte sich die Verfügungsklägeri...

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