Verfahrensgang
ArbG Rheine (Urteil vom 17.01.1996; Aktenzeichen 2 Ca 1160/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 17.01.1996 (2 Ca 1160/95) abgeändert:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 03.08.1995 nicht aufgelöst worden ist.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 19.500,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung.
Die Beklagte hat ihren Firmensitz in L.. Sie hat in H.-B. ein Optikerfachgeschäft betrieben, welches sie zum 01.10.1995 veräußert hat. Gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 26.09.1994 war die Klägerin seit dem 01.10.1994 bei der Beklagten als Augenoptikermeisterin zu einem Bruttomonatsentgelt von 6.500,– DM beschäftigt. Ihr oblag die Leitung des Optikfachgeschäftes in H. – B.. Nach dem Arbeitsvertrag stehen der Klägerin ausgehend von der Sechs-Tage-Woche 36 Urlaubstage pro Jahr zu.
Die Klägerin hatte am 26.07.1995 für die Zeit vom 03.–17.08.1995 eine Last-Minute-Reise. Wegen des von ihr beantragten Urlaubs fand am 31.07.1995 in dem Optikfachgeschäft in H. – B. eine Besprechung statt, in der neben der Klägerin die Geschäftsführerin der Beklagten, deren Ehemann, der in allen Geschäftsangelegenheiten umfassend bevollmächtigt war, sowie die Zeugin H. teilgenommen haben. Bei diesem Gespräch wurde der Klägerin der von ihr ab dem 03.08.1995 begehrte Urlaub ausdrücklich verweigert. Ob ihr der Urlaub vorher bereits durch die Zeugin H. fernmündlich bewilligt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Mit Telefax vom 01.08.1995 lehnte die Beklagte der Klägerin gegenüber nochmals die Urlaubsgewährung wie folgt ab:
Wir nehmen Bezug auf das gestern geführte Gespräch, betr. Antritt Ihres Urlaubes, in dem Ihnen Herrn K. bereits u. a. mitteilte, daß er diesen nicht zustimmen kann und möchten Ihnen nach Prüfung der bereits von Ihnen in Anspruch genommenen Urlaubstage mitteilen, daß Ihnen auf der Basis von 36 Tage Jahresurlaub keine Urlaubstage mehr zustehen.
Wie Ihnen Herr K. gestern mitteilte, wird das Optik-Fachgeschäft per Okt. 95 veräußert, d. h. Sie sind insgesamt am 30.09.95 1 Jahr für uns tätig; also stehen Ihnen für diesen Zeitraum 36 Tage Urlaub zu, der wie folgt, von Ihnen in Anspruch genommen wurde:
Urlaub vom 01.02.–18.02.95 |
16 Arbeitstage Urlaub, |
Urlaub vom 31.03.–22.04.95 |
20 Arbeitstage Urlaub, |
ergibt |
36 Arbeitstage Urlaub. |
Mit Telefax vom 01.08.1995 antwortete die Klägerin der Beklagten wie folgt:
Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß der im Februar genommene Urlaub aus acht Tagen Resturlaub zuzüglich den im November, Dezember und Januar geleisteten Überstunden, die nicht vollständig ausgezahlt wurden, bestand. Für die Überstunden wurde damals lediglich eine Abschlagssumme überwiesen.
Der Urlaub im April setzt sich so zusammen, daß ich bis zum Antritt meines Urlaub nur begrenzt arbeitsfähig geschrieben worden war. Attest des Arztes liegt Ihnen vor!
In den drei Wochen Urlaub, vom 2. April bis zum 22. April 1995, sind zwei Feiertage enthalten, so daß sich die zu berechnenden Urlaubstage auf sechzehn reduzieren!
Des weiteren sind fünf Tage dieses Urlaubs gesetzlich anerkannter Bildungsurlaub =≫ 11 Tage insgesamt!
Zudem können Sie im Manteltarifvertrag nachlesen, daß der volle Urlaubsanspruch erstmalig nach 6-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben wird. Stichtag für die Berechnung des Urlaubs ist der 30. Juni des Jahres.
Somit habe ich für dieses Jahr den vollen Urlaubsanspruch und für den Rest des Jahres sogar noch Resturlaub.
Die Klägerin trat am 03.08.1995 ihre bis zum 17.08.1995 (= 13 Werktage) gebuchte Last-Minute-Reise an. Mit Schreiben vom 03.08.1995 kündigte die Beklagte ihr daraufhin wie folgt:
Hiermit kündigen wir fristlos das zwischen Ihnen und uns geschlossene Arbeitsverhältnis zum sofortigen Zeitpunkt, da Sie ohne Zustimmung der Geschäftsleitung Ihren Urlaub an 03.08.95 für 2 Wochen angetreten haben und zum anderen, wie Ihnen bereits in unserem Fax vom 01.08.95 mitgeteilt wurde, Sie für diese Zeit keinen Urlaub mehr beanspruchen können.
Herr K. hatte Ihnen ausdrücklich am 31.07.95 innerhalb des in unserem Optik-Fachgeschäft in H. geführten Gespräches mitgeteilt, daß er auf keinen Fall aufgrund der hohen Fehltage (Urlaub und Krankheit) dem Urlaub ab dem 03.08.95 zustimmen wird.
Da Ihr Verhalten einer Arbeitsverweigerung gleichzustellen ist, bleibt uns leider nichts anderes übrig, Ihnen die fristlose Kündigung auszusprechen.
Wir fordern Sie hiermit auf, die Ihnen übergebenen Ladenschlüssel und sonstige geschäftliche Unterlagen sofort nach Rückkehr aus Ihrem Urlaub in unserer Filiale in H. abzugeben.
Gegen diese Kündigung hat sich die Klägerin mit ihrer am 29.08.1995 per Telefax beim Arbeitsgericht Rheine eingegangenen Klage zur Wehr gesetzt.
Sie hat vorgetragen, daß kein Grund für eine außerordentliche Kündigung bestehe. Ihr hätte noch eine ausreichende Anzahl von Urlau...