Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlung von Hausbrandkohle in Energiebeihilfe rechtmäßig
Leitsatz (redaktionell)
Die Tarifvertragsparteien können die Hausbrandkohle in eine Energiehilfe umwandeln, denn dies ist weder ein Verstoß gegen allgemeine Rechtsgrundsätze noch greift man unrechtmäßig in die betriebliche Altersversorgung ein. Auch eine Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit ist nicht gegeben.
Der Ermessens- und Beurteilungsspielraum der Tarifvertragsparteien ist bei einer pauschalen Abkürzung von Abfindungsansprüchen überschritten.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 1, 3, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3; BetrAVG § 17 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Entscheidung vom 01.08.2017; Aktenzeichen 2 Ca 489/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 01.08.2017, Az. 2 Ca 489/16, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Kläger bei Beendigung des Anspruchs auf Lieferung von Hausbrandkohlen und Abfindung des Energiebeihilfeanspruchs gegen die Beklagte Anspruch auf eine über den tariflichen Abfindungsanspruch in Höhe von 4.716,00 € hinausgehende weitere Abfindung in Höhe weiterer 474,00 € hat.
Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 98 Prozent dem Kläger und zu 2 Prozent der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten vorrangig um einen Anspruch des Klägers auf weitere Lieferung von Hausbrandkohlen und hilfsweise um höhere Abfindung für den Fortfall der laufenden Leistung. Dabei sieht der Kläger seine Ansprüche als betriebliche Altersversorgung besonders geschützt an.
Der 1954 geborene, verheiratete Kläger war seit 1970 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Angestellter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit Ablauf des 31.07.2004. Seit dem 01.08.2014 bezieht der Kläger gesetzliche Altersrente. Er erhielt bis zum Ende des Jahres 2018 von der Beklagten 3 t Hausbrandkohlen.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die jeweils für die Arbeitnehmer des Ibbenbürener Steinkohlenbergbaus geltenden Tarifverträge Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied des Gesamtverbandes Steinkohle e.V.
Für tarifliche Angestellte war die Hausbrandleistung tariflich zunächst in dem Manteltarifvertrag für die Angestellten des Ibbenbürener Steinkohlenbergbaus, gültig ab dem 1. September 1973, geregelt. Dieser wurde mit Wirkung ab dem 1. Januar 1990 durch den Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Ibbenbürener Steinkohlenbergbaus (im Folgenden: MTV) abgelöst.
Der MTV enthielt seit dem 1.7.2002 bis zum Ablauf des 30. April 2015 folgende Bestimmung:
"V. Hausbrand § 54
Die Hausbrandbezugsrechte richten sich nach den Bestimmungen der Anlage 7 dieses Manteltarifvertrages.
Sie gelten ausschließlich für:
- aktive Arbeiter und Angestellte
- vor dem 1. Juli 2002 aus dem Unternehmen ausgeschiedene Arbeiter und Angestellte und deren Witwen
- nach dem 1. Juli 2002 aus dem Unternehmen ausgeschiedene und zu diesem Stichtag mindestens 20 Jahre im deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigte Arbeiter und Angestellte sowie deren Witwen."
In der Anlage 7 zum MTV wurden die Bestimmungen der jeweiligen früheren Manteltarifverträge für Arbeiter und Angestellte hinsichtlich der Hausbrandbezugsrechte zusammengeführt. Teil I betrifft den Hausbrandkohlenbezug für aktive Arbeiter und Angestellte. Teil II behandelt den Bezug für ausgeschiedene Arbeiter und Angestellte sowie deren Witwen. Die Anlage 7 zum MTV enthält in der bis zum Ablauf des 31.12.2018 gültigen Fassung vom 22. April 2010 u.a. folgende Regelungen:
"Anlage 7
zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Ibbenbürener Steinkohlenbergbaus in der Fassung vom 22. April 2010
Hausbrand
Anmerkung:
Die in den Abschnitten I. 1. und I. 2. hinter den Ziffern 1 bis 21 aufgeführten Paragraphen für aktive Arbeiter und Angestellte entsprechen den Paragraphen des bisherigen Manteltarifvertrages für Arbeiter sowie des Manteltarifvertrages für Angestellte (siehe Übersicht). Entsprechendes gilt für die in den Abschnitten II. 1. und II. 2. hinter den Ziffern 1 bis 14 aufgeführten Paragraphen für ausgeschiedene Arbeiter/Angestellte und deren Witwen.
I. 2. Aktive Angestellte
13. (§ 37)
1) Hausbrandkohlen sind den verheirateten Angestellten für ihren eigenen Bedarf in genügender Menge frei ans Haus oder gegen Gebühr frei ins Haus zu liefern.
Den Verheirateten werden gleichgestellt:
a) verwitwete oder geschiedene Angestellte, wenn sie ihren geschiedenen Ehepartner oder ihre Kinder nachweislich unterhalten,
b) verwitwete oder geschiedene Angestellte ohne die unter Buchstabe a) genannte Voraussetzung bei Weiterführung des Haushalts, wenn der Tod des Ehepartners oder die Scheidung während des bestehenden Arbeitsverhältnisses bei einer Mitgliedsgesellschaft des Unternehmensverbandes des Ibbenbürener Steinkohlenbergbaus eingetreten ist,
c) unverheiratete Angestellte, die Haupternährer ihrer Familie sind (§ 38).
2) S...