Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 13.02.1997; Aktenzeichen 1 Ca 1959/96) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 13.02.1997 – 1 Ca 1959/96 – wird kostenfällig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Zeitpunkt, an welchem ihr Arbeitsverhältnis beendet wurde sowie über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Nachteilsausgleich.
Der Kläger war seit dem 01.04.1960 bei der Firma H… D… GmbH & Co. KG in W….., einem Bauunternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern und bestehendem Betriebsrat, beschäftigt. Er hatte zuletzt die Funktion eines Werkpoliers. Über das Vermögen der Arbeitgeberin wurde am 16.09.1996 das Konkursverfahren eröffnet. Konkursverwalter wurde der Beklagte. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch Schreiben vom 24.09.1996 zum 30.04.1997. Diese Kündigung wurde vom Kläger nicht angefochten.
Unter dem 18.10.1996 vereinbarte der Beklagte mit dem Betriebsrat der Gemeinschuldnerin einen Interessenausgleich. Hierin wurde der Stillegung des Betriebes zum 31.10.1996 zugestimmt. Unter Ziffer 6 des Interessenausgleichs heißt es wie folgt:
Allen Beschäftigten des Betriebes wird nach Anhörung des Betriebsrates unter Einhaltung der gesetzlichen und tarifvertraglichen Kündigungsfristen das Arbeitsverhältnis zum frühestmöglichen Zeitpunkt gekündigt.
Im übrigen wurde festgelegt, daß ein Sozialplan vereinbart werden solle.
Im Hinblick darauf, daß Artikel 6 des zum 01.10.1996 in Kraft getretenen ArbBeschFG durch die vorzeitige Inkraftsetzung von § 113 InsO eine Abkürzung der Kündigungsfristen ermöglichte, kündigte der Beklagte nunmehr nochmals mit Schreiben vom 28.10.1996 zum 31.01.1997. Wegen Zweifeln an der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats erfolgte eine abermalige Kündigung mit Schreiben vom 20.12.1996 nunmehr zum 31.03.1997. Inzwischen steht durch das insoweit rechtskräftig gewordene Urteil des Arbeitsgerichts fest, daß die Kündigung vom 28.10.1996 wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam war.
Mit seiner am 18.11.1996 erhobenen und später erweiterten Klage hat der Kläger geltend gemacht, daß nicht nur die Kündigung vom 28.10.1996 unwirksam sei, sondern auch die weitere Kündigung vom 20.12.1996. Hier habe sich der Beklagte nämlich nicht an die im Interessenausgleich vereinbarte tarifliche Kündigungsfrist gehalten. Durch die Verkürzung der Kündigungsfrist entstehe dem Kläger wegen des Wegfalls von Lohnansprüchen, die aus der Masse zu befriedigen seien, ein Nachteil. Hilfsweise werde daher auch ein Nachteilsausgleich gemäß § 113 BetrVG gefordert.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 28. Oktober 1996 nicht beendet worden ist,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 20. Dezember 1996 nicht beendet worden ist,
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Nachteilsausgleich, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf das Inkrafttreten des ArbBeschFG verwiesen und die Auffassung vertreten, daß ihm danach die Möglichkeit gegeben worden sei, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit der verkürzten Kündigungsfrist von drei Monaten zu kündigen. Der Betriebsrat habe im Interessenausgleich vom 18.10.1996 einer Kündigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt ausdrücklich zugestimmt. Bei der Kündigung vom 20.12.1996 habe er nochmals den Betriebsrat angehört.
Das Arbeitsgericht Paderborn hat durch sein am 13.02.1997 verkündetes Urteil wie folgt erkannt:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 28.10.1996 nicht beendet worden ist. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 2/3, der Beklagte zu 1/3.
Der Streitwert wird auf 20.520,– DM festgesetzt.
In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, daß zwar die Kündigung vom 28.10.1996 gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam sei. Wirksam sei hingegen die vorsorgliche Kündigung vom 20.12.1996 zum 31.03.1997. Diese sei im Hinblick auf die erfolgte Betriebsstillegung sozial gerechtfertigt; der Betriebsrat sei zu ihr ordnungsgemäß angehört worden. Unbegründet sei auch der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs. Der Beklagte sei nämlich nicht von dem mit dem Betriebsrat vereinbarten Interessenausgleich abgewichen, weil er die geltende Kündigungsfrist gewahrt habe.
Wegen der Ausführungen des Arbeitsgerichts im einzelnen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 24.02.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21.03.1997 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel am 18.04.1997 begründet. Er meint, durch die ursprüngliche Kündigung vom 24.09.1996 sei das Kündigungsrecht wegen dringender betrieblicher Erfordernisse verbraucht gewesen, so daß der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei,...