Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche Kündigung Spesenbetrug Täuschung durch Unterlassen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ob und inwieweit sich ein Arbeitnehmer mit einem ihm zur Last gelegten Fehlverhalten strafbar gemacht hat, ist für die Beurteilung eines wichtigen Grundes i.S.v. § 626 BGB oder der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG nicht entscheidend.
2. Das Verschweigen von Tatsachen bzw. Unterlassen einer Aufklärung durch den Arbeitnehmer kann kündigungsrechtliche Relevanz nur entfalten, wenn eine Offenbarungspflicht besteht, etwa weil das Verschweigen gegen Treu und Glauben verstößt und der Vertragspartner unter den gegebenen Umständen die Mitteilung der verschwiegenen Tatsachen hätte erwarten dürfen.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Urteil vom 17.05.2006; Aktenzeichen 6 Ca 567/06) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 17.05.2006 – 6 Ca 567/06 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei außerordentlichen Kündigungen.
Der am 14.02.1951 geborene Kläger ist verheiratet. Seit 1989 war er bei der Firma F2xxx GmbH & Co. KG als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Im August 2005 übernahm die Beklagte, die mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt, die Ausführung des Vertriebs der Firma F2xxx GmbH & Co. KG. Die Parteien schlossen am 09.08.2005 einen Arbeitsvertrag (Bl. 5 ff. d.A.), wonach der Kläger ab 01.09.2005 bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiter zu einem monatlichen Bruttoverdienst von 2.700,00 EUR sowie einer jährlichen Fixprämie in Höhe von 1.200,00 EUR brutto eingestellt wurde. § 3 Nr. 2 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2005 lautet wie folgt:
„Das Arbeitsverhältnis kann bis zum 31.12.2007 seitens des Arbeitgebers nicht aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden. Sonstige Kündigungsgründe bleiben hiervon unberührt. Insoweit richtet sich die Kündigungsfrist beiderseits nach § 622 Abs. 2 BGB.”
Der Kläger erhielt von der Beklagten ein Firmenfahrzeug zur Verfügung, das er auch privat nutzen durfte. In § 14 des Arbeitsvertrages vom 09.08.2005 vereinbarten die Parteien folgendes:
Ӥ 14 Nebenleistungen und Aufwendungsersatz (Firmenfahrzeug)
1.
Der Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt. Es ist dem Arbeitnehmer gestattet, dieses auch privat zu nutzen. Er verpflichtet sich, das Fahrzeug pfleglich gemäß der Kfz-Überlassungsvereinbarung (Anlage zum Vertrag) zu behandeln.
2.
Wird der Arbeitnehmer in Verbindung mit einem evtl. Ausscheiden vom Arbeitgeber freigestellt, so ist er verpflichtet, das Firmenfahrzeug sofort zurückzugeben, ohne Nutzungsausfallansprüche geltend machen zu können.
3.
Der geldwerte Vorteil der Privatnutzung ist im Rahmen der monatlichen Gehaltsabrechnung entsprechend den lohnsteuerlichen Vorschriften zu berücksichtigen.
4.
Alle für den Betrieb des Firmenfahrzeugs entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber. Kraftstoffkosten in Verbindung mit Privatreisen sind jedoch nicht enthalten und vom Mitarbeiter selbst zu tragen.
5.
Die Reisekostenabrechnung erfolgt mit dem Formblatt des Arbeitgebers nach den steuerlichen Reisekostenpauschalen bzw. nach Belegen für Bewirtung und Übernachtung. Die Reisekostenabrechnungen müssen bis zum 5. des folgenden Monats vorliegen.
6.
Der Arbeitgeber schließt zu Gunsten des Mitarbeiters für die Dauer des Anstellungsvertrages eine Insassen-Unfallversicherung ab.”
In § 3 des Kfz-Überlassungsvertrages vom 09.08.2005 (Bl. 125 f. d.A.) war folgendes vereinbart:
„Der Arbeitgeber trägt die Kosten für Reparaturen und Wartung des Fahrzeuges. Treibstoffkosten werden gegen Vorlage der Belege erstattet. Sämtliche Aufwendungen bei privaten Fahrten gehen zu Lasten des Arbeitnehmers mit Ausnahme von Reparaturkosten.”
In der Folgezeit zahlte der Kläger sämtliche Tankkosten für das Firmenfahrzeug mit einer ihm von der Beklagten überlassenen Aral-Kreditkarte.
In einem von der Beklagten überlassenen Formblatt fertigte der Kläger monatlich seine Reisekostenabrechnung. Dieses Formblatt enthielt u.a. die Spalten „geschäftliche Kilometer”, „private Kilometer” und „Kosten Auto”. In die Spalte „geschäftliche Kilometer” trug der Kläger die durch Dienstfahrten veranlassten Kilometer ein, in die Spalte „private Kilometer”, die durch Privatfahrten veranlassten Kilometer. Die Tankkosten trug der Kläger in die Spalte „Kosten Auto” ein. Jeweils mit der am Monatsende überreichten Reisekostenabrechnung übermittelte der Kläger auch die jeweiligen Tankbelege.
Wie die dem Kläger überlassene Aral-Kreditkarte genutzt werden und auf welche Weise er die Privatfahrten bezahlen sollte, ist zwischen den Parteien streitig. Seit Beginn der Tätigkeit des Klägers für die Beklagte machte diese zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger die Erstattung der Kosten für Privatfahrten mit dem Firmenfahrzeug geltend. Diese Kosten wurden auch nicht mit dem Gehalt verrechnet.
Nach einem Tankbeleg vom 13.01.2006 (Bl. 42 d....