Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrarbeitsvergütung für angestellte Lehrkraft an allgemein bildender Schule
Leitsatz (amtlich)
Nach § 44 Nr. 2 TV-L i.V.m. dem Runderlass „Mehrarbeit” (NW) vom 11.06.1979 ist es dem beklagten Land verwehrt, sich gegenüber der Forderung einer angestellten Lehrkraft auf Vergütung für zusätzlich erteilte Unterrichtsstunden darauf zu berufen, die Mehrarbeit sei durch ausgefallene Unterrichtsstunden in nachfolgenden oder vorangegangenen Monaten ausgeglichen worden („Freizeitausgleich”).
Nach 2.1 u. 4.2 des genannten Runderlasses ist eine derartige Verrechnung auf den laufenden Monat beschränkt („Verrechnunszeitraum ist der Kalendermonat.”).
Normenkette
TV-L § 44
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Urteil vom 24.02.2011; Aktenzeichen 3 Ca 1553/10) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 10 AZN 1606/11) |
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 24.02.2011 – 3 Ca 1553/10 – wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung für Unterrichtsstunden, welche die Klägerin in den Monaten Februar, März und Mai 2010 zusätzlich zu ihren regulären Pflichtstunden erteilt hat.
Die Klägerin ist seit 1983 als vollzeitbeschäftigte Fachlehrerin für Textverarbeitung im Angestelltenverhältnis am Berufskolleg des Kreises H1 in H1 beschäftigt. Bis November 2009 wurden der Klägerin die von ihr geleisteten ausgleichspflichtigen Mehrarbeitsstunden vergütet, und zwar je Mehrarbeitsstunde in Höhe von zuletzt 27,38 EUR brutto.
Die Klägerin leistete im Februar 2010 drei ausgleichspflichtige Vertretungsstunden, im März 2010 vier ausgleichspflichtige Vertretungsstunden und im Mai 2010 zwei ausgleichspflichtige Vertretungsstunden (Aufstellung mit monatsbezogener Verrechnung der an- und ausgefallenen Stunden, Bl. 6 GA). In den Monaten April, Juni und Juli 2010 fielen keine auszugleichenden Mehrarbeitsstunden an. Am Ende des Schulhalbjahres (18.07.2010) standen den insgesamt 35 Vertretungsstunden insgesamt 42 Ausfallstunden gegenüber. Auf die eingereichte Aufstellung wird verwiesen (Bl. 6 GA).
In einem Merkblatt der Schulleitung aus dem Monat Juni 2010 heißt es auszugsweise (Bl. 5 GA):
„Vollzeitbeschäftigte Beamte:
Unter Zugrundelegung der Pflichtstundenzahl ist monatlich ein Soll-Ist-Vergleich vorzunehmen. Dabei sind bei den Ist-Stunden die anrechenbaren und die nicht anrechenbaren Ausfallstunden zu berücksichtigen. Für die vollzeitbeschäftigten Beamten gilt der Grundsatz Freizeitausgleich vor Bezahlung. Die betrachtete Periode ist dabei das gesamte Schuljahr. Somit werden die am Ende eines Schuljahres entfallenden Unterrichtsstunden als Kompensation berücksichtigt. Hat eine Lehrkraft für geleistete zusätzliche Unterrichtsstunden in vollem Umfang Kompensation durch Freizeitausgleich erhalten oder überschreiten die zur Kompensation zur Verfügung stehenden Stunden die ausgleichenden Mehrarbeitsstunden, dann entfällt der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung.
…
Bei Vollzeitkolleginnen und Kollegen gelten die Sätze der Mehrarbeitsvergütung.”
Mit Schreiben vom 13.06.2010 beantragte die Klägerin Auszahlung der von ihr in den Monaten Februar, März und Mai geleisteten neun Mehrarbeitsstunden. Mit Schreiben vom 03.09.2010 teilte die Bezirksregierung Detmold mit (Bl. 7, 8 GA):
„Sehr geehrte Frau B1,
mit Schreiben vom 13.06.2010 beantragen Sie die Auszahlung der von Ihnen geleisteten Mehrarbeitsstunden für die Monate Februar, März und Mai 2010. Aus der mir vorliegenden Aufstellung geht hervor, dass es sich um insgesamt 9 Stunden handelt.
Nach Mitteilung Ihres Schulleiters ist die von Ihnen geleistete Mehrarbeit mit ausgefallenen Unterrichtsstunden (Freizeitausgleich) verrechnet worden. Dies hat dazu geführt, dass keine Mehrarbeitsvergütung bezahlt wurde.
Vorliegend ist also die Frage zu klären, ob die zweifelsfrei angefallene Mehrarbeit durch Freizeitausgleich kompensiert werden kann.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich mehrfach mit dieser Frage beschäftigt und kommt zu dem Ergebnis, dass ein Freizeitausgleich möglich ist und dies bejaht. In seiner Entscheidung vom 25.05.2005 – BAG 5 AZR 566/04 stellt das BAG folgendes fest:
„… Insbesondere kommt ein längerfristiger Zeitausgleich für Mehrarbeitsstunden in Betracht. Wie das beklagte Land einen derartigen Zeitausgleich bewerkstelligt, bleibt ihm überlassen”.
Durch die Rechtsprechung sehe ich die Vorgehensweise der Schulleitung bestätigt, angefallene Mehrarbeit durch Freizeitausgleich zu kompensieren. Nur wenn dies aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht innerhalb eines Jahres möglich sein sollte, ist ein Ausgleich durch Zahlung einer Mehrarbeitsvergütung herbeizuführen.
In rechtlicher Hinsicht gebe ich Ihnen den folgenden Hinweis:
Als angestellte Lehrkraft haben Sie die Möglichkeit im Rahmen eines arbeitsvertraglichen Verfahrens die Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Auszahlung von Mehrarbeitsvergütungen überprüfen zu lassen.
Zuständiges Arbeitsgericht ist in Ihrem Fall das Arbei...