Entscheidungsstichwort (Thema)
Fort- und Ausbildungskosten. Rückforderung. unangemessene Benachteiligung. Darlehen
Leitsatz (amtlich)
Allgemeine Geschäftsbedingungen, die dem Arbeitgeber einen Rückzahlungsanspruch für verauslagte Kosten einer Fortbildung gewähren, sind nicht unangemessen benachteiligend im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn die Fortbildung auf Wunsch und im Interesse des Arbeitnehmers ohne ein eigenes unmittelbares betriebliches Interesse des Arbeitgebers erfolgt ist.
Normenkette
BGB §§ 488, 307
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 13.07.2010; Aktenzeichen 2 Ca 752/10) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.07.2010 – 2 Ca 752/10 – wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte die erstinstanzlichen Kosten mit Ausnahme der Kosten trägt, die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Bielefeld entstanden sind. Diese Kosten trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückforderung von Aus- und Fortbildungskosten.
Die 1981 geborene Beklagte war auf der Basis mehrerer befristeter Arbeitsverträge bis zum 31.08.2008 als Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft im Bereich Mahn- und Klagewesen/Recht beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in der Wohnungswirtschaft (im Folgenden: MTV Wohnungswirtschaft) in seiner jeweils aktuellen Fassung Anwendung.
Die Beklagte suchte gemeinsam mit zwei weiteren Mitarbeitern den Geschäftsführer M1 der Klägerin auf und teilte ihm mit, sie würde sich gerne zur Immobilienfachwirtin fortbilden lassen. Der Geschäftsführer M1 riet ihr davon ab und empfahl eine Fortbildung zur Diplom-Immobilienwirtin. Mit Schreiben vom 16.07.2006 wandte sich die Beklagte mit einem Antrag auf Unterstützung zur Fortbildung zur Diplom-Immobilienwirtin an die Klägerin. Sie bat unter Hinweis darauf, dass das am 19.03.2007 beginnende, über 6 Semester laufende, berufsbegleitende Studium insgesamt 600 Stunden umfassen und neben immobilienwirtschaftlichem Wissen auch rechtliche und sonstige Kenntnisse vermittelt würde, um Überprüfung, inwieweit eine finanzielle Unterstützung durch die Klägerin in Betracht kommen könne. Eine solche Fortbildung absolvierten ebenfalls die bei der Beklagten ausgebildeten Mitarbeiter K2 und S2, die nach Abschluss der Fortbildung weiterhin bei der Klägerin tätig sind. Dazu wurde der von der Mitarbeiterin K2 befristete Arbeitsvertrag entfristet.
Eine Beschäftigung der Beklagten auf der Basis der Ausbildung zur Diplom-Immobilienwirtin” im Betrieb der Beklagten war zwischen den Parteien nicht beabsichtigt.
Zwischen den Parteien kam am 31.07.2006/08.08.2006 eine schriftliche Vereinbarung (im Folgenden: Fortbildungsvereinbarung) zustande, in der unter Nennung der voraussichtlichen Gesamtkosten von 7.210 EUR u.a. Folgendes geregelt worden war:
„(…)
Präambel
Die Mitarbeiterin befindet sich zurzeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Soweit die betrieblichen Belangen und die geeignete Qualifikation des Mitarbeiters einen weiteren Einsatz sinnvoll machen, ist eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt. Der Mitarbeiter beabsichtigt, sich berufsbegleitend weiter zu bilden. An dieser Weiterbildungsmaßnahme besteht auch ein Interesse der B1, soweit die dort erworbenen Kenntnisse im Unternehmen sinnvoll eingesetzt werden können.
(…)
§ 2 Leistungen der B1
(1) Für jede vollständige Teilnahme an einem Kontaktseminar gewährt die B1 der Mitarbeiterin über einen gegebenenfalls zustehenden Bildungsurlaub hinaus einen bezahlten Sonderurlaub von 5 Arbeitstagen, mithin insgesamt maximal 30 Tage.
(2) Als Finanzierungshilfe gewährt die B1 der Mitarbeiterin ein Darlehen in Höhe von bis zu 7.210 EUR. Die Auszahlung des Darlehens erfolgt in Teilbeträgen auf Anforderung unter Vorlage der Rechnungen des Studieninstituts für die vorab beschriebene Weiterbildungsmaßnahme bis zur vorgenannten Höhe.
§ 3 Rückzahlung/Tilgung
(1) Das Darlehen wird unverzinslich gewährt und ist ab 1.4.2007 mit 50 EUR monatlich zu tilgen.
(2) Nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme ab März 2010 ist das Darlehen zusätzlich mit 145 EUR monatlich zu tilgen, insgesamt also mit 195 EUR.
(3) Befindet sich die Mitarbeiterin nach Beendigung der Maßnahme in einem Arbeitsvertrag mit der B1, so verzichtet diese für jeden vollen Monat der Betriebszugehörigkeit auf die Rückzahlung des erhöhten Tilgungsbetrags von 145 EUR.
(4) Die Tilgungsbeträge werden über die Gehaltsabrechnung abgewickelt.
(5) Scheidet der Mitarbeiter vor Tilgung des Darlehens aus dem Unternehmen aus, ist das Restdarlehen sofort fällig.
(6) Wird die Weiterbildungsmaßnahme aus Gründen, die im Verantwortungsbereich der Mitarbeiterin liegen, abgebrochen oder ohne Abschluss beendet, so sind die bis dahin durch die B1 gewährten Darlehensbeträge sofort fällig.
(…)”
Die Klägerin verwandte den Text dieser Vereinbarung auch für Vereinbarun...