Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeugnisberichtigung. Zwischenzeugnis. Aus- und Fortbildungskosten. Rückzahlung Darlegungs- und Beweislast

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Zeugnis, das der Arbeitgeber über Leistung und Verhalten während einer Aus- und Fortbildung erteilt, führt zu keiner Änderung der Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die Beurteilung der Tätigkeit des Arbeitnehmers in einem sich an die Aus- und Fortbildung anschließenden Arbeitsverhältnis.

2. Eine Klausel, die den Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Kosten der Aus- und Fortbildung auch dann verpflichten soll, wenn ihm nach der Aus- und Fortbildung keine ausbildungsadäquate Tätigkeit angeboten wird, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

 

Normenkette

GewO § 109; BGB § 307

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Urteil vom 30.07.2010; Aktenzeichen 2 Ca 2294/09)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im Übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 30.07.2010 – 2 Ca 2294/09 – teilweise abgeändert. Die Widerklage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 16 %, die Beklagte trägt 84 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 18 % auferlegt, der Beklagten zu 82 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Berichtigung eines Arbeitszeugnisses sowie um die Rückzahlung von Fortbildungskosten.

Die Klägerin war bei der Beklagten zunächst aufgrund eines Ausbildungsvertrages vom 30.03.2006 als Auszubildende zur Kauffrau im Einzelhandel tätig. Zeitgleich mit dem Abschluss des Ausbildungsvertrages vereinbarten die Parteien einen „Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsvereinbarung”. Die Klägerin wurde auf der Basis dieses Vertrages nach Abschluss der Ausbildung ab dem 12.01.2008 weiterbeschäftigt, um sie zur geprüften Handelsassistentin-Einzelhandel fortzubilden. Der Fortbildungsvertrag, dessen Bestimmungen angesichts der häufigen Verwendung auch aus der Sicht der Beklagten allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, regelt u.a. Folgendes:

„(…)

X. Rückzahlungsvereinbarung

1. Die von der Firma J1 F2 übernommenen Kosten der Fortbildung in Höhe von derzeit ca. 6.000,00 Euro hat der Mitarbeiter zurückzuzahlen, sofern er das Fortbildungsverhältnis vor dessen Ende selbst ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes abbricht oder wenn es seitens der Firma J1 F2 aus einem wichtigen Grund gekündigt wird.

2. Der Mitarbeiter ist ebenfalls zur Rückzahlung der vollen Fortbildungskosten in Höhe von ca. 6.000,00 Euro verpflichtet, sofern er nach Beendigung des Fortbildungsverhältnisses ein Angebot der Firma J1 F2 auf Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht annimmt. Eine Rückzahlungsverpflichtung besteht nicht, sofern die Firma J1 F2 nicht mindestens eine Tätigkeit als Verkäufer mit einer monatlichen Arbeitszeit von mindestens 120 Stunden im Bereich der Bundesrepublik Deutschland und einer regelmäßigen Vergütung von mindestens 10,55 EUR/Std. brutto anbietet.

3. Kommt zwischen den Parteien im Anschluss an dieses Fortbildungsverhältnis ein Arbeitsvertrag zustande und scheidet der Mitarbeiter vor Ablauf von 18 Monaten durch eigene Kündigung oder durch eine auf einen wichtigen Grund gestützte Kündigung der Firma J1 F2 aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist er ebenfalls zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet. Die Rückzahlungsforderung verringert sich für jeden vollen Monat der Beschäftigung nach Abschluss des Arbeitsvertrages um 1/18 der angefallenen Fortbildungskosten.

4. Die Verpflichtung zur Rückzahlung der Fortbildungskosten setzt voraus, dass das Fortbildungsverhältnis nicht zum Ablauf der dreimonatigen Erprobungsphase beendet wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt wird.

5. Die Fortbildungskosten setzen sich aus folgenden Positionen zusammen:

(…)”

Die Klägerin erhielt während des Fortbildungszeitraums eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 1.660,00 EUR. Angesichts des zunächst nur auf die Dauer von 3 Monaten befristeten Fortbildungsvertrages vereinbarten die Parteien am 13.03.2008 schriftlich eine Verlängerung des Fortbildungsverhältnisses.

Nach erfolgreichem Abschluss der Fortbildung zur geprüften Handelsassistentin wurde die Klägerin als „Nachwuchsmitarbeiterin in Vollzeit” auf der Basis eines Arbeitsvertrages vom 14.07.2009 ab dem 15.07.2009 mit einer monatlichen Vergütung von 1.716,00 EUR (brutto) beschäftigt. Die Klägerin war zunächst als „Merchandiserin” bundesweit tätig. Ende August 2009 teilte die Beklagte der Klägerin sodann mit, es stünde kein Geld zur Verfügung, eine Merchandiser-Stelle ausschreiben zu können. Die nächste Stelle werde im Jahr 2012 frei. Die Beklagte bot der Klägerin letztlich an, sie als vollzeitbeschäftigte Verkäuferin in einer Filiale in F1 zu beschäftigen.

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2010. Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 24.09.2009 auf, Kosten für die Fortbildung zur geprüften Handelsassistentin in Höhe von 7.902,00 EUR zurückzuzahlen. D...

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