Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplanabfindungsansprüche und Insolvenz und Feststellungsklage. Ausschluss von Sozialplanabfindungsansprüchen bei Ablehnung von Wechsel. Sofortiger Wechsel in Beschäftigung- und Qualifizierungsgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Sozialplanabfindungsansprüche können in der Insolvenz des Arbeitgebers wegen § 123 Abs. 3 S. 2 InsO nur mit eigener Feststellungsklage geltend gemacht werden. Der Übergang von der Leistungsklage zur Feststellungsklage ist auch noch in der Berufungsinstanz nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.
2. Der vollständige Ausschluss der Arbeitnehmer von Sozialplanabfindungsansprüchen, die das sofortige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und den Wechsel in die Beschäftigung- und Qualifizierungsgesellschaft durch den Abschluss eines dreiseitigen Vertrages abgelehnt haben, verstößt gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Sinn und Zweck der sozialen des Sozialplanes ist es nicht, dem Insolvenzverwalter die Durchführung des Insolvenzverfahrens zu erleichtern und ihm Kosten durch ein vorzeitiges Ausscheiden der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis zu ersparen, so dass diese Umstände die die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer wegen des Wechsels bzw. dessen Ablehnung sachlich nichtrechtfertigen können.
Normenkette
ZPO § 264 Nr. 2; BetrVG § 112; GG Art. 3 Abs. 1; InsO § 123 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 02.12.2013; Aktenzeichen 1 Ca 69/13) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 02.12.2013 - 1 Ca 69/13 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung entfällt und statt dessen festgestellt wird, dass der Klägerin gegen den Beklagten eine Sozialplanabfindung als Masseverbindlichkeit in Höhe von 3.772,25 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 27.12.2012 zusteht.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Sozialplanabfindungsanspruch der Klägerin.
Die 12.01.1956 geborene Klägerin war seit dem 24.01.1986 bei der G oHG mit Sitz in H (nachfolgend Schuldnerin genannt) als Lagerarbeiter angestellt.
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter und sodann mit Wirkung zum 01.08.2009 zum Insolvenzverwalter der Schuldnerin bestellt (AG Bielefeld XX IN XXX/XX).
Noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schloss die Schuldnerin unter dem 16./17.07.2009 mit dem in ihrem Betrieb gewählten Betriebsrat mit Zustimmung des Beklagten in seiner Eigenschaft als vorläufiger Insolvenzverwalter einen Sozialplan. Dieser Sozialplan wurde nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von dem Beklagten als Insolvenzverwalter entsprechend der Regelung der Insolvenzordnung wirksam widerrufen.
In der Folgezeit schloss der Beklagte unter dem 06.08.2009 mit dem im Betrieb der Schuldnerin gewählten Betriebsrat einen neuen Sozialplan, der im Wesentlichen die gleichen Regelungen enthält wie der ursprüngliche Sozialplan vom 16./17.07.2009.
Nach § 2.1 gilt dieser Sozialplan für alle Arbeitnehmer, die am 01.08.2009 in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft gestanden haben und deren Arbeitsverhältnisse in Folge der im Interessenausgleich genannten Betriebsänderung betriebsbedingt beendigt werden. Die Klägerin ist in der Anlage 1 zu diesem Sozialplan aufgestellten Namensliste (Ablichtung Bl. 46 d.A.) aufgeführt.
In § 4 des Sozialplans ist die Einrichtung einer betriebsorganisatorischen eigenständigen Einheit gemäß § 216 b SGB III vereinbart. Der Eintritt in die Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft (im folgenden Transfergesellschaft) konnte spätestens zum 30.08.2009 erfolgen. Nach Ziffer 4.3 des Sozialplans sollte durch einen dreiseitigen Vertrag eine Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist und gleichzeitig der Abschluss eines auf sechs Monate befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft vereinbart werden. In der Transfergesellschaft sollte eine Beschäftigung auf der Basis Kurzarbeit Null erfolgen.
Das Sozialplanvolumen sollte nach § 5.2 ausschließlich auf diejenigen Mitarbeiter verteilt werden, die in die Transfergesellschaft eintraten. Ziffer 5 des Sozialplans bestimmt, dass nur Mitarbeiter, die in die Transfergesellschaft wechseln, mit dem Übertritt in die Transfergesellschaft einen Abfindungsanspruch unter Berücksichtigung der Regelungen der Insolvenzordnung eines Sozialplans in der Insolvenz erhalten. Arbeitnehmer, die nicht in die Transfergesellschaft eintreten, erhalten keine Abfindung. Als Sozialplanvolumen wurde nach § 5 Abs. 5.1 des Sozialplans nach Maßgabe des § 123 InsO ein Gesamtbetrag von 2,5 Monatsverdiensten der in die Transfergesellschaft eintretenden Arbeitnehmer festgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sozial...