Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Krankheit. Leistungsunvermögen. Nachtarbeit. Umsetzung. Umstetzungsverlangen. entgegenstehende betriebliche Erfordernisse. Beteiligung des Betriebsrats
Leitsatz (amtlich)
Kann der in Wechselschicht eingesetzte Saalchef einer Spielbank aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtarbeit mehr verrichten und verlangt er aus diesem Grunde gemäß § 6 Abs. 4 S. 1 ArbZG eine Umsetzung in den Tagesdienst (bis 23.00 Uhr), was der Arbeitgeber wegen der Mehrbelastung der übrigen vier Saalchefs ablehnt, so ist eine auf den Kündigungsgrund des (teilweisen) Leistungsunvermögens gestützte Kündigung sozialwidrig, wenn im Kündigungszeitpunkt die Prüfung entgegenstehender betrieblicher Belange gemäß § 6 Abs. 4 S. 2 ArbZG und das in diesem Zusammenhang eingeleitete Einigungsstellenverfahren wegen Änderung des Dienstplans noch nicht abgeschlossen sind.
Normenkette
KSchG § 1; ArbZG § 6 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Minden (Entscheidung vom 09.12.1999; Aktenzeichen 1 Ca 1201/99) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 09.12.1999 – 1 Ca 1201/99 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage wendet sich der im Jahre 1938 geborene Kläger, welcher seit dem Jahre 1980 in der Spielbank B….. O…………. zuletzt als Saalchef gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 13.600,00 DM tätig ist, gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch krankheitsbedingte Kündigung.
Diese Kündigung hat die Beklagte nach Anhörung und Widerspruch des Betriebsrats (Blatt 6 ff. d. A.) unter dem 09.08.1999 zum 31.03.2000 mit Rücksicht auf die Tatsache ausgesprochen, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nach 23.00 Uhr nicht mehr eingesetzt werden kann. Inwiefern durch Änderung des Schichtenplans – welcher einen rollierenden Einsatz der zur Zeit fünf tätigen Saalchefs zwischen 13.45 Uhr und Spielende (ca. 04.00 Uhr morgens) vorsieht – eine leidensgerechte Beschäftigung des Klägers ermöglicht werden könnte, ist unter den Parteien streitig. Nach Auffassung des Klägers ist ein Einsatz problemlos in den Schichten zwischen 13.45 Uhr bis 19.00 Uhr oder 16.00 bis 23.00 Uhr möglich. Die Beklagte befürchtet demgegenüber eine übermäßige Belastung der übrigen Saalchefs, wenn diese die vom Kläger bislang geleistete Nachtarbeit mit übernehmen müssen. Nach dem der Betriebsrat im Vorfeld der Kündigung mit Schreiben vom 29.06.1999 (Blatt 17 f d. A.) auf sein Beteiligungsrecht gemäß § 6 Abs. 4 ArbZG hingewiesen, ferner die Herausnahme des Klägers aus der Nachtschicht befürwortet und andernfalls die Einrichtung einer Einigungsstelle wegen Änderung des Dienstplans verlangt hat, ist im zwischenzeitlich durchgeführten Einigungsstellenverfahren wegen der gekündigten Dienstplanregelung Einigkeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber erzielt worden, dass ohne Aufstockung des Personals die vom Kläger angestrebte Sonderregelung nicht durchzuführen ist; eine Aufstockung des Personals ist bislang an Meinungsverschiedenheiten darüber gescheitert, ob dies im Wege einer externen Besetzung oder einer Beförderungsmaßnahme erfolgen soll. Gemäß Protokollnotiz vom 20.06.2000 (Blatt 168) soll eine neue Betriebsvereinbarung erst nach Klärung der Rechtslage abgeschlossen werden. Mit einer Übernahme der Tagesdienste ausschließlich durch den Kläger sind die übrigen Saalchefs nicht einverstanden.
Der Kläger hält die ausgesprochene Kündigung für sozialwidrig und verweist hierzu auf die Vorschrift des § 6 Abs. 4 ArbZG, nach welcher die Beklagte verpflichtet sei, ihm einen geeigneten Tagesarbeitsplatz zuzuweisen. Schon die Tatsache, dass die Beklagte entgegen der genannten Vorschrift mit dem Betriebsrat Umsetzungsmöglichkeiten nicht erörtert habe, stehe der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung entgegen. Demgegenüber hat die Beklagte im Wesentlichen vorgetragen, die vom Kläger begehrte Umsetzung scheitere an entgegenstehenden dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des § 6 Abs. 4 ArbZG. In Anbetracht der Tatsache, dass der Spielbetrieb um 15.00 Uhr beginne und schwerpunktmäßig in den Abend- und Nachstunden stattfinde, lasse sich die vom Kläger begehrte Freistellung von der Nachtarbeit organisatorisch nicht bzw. nicht ohne Verstoß gegen die bestehenden tariflichen Vorgaben bewältigen. Eine zusätzliche Belastung der – teilweise ebenfalls mehr als fünfzig Jahre alten – Saalchefs mit Nachtdiensten könne diesen nicht zugemutet werden.
Durch Urteil vom 09.12.1999 (Blatt 81. ff. d. A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der angegriffenen Kündigung festgestellt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die Beklagte habe nicht überzeugend dargetan, warum nicht der Kläger auf einem seinem eingeschränkten Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz – ggf. auch in Teilzeit – eingesetzt werde. Nachdem der Kläger vor Ausspruch der Kündigung mit Schre...