Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Vergütung für Nachtarbeit
Leitsatz (redaktionell)
Die mit regelmäßiger Nachtarbeit typischerweise verbundenen gesundheitlichen Belastungen einer ausschließlich im Nachtdienst tätigen Pflegekraft in einer Seniorenresidenz sind mit einem Zuschlag zur Arbeitsvergütung von 1,28 EUR je Stunde und einem Zusatzurlaub von drei Kalendertagen noch angemessen berücksichtigt, zumal bei ständiger und sogar ausschließlicher Nachtarbeit die damit verbundene Mehrbelastung (teilweise schon) bei der Bemessung der Grundvergütung Berücksichtigung gefunden haben kann.
Normenkette
ArbZG § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 15.08.2017; Aktenzeichen 4 Ca 226/17) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 15.08.2017 - 4 Ca 226/17 - teilweise abgeändert und der Tenor zu den Ziffern 1.) - 4.) insgesamt wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil vom 14.03.2017 wird aufgehoben.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten veranlassten Kosten, die die Beklagte zu tragen hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Soweit hier noch von Interesse, begehrt die Klägerin die Gewährung von Nachtarbeitszuschlägen in Höhe von 30 % der Bruttostundenvergütung.
Die Klägerin ist seit dem 01.09.2015 als Pflegefachkraft in einer von der Beklagten betriebenen Seniorenresidenz zu einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 2.400,-€ bei durchschnittlich 36 Stunden pro Woche tätig. Ausweislich eines Zusatzes zum Anstellungsvertrag vom 10.08.2015 kommt sie ausschließlich im Nachtdienst in der Zeit von 20.30 Uhr bis 06.30 Uhr abzüglich einer Pause von 45 Minuten zum Einsatz. Nach § 3 Abs. 2 des Anstellungsvertrages vom 10.08.2015 (Bl. 8 ff. d. A.) erhält sie für den Nachtdienst von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr einen "Zeitzuschlag" in Höhe von 1,28 € je Stunde. § 5 des genannten Anstellungsvertrages lautet:
"Zusatzurlaub für Nachtarbeit
(1) Der AN erhält bei einer Arbeitsleistung zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr von
mindestens 300 Stunden im Kalenderjahr 2 Arbeitstage
mindestens 450 Stunden im Kalenderjahr 3 Arbeitstage
Der Zusatzurlaub bemisst sich nach der im vergangenen Kalenderjahr zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr erbrachten Arbeitstage. Der Anspruch auf Zusatzurlaub entsteht mit Beginn des auf die Arbeitsleistung folgenden Urlaubsjahres."
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe für die Nachtarbeitsstunden von 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr pro Stunde ein Nachtarbeitszuschlag von 30 % der geschuldeten Bruttostundenvergütung in Höhe von 15,38 € zu. So begehrt sie für den Zeitraum ab 01.05.2016 bis zum 31.01.2017 unter Abzug bereits erhaltener Zeitzuschläge die Nachzahlung eines der Höhe nach unstreitigen Betrages von 5.459.12 €.
Daneben verlangt sie, festzustellen, dass die Beklagte auch für den Zeitraum ab 01.02.2017 zu entsprechenden Zahlungen verpflichtet ist.
In dem Zusammenhang hat sie herausgestrichen, dass sie während der Nachtarbeit erheblichem Zeitdruck und hohen Belastungen ausgesetzt sei, und hat insoweit verwiesen auf den mit Schriftsatz vom 01.06.2017 als Anlage K 6 eingereichten Auszug aus dem Qualitätsmanagement-Handbuch (Bl. 152 d. A.) sowie auf das als Anlage K 7 eingereichte Protokoll über die nächtliche Tätigkeit (Bl. 153 ff. d. A.).
Soweit hier noch von Interesse, erging erstinstanzlich auf Antrag der Klägerin ein Versäumnisurteil, dessen Ziffern 1. und 2. wie folgt lauten:
"1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die ab dem 01.02.2017 geleistete Nachtarbeit wahlweise einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns für je zwischen 23.00 Uhr und 06.00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen oder für jeweils 10 zwischen 23.00 Uhr und 06.00 Uhr geleistete Nachtarbeitsstunden je 3 Stunden Freizeitausgleich zu gewähren.
2. Die Beklagte wird verurteilt, aufgrund der von ihr zwischen dem 01.05.2016 und dem 31.01.2017 geleistete Nachtarbeit eine Gehaltsnachzahlung in Höhe von 5.459,12 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 24.02.2017 zu zahlen."
Nachdem die Beklagte gegen dieses ihr am 14.03.2017 zugestellte Urteil am 21.03.2017 Einspruch eingelegt hatte, hat die Klägerin, soweit hier noch relevant,
1. das Versäumnisurteil vom 14.03.2017 aufrechtzuerhalten,
2. ferner hilfsweise zu 1) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die ab dem 01.02.2017 geleistete Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttolohns für jede zwischen 23.00 Uhr und 06.00 Uhr geleistete Arbeitsstunde zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass mit den arbeitsvertraglichen Regelungen ein angemessener Ausgleich für die von der Klägerin in Dauernachtschicht geleistete Tätigkeit erfolge und in der Vergangenheit auch erfolgt sei. Die Zahlung eines 30 %igen Nachtzuschlages sei nicht gerechtfertigt. Nachtarbeit könne nämlich in der ...