Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Betriebsänderung. Interessenausgleich mit Namensliste. Anhörung des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Arbeitnehmer auf Grundlage eines im Zuge einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG abgeschlossenen Interessenausgleichs mit Namensliste aus betriebsbedingten Gründen gekündigt, so hat der gekündigte Arbeitnehmer die vermutete Betriebsbedingtheit schlüssig und begründet zu widerlegen. Lediglich pauschales Bestreiten der Betriebsbedingtheit reicht nicht.
Der Abschluss eines Interessenausgleichs nach § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG entbindet den Arbeitgeber nicht von seiner Pflicht zur Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2-3, 5; BetrVG § 102 Abs. 1, § 111
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Urteil vom 26.08.2004; Aktenzeichen 1 (3) Ca 388/04) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.08.2004 – 1 (3) Ca 388/04 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.
Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb in W2xxxxx cirka 310 Arbeitnehmer. Sie ist in den Bereichen Maschinenbau, Systemtechnik und Service tätig. Im Betrieb ist ein Betriebsrat gewählt.
Der am 01.08.1952 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Er ist Ingenieur. Entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung wurde der Kläger eingesetzt als Konstrukteur für die mechanische Konstruktion der Abteilung Sondermaschinen. Der Kläger erzielte zuletzt eine Vergütung in Höhe von 3.500,– EUR brutto monatlich.
Mit Schreiben vom 30.09.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2003 aus leistungsbedingten Gründen. Die Kündigung war Gegenstand des Rechtsstreits zwischen den Parteien ArbG Paderborn 1 Ca 1853/03 (LAG Hamm 3 Sa 461/04). Durch Urteil vom 29.01.2004 gab das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage des Klägers statt.
Die eingelegte Berufung nahm die Beklagte am 22.09.2004 zurück.
Am 23.02.2004 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste. Unter Ziffer 1.2.2 des Interessenausgleichs war Folgendes geregelt:
1.2.2 Mechanische Konstruktion
Aufgrund der derzeitigen Auftragssituation und der damit verbundenen geringen Auslastung im Bereich der mechanischen Konstruktion ist eine Reduzierung der Personalstärke an das geringere Arbeitsvolumen erforderlich. Selbst unter Berücksichtigung eventuell zu erzielender Aufträge beträgt die derzeitige Auslastung dieser Abteilung bis März schon weniger als 85 %. Die Prognose bezüglich erzielbarer Aufträge liegt für das zweite Quartal noch nicht einmal bei 50 %. Daher entfällt in jedem Fall die Beschäftigungsmöglichkeit für zwei Mitarbeiter der aus 16 Mitarbeitern bestehenden Abteilung „Mech.-Konstruktion” (Kündigung Herr M2xxx, Herr S1xxxxxxxxxx).
Wegen des weiteren Inhalts des Interessenausgleichs wird auf Bl. 19 bis 26 d.A. verwiesen.
Am 23.02.2004 teilte die Beklagte dem Betriebsrat die Kündigungsabsicht bezüglich der Kündigung des Klägers mit. In dem Schreiben heißt es u.a.:
Hinsichtlich der betriebsbedingten Erforderlichkeit der Kündigung beziehen wir uns auf die bereits mit Ihnen geführten Gespräche, in denen wir die insgesamt notwendigen Personalanpassungserfordernisse, die fehlenden anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten sowie die Gründe für die daraus resultierenden betriebsbedingten Einzelmaßnahmen ausführlich besprochen hatten. Es wurden Ihnen auch die Gründe der vorgenommenen Sozialauswahl ausführlich dargelegt und abgestimmt mit anschließender Fixierung des betroffenen Personenkreises im Interessenausgleich. Auf die Einzelheiten der mündlichen Informationen sowie auf den Interessenausgleich nehmen wir zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug.
Nachdem der Betriebsrat keine Bedenken gegen die Kündigung geäußert hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24.02.2004, welches am 25.02.2004 abgesandt wurde und dem Kläger am 26.02.2004 zuging.
Gegen die Kündigung hat der Kläger am 02.03.2004 die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozialwidrig und weiter wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam.
Der Kläger hat das Vorliegen betriebsbedingter Gründe bestritten und hierzu vorgetragen:
Ein Interessenausgleich könne nur bei einer Betriebsänderung beschlossen werden. Eine solche liege hier auf Seiten der Beklagten aber nicht vor. Trotz des Interessenausgleichs unterliege die Kündigung den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes. Sie sei sozial ungerechtfertigt. Dringende betriebliche Gründe für die Kündigung lägen nicht vor. Die Sozialauswahl sei fehlerhaft. Der Diplom-Ingenieur B3xxxxx sei etwa 35 Jahre alt, ledig und keinem Kind gegenüber unterhaltspflichtig. Herr G2xxxx sei ebenfalls etwa 35 Jahre alt und seit En...