Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einseitige Änderung einer Nebenabrede im Arbeitsvertrag trotz Fehlens eines ausdrücklich vereinbarten Widerrufsvorbehalts. Pauschalierte Reisekostenerstattung
Leitsatz (redaktionell)
Den Arbeitsvertragsparteien ist in § 20 Abs. 1 MTV durch die Verweisung auf eine zu treffende Vereinbarung und die ausdrücklich eröffnete Möglichkeit einer pauschalen Abgeltung ein Gestaltungsspielraum eingeräumt worden, der selbst solche Vereinbarungen umfasst, nach denen dem Arbeitnehmer die notwendigen Fahrauslagen nicht in voller Höhe erstattet werden
Normenkette
Tarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe § 20
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 4 Ca 2379/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 04.05.2005 – 4 Ca 2379/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Umstellung einer pauschalen Erstattung der Reisekosten und Spesen auf ein System der Einzelreisekostenabrechnung.
Die Klägerin ist seit dem 01.01.1993 als Kundenbetreuerin bei der Beklagten, einer bundesweit tätigen Versicherungsgesellschaft, beschäftigt. Sie ist im Außendienst tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegen u.a. der schriftliche Anstellungsvertrag vom 14.12.1992 (Bl. 4 ff. d.A.) nebst Nachtrag vom 12.02./26.03.2002 (Bl. 6 f. d.A.) sowie die Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Außendienstangestellte (Bl. 52 ff. d.A.) zugrunde. Nach dem Arbeitsvertrag gelten für das Arbeitsverhältnis zudem die Teile I, III und IV des Tarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe (in Folgendem: MTV).
Die Beklagte zahlte an die Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses eine monatliche Reisekostenpauschale, die zunächst 1.209,00 DM und seit Geltung des Nachtrages zum Arbeitsvertrag vom 12.02./26.03.2002 535,00 EUR betrug. Im Juni 2004 kündigte die Beklagte an, für die Zeit ab dem 01.07.2004 keine Reisekostenpauschale mehr zu zahlen, sondern die Reisekosten nach Einzelnachweisen zu erstatten. Hiergegen wendet die Klägerin sich mit vorliegender Klage, die am 21.07.2004 beim Arbeitsgericht Bielefeld einging.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Maßnahme der Beklagten sei unzulässig. Sie, die Klägerin, habe einen vertraglichen Anspruch auf pauschale Erstattung der Reisekosten. Hiervon könne die Beklagte sich nicht einseitig lösen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Reisekosten der Klägerin über den 30.06.2004 hinaus auf der Basis einer monatlichen Reisekostenpauschale von 535,00 EUR brutto abzurechnen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Feststellungsklage sei unzulässig. Im Übrigen ergebe sich die Anspruchsgrundlage für die Reisekostenerstattung nicht aus dem Arbeitsvertrag der Parteien bzw. dem genannten Nachtrag, sondern allein aus § 20 MTV. Danach sei sie, die Beklagte, berechtigt gewesen, Art und Inhalt der Reisekostenerstattung zu bestimmen und gegebenenfalls neu festzusetzen.
Durch Urteil vom 04.05.2005 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Gegen diese Entscheidung, die der Beklagten am 06.07.2005 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 21.07.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen sowie – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.10.2005 – am 05.10.2005 begründet worden ist.
Die Beklagte vertritt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterhin die Auffassung, sie sei berechtigt gewesen, mit Wirkung vom 01.07.2004 die Reisekosten nur noch nach Maßgabe von Einzelnachweisen zu erstatten. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien könne in der Pauschalierungsabrede des Arbeitsvertrages nur eine Erfüllungsvereinbarung gesehen werden, die mit einem stillschweigenden Widerrufsrecht der Parteien verbunden sei, das sich aus der Natur der Sache ergebe. Von diesem Widerrufsrecht habe sie, die Beklagte, Gebrauch gemacht.
Die Beklagte hat beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 04.05.2005 – 4 Ca 2379/04 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil vom 04.05.2005 zurückzuweisen
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, selbst wenn es sich bei der Pauschalierungsabrede im Arbeitsvertrag lediglich um Erfüllungsvereinbarungen handele, so seien es doch immer noch Vereinbarungen, die beiderseits verbindlich seien. Für die Annahme eines stillschweigend oder konkludent vereinbarten Widerrufsrechts fehle jede Grundlage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Feststellungsklage zu Recht stattgegeben.
1. Entgegen der...