Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung zum Zwecke der Anpassung einer Nebenabrede im Arbeitsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist zunächst das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Grund zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (Anschluss an BAG, Urteil v. 23.06.2005 – 2 AZR 642/04).
2. Der unvorhersehbare Eintritt besonderer Umstände kann nach Treu und Glauben das Verlangen einer vereinbarten Leistung als unbillig und ungerechtfertigt erscheinen lassen, so dass die Bewertung der beiderseitigen Interessen dazu führen können, dass einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu seinen bisherigen Arbeitsbedingungen dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen können.
3. Erstrebt der Arbeitgeber mit einer Änderungskündigung die Abkehr von einem pauschalierten Reisekostenerstattungssystem hin zu einem auf Einzelreisekostenabrechnungen basierenden System, so ist eine hierauf gestützte Änderungskündigung unwirksam, wenn sich der Arbeitgeber zugleich eine Rückkehr zum Pauschalsystem im Wege des Direktionsrechts vorbehalten will.
Normenkette
KSchG §§ 2, 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 4 (3) Ca 163/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 04.05.2005 – 4 (3) Ca 163/05 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.
Die Klägerin steht seit dem 01.01.1993 als Kundenbetreuerin bei der Beklagten, einer bundesweit tätigen Versicherungsgesellschaft, im Arbeitsverhältnis. Sie erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung von 2.300,00 EUR brutto. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer. Die Einzelheiten der Arbeitsbedingungen sind im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 14.12.1992 niedergelegt. Wegen seiner Einzelheiten wird auf Bl. 4 f. d.A. Bezug genommen. Mit Nachtrag vom 12.02./26.03.2002 schlossen die Parteien folgende Vereinbarung:
„Nachtrag zum Vertrag vom 14.12.92
Sehr geehrte Frau S2xxxx-R1xxxxxxxxx, ab 01.01.02 gilt für die mit einer Eintragung versehene Textziffer folgende Vertragsänderung:
2 Titel:
3 Dienststellung:
4 Bezüge (monatlich)
4.1 Gehalt 1.157,00 EUR
4.2 Provisionspauschale:
befristet bis:
4.3 Anteilprovision:
befristet bis: 31.12.02
s. Anlage
5 Reisekostenpauschale (monatlich):
Reisekostenpauschale (monatlich) 535,00 EUR.
Zusatz-Reisekostenpauschale (monatlich) 128,00 EUR.
Der Kürzungsregelung gem. Allg. Vertragsbestimmungen unterliegender Betrag 663,00 Euro.
Die Zusatz-Reisekostenpauschale verringert sich in dem Maße, wie die vertraglich vereinbarte Reisekostenpauschale aufgrund von evtl. Anpassungen der Kalkulationsgrundlagen oder wegen Neufestsetzung bei Gebiets- und/oder Funktionswechsel steigt. Sie entfällt spätestens bei einem Gebiets- und/oder Funktionswechsel nach dem 31.12.2000 endgültig und ersatzlos.
Arbeitsgebiet:
Sonstiges:
Anlage: Stellenbeschreibung
Mit dem Inkrafttreten dieses Nachtrages erlöschen alle früheren das Arbeitsverhältnis betreffenden Vereinbarungen mit der Gesellschaft, soweit sie dem Inhalt dieses Nachtrages entgegenstehen.
Der Nachtrag wird von den Vertragspartnern in zwei Ausfertigungen unterzeichnet.
S4xxx, 12.02.02 26.03.02
gez. gez.
Unterschrift Gesellschaft Unterschrift Mitarbeiter”
Im Juni 2004 kündigte die Beklagte an, für die Zeit ab 01.07.2004 keine Reisekostenpauschale mehr zu zahlen, sondern die Reisekosten nach Einzelnachweisen zu erstatten. Hiergegen hat die Klägerin sich im Verfahren 4 Ca 2379/04 – Arbeitsgericht Bielefeld zur Wehr gesetzt. Das Arbeitsgericht Bielefeld hat der Feststellungsklage der Klägerin im Verfahren 4 Ca 2379/04 durch Urteil vom 04.05.2005 stattgegeben. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung hat die erkennende Kammer im Verfahren 15 Sa 1446/05 im Termin vom 16.03.2006 zurückgewiesen.
Bereits mit Schreiben vom 21.12.2004 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin an. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 79 ff. d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 29.12.2004, das der Klägerin am gleichen Tage persönlich ausgehändigt wurde, erklärte die Beklagte der Klägerin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2005 und bot ihr gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens vom 29.12.2004 wird auf Bl. 11 f. d.A. verwiesen. Zweck der Änderungskündigung ist allein eine Änderung von Ziffer 5 des Arbeitsvertrages der Parteien in der Fassung des Nachtrags vom 12.02./26.03.2002, der nach Vorschlag der Beklagten künftig wie folgt lauten soll:
„Die Erstattung der Aufwendungen für Dienstreisen erfolgt gemäß der Reiserichtlinie für Auße...