Verfahrensgang

ArbG Herne (Urteil vom 25.03.1997; Aktenzeichen 2 Ca 3893/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 25.03.1997 (2 Ca 3893/96) abgeändert:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 29.10.1996 weder fristlos noch mit sozialer Auslauffrist zum 30.06.1997 beendet worden ist.

Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Geschäftsführer des K… R….-Land weiterzubeschäftigen.

Der Auflösungsantrag des Beklagten wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000,– DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung und über die Verpflichtung des Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

Die Beklagte ist der in Form eines eingetragenen Vereins organisierte K…-….. des Deutschen Roten Kreuzes für den Bereich R…..-Land.

Der am 01.01.1953 geborene, verheiratete Kläger, der zwei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet ist, ist bei dem Beklagten seit dem 01.02.1976 beschäftigt und hat seit dem 01.10.1982 die Aufgaben des Geschäftsführers übernommen. Er ist anerkannter Schwerbehinderter.

Seit Mai 1996 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Im September 1996 stattete der 1. Vorsitzende Dr. H….. der Geschäftsstelle einen Besuch ab, unter anderem um den Verlauf der Geschäfte angesichts der lang anhaltenden Krankheit des Klägers zu prüfen. Anläßlich dieses Gespräches kam es zu Beschwerden der Mitarbeiterinnen, die auf Wunsch des 1. Vorsitzenden von diesen dann schriftlich in einem Papier, welches dem Vorstand des Beklagten unter dem 19.09.1996 mit fünf Unterschriften übermittelt worden ist und folgenden Wortlaut enthält:

Wunschgemäß geben wir Ihnen folgende Informationen bezüglich der Kreisgeschäftsstelle bekannt:

  • Häufige Abwesenheit des Kreisgeschäftsführers. Während der Arbeitszeit Begleitung seines Sohnes zum Fußballplatz; Transport des Vaters zur Uniklinik E..-…; Autowerkstatt; sämtliche Arzttermine; Massagen; Krankengymnastik; Elternsprechtage; Kindergartenbesuche.
  • Oft Unwissenheit der Mitarbeiter über den Aufenthalt des K…..
  • Mangelnder Informationsfluß durch den K…..
  • Keine Kontrolle des K…. über die Tätigkeiten der Mitarbeiter, da mangelnde Fachkenntnisse; dafür unqualifiziertes Einmischen in Arbeitsabläufe.
  • Unsachliche und vorwurfsvolle Kritik (oftmals lautstark) bei auftretenden Fehlern der Mitarbeiter, auch in Gegenwart von außenstehenden Personen oder oftmals keine direkte Ansprache der betreffenden Person, sondern negative Äußerungen Dritten gegenüber.
  • Verbreitung von internen und privaten Angelegenheiten nach außen durch den K…..
  • Unnötige Verzögerung von Arbeitsabläufen in den einzelnen Fachbereichen durch Aufforderung des K…., ständig Rücksprachen zu halten, die durch häufige Abwesenheit des K…. nicht vorgenommen werden können.
  • Die Ein- und Ausgangspost wird nur ungern vom K…. erledigt.
  • Um Anschaffungen und Reparaturen von technischen Anlagen sowie Angelegenheiten des Gebäudes (z. B. Heizung, Wasser, Strom) müssen sich die Mitarbeiter selbst kümmern.
  • Überstunden müssen beim K…. beantragt werden. Da oft erst kurzfristig Überstunden anfallen, z. B. am letzten Arbeitstag vor dem Urlaub, können diese nicht beim K…. beantragt werden, da er, wie schon erwähnt, oft nicht anwesend ist.
  • Wenn dann ohne Beantragung Überstunden gemacht wurden, wurde Mißtrauen geäußert oder die Überstunden nicht anerkannt.
  • Bei Krankheit von Mitarbeitern diese als Simulanten darstellen. Bei einer längeren Krankheit einer Mitarbeiterin, dieser indirekt die Kündigung angedroht.
  • Gewaltandrohung gegenüber einer Mitarbeiterin wegen einer Lappalie.
  • Verbale und direkte sexuelle Belästigung gegenüber einer Mitarbeiterin; Äußerungen diesbezüglich auch Dritten gegenüber.

Wir dürfen Sie bitten, die Angelegenheit vertraulich zu behandeln und uns schriftlich zu versichern, daß uns keine Nachteile in irgendeiner Form entstehen.

Unter dem 24.09.1996 fand zwischen dem Kläger und dem Vorstand des Beklagten ein Gespräch statt, das die schriftlich festgehaltenen Vorwürfe der Mitarbeiterinnen zum Inhalt hatte. Der Kläger hat in diesem Gespräch die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten. Am folgenden Tage, dem 25.09.1996, haben der 1. Vorsitzende Dr. H….. und der Schatzmeister Dr. S… sich um 16.00 Uhr mit den Mitarbeiterinnen der Kreisgeschäftsstelle und um 18.00 Uhr mit den Kindergartenleiterinnen zusammengesetzt. Die Mitarbeiterinnen haben erklärt, daß sie bei ihren Vorwürfen blieben. Sodann haben die Vorstandsmitglieder sie aufgefordert, die Vorwürfe aufzulisten und zu beschreiben. Aufgrund dieses Gespräches wurde dem Vorstand mit Datum vom 07.10.1996 eine weitere, diesmal von sechs Mitarbeiterinnen unterzeichnete Erklärung übermittelt, die folgenden Wortlaut hat:

Bezugnehmend auf unser Gespräch vom 25.09.1996 geben wir Ihnen wunschgemäß einen...

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