Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt. Weitergabe von Tariflohnerhöhungen aufgrund betrieblicher Übung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Arbeitsvertragsanpassung durch betriebliche Übung kann grundsätzlich auch eine Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der jeweiligen Tarifentwicklung zum Inhalt haben.
2. An eine betriebliche Übung eines solchen Inhalts sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen.
3. Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber wird eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet nur entstehen, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will.
Normenkette
BGB §§ 242, 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Herne (Entscheidung vom 03.05.2012; Aktenzeichen 2 Ca 249/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 03.05.2012 - 2 Ca 249/11 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Weitergabe von Tariflohnerhöhungen aufgrund betrieblicher Übung.
Der am 05.07.1993 geborene Kläger war seit 1988 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 148 ff. d. A.) bei der Firma K1 GmbH & Co. Präzisionswerkzeug KG als CNC-Dreher beschäftigt. Die Arbeitsbedingungen richteten sich gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrages nach den jeweiligen Bestimmungen des Tarifvertrages der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW. Die Firma K1 GmbH & Co. KG war aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband tarifgebunden.
Im Jahre 1993 ging die Firma K1 GmbH & Co. KG in Konkurs. Der Konkursverwalter führte den Betrieb fort. Im Juli 1993 erwarben die Gesellschafter-Geschäftsführer der neu gegründeten Beklagten den Betrieb vom Konkursverwalter. Aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 07.07.1993 (Bl. 52 f. d. A.) war der Kläger sodann bei der Beklagten als CNC-Dreher beschäftigt. Weder der Kläger noch die Beklagte sind tarifgebunden.
Ob bei Übernahme des Betriebes durch die Beklagte, die derzeit ca. 50 Mitarbeiter beschäftigte, auf einer Betriebsversammlung im Juli 1993 die Zusage gemacht worden sei, die Beklagte werde künftig die Tariflohnerhöhungen in Höhe von 75 % weitergeben, ist zwischen den Parteien streitig.
In einem Aushang aus dem Jahre 1995 (Bl. 140 d. A.) wies die Beklagte unter anderem auf folgendes hin:
"Tariflohnerhöhungen
Wir weisen darauf hin, daß der derzeitige Tariflohnabschluß für uns nicht bindend ist.
Dennoch werden wir Anhebungen in Anlehnung an diesen Abschluß durchführen.
Die Bezugsgröße für die Anhebungen ist 75 % des derzeitigen Bruttolohnes ohne Überstunden."
Im Frühjahr 2005 übermittelte die Beklagte dem Kläger folgende Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 07.07.1993 (Bl. 60 d. A.), die vom Kläger jedoch nicht unterzeichnet ist:
"Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag vom 07.07.1993
Ab 09. Mai 2005 beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 37,5 Stunden.
Der Lohn bzw. das Gehalt bleiben gleich, d. h. Mehrarbeit ohne Lohnausgleich.
Des Weiteren werden Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt.
Tarifliche Lohnerhöhungen werden nach wie vor von 75 % des Bruttolohnes bzw. des Bruttogehalts ausgehend berechnet.
Diese Vereinbarung ist zunächst bis zum 31.12.2006 befristet."
Durch Aushang vom 15.12.2006 (Bl. 112 d. A.) wurde folgende, auf der Belegschaftsversammlung vom 14.12.2006 abgestimmte Regelung bekannt gegeben:
"1. 37,5 Stunden-Regelung
Die 37,5 Std. Regelung wird auch im nächsten Jahr bis zum 31.112.2007, wie bereits eingeführt, fortgeführt.
2. Rückstellung
Die Buchhaltung bildet eine Rückstellung für 2006, so dass im Januar 2007 die Einmalzahlung von 300,00 EUR an die jeweils Berechtigten ausgezahlt werden kann.
3. Prämie
Sollte am 31.12.2007 die G & V einen Überschuss von 6 % ausweisen, so ist im Januar 2008 eine Prämie an die Mitarbeiter zu zahlen.
Die Prämienregelung richtet sich nach dem alten hier bekannten Konzept, jedoch die Persönlichkeitsbeurteilung findet dabei nicht statt.
Das Prämienrechenmodell wird im Januar nochmals zur Erinnerung für alle am schwarzen Brett veröffentlicht."
Mit Schreiben aus Januar 2007 (Bl. 61 d. A.), das an den Mitarbeiter H1 gerichtet ist, teilte die Beklagte folgendes mit:
"Ab 01.01.2007 beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 37,5 Stunden.
Der Lohn bzw. das Gehalt bleiben gleich, d. h. Mehrarbeit ohne Lohnausgleich.
Des Weiteren werden Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt.
Tarifliche Lohnerhöhungen werden nach wie vor von 75 % des Bruttolohnes bzw. des Bruttogehalts ausgehend berechnet.
Diese Vereinbarung ist zunächst bis zum 31.12.2006 befristet.
Die Zahlung über 300,00 € erfolgt nach Unterschrift dieser Zusatzvereinbarung, wenn diese bis zum 18.01.2007 in der Buchhaltung abgegeben wurde. Bei verspäteter Rückgabe erfolgt die Zahlung mit der Lohnabrechnung Februar 2007."
Der Kläger erhielt ein gl...