Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungsvertrag durch Angebot und Annahme. Anspruch auf bestimmte Beschäftigung. Darlegungs- und Beweislast für Anfechtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Haben die Arbeitsvertragsparteien durch Angebot und Annahme einen Änderungsvertrag geschlossen, kann ein ursprünglich bestehender Anspruch auf eine bestimmt Beschäftigung entfallen.

 

Normenkette

BGB §§ 123, 626; BetrVG § 99

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 19.07.2012; Aktenzeichen 2 Ca 123/12)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 19. Juli 2012 - 2 Ca 123/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

  • 2.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Beschäftigung in einer bestimmten Filiale.

Der Kläger war seit Oktober 1989 bei der C1 Südwestfalen EG und ist aufgrund Betriebsübergangs seit Juli 2003 bei der Beklagten als Marktleiter gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt 4.500,00 € beschäftigt.

Nach seinem Arbeitsvertrag vom 15. August 1989(Bl. 6 d.A.)erfolgte die Einstellung des Klägers ausschließlich für eine bestimmte Filiale(handschriftliche Ergänzung: "B1. Ld. 9"). Von März 1993 bis Dezember 1996 wurde der Kläger in E1, von Januar bis März 1997 in B1, von April 1997 bis Mai 1998 in K1 sowie von Juni 1998 bis zum 13. Oktober 2011 in der P1 in W1 (Filiale P1) beschäftigt. Zur 1615 qm großen Filiale P1 gehört ein Getränkeshop.

Am 13. Oktober 2011 nahm der Kläger als Mitglied des Betriebsrats an einem Seminar in der Zentrale in H1 teil. Bei dieser Gelegenheit bat die Beklagte ihn zu einem Gespräch und konfrontierte ihn mit drei Vorwürfen: Erstens legte sie dem Kläger zur Last, die ausgeschiedene Mitarbeiterin W2 eigenmächtig wieder in der Buchhaltung beschäftigt zu haben. Zweitens hielt sie ihm vor, dass er - unstreitig - Gratisware von Getränkelieferanten (zB Bier und alkoholfreie Getränke in Kästen) nicht dem Warenbestand der Filiale zugeführt und für Rechnung der Beklagten veräußert habe. Es handelte sich um 949 Positionen in 2009, 735 Positionen in 2010 und 921 Positionen in 2011 (Januar bis September). Drittens hatte der Kläger weisungswidrig Verkäufe von Waren in haushaltsunüblichen Mengen nicht genehmigen lassen und über mehrere Jahre mehrfach palettenweise Bier und kartonweise Spirituosen (zB Wodka) verkauft und das Kassenpersonal des Getränkeshops angewiesen, diese Verkäufe in Raten, teils auf mehrere Tage verteilt, zu registrieren. Vor diesem Hintergrund erteilte die Beklagte dem Kläger Hausverbot für die bis dahin von ihm geleitete Filiale P1. Zugleich eröffnete sie ihm, dass er künftig einen drei Kilometer entfernten, nur 600 qm großen Markt ohne Getränkeshop in W1-S1 (Filiale H2) leiten solle. Der Kläger nahm hierzu längere Rücksprache mit dem Betriebsratsvorsitzenden. Noch am 13. Oktober 2011 übergab der Kläger die Filiale P1. Seit dem 14. Oktober 2011 ist er in der Filiale H2 tätig.

Mit Anwaltsschreiben vom 8. November 2011(Bl. 7 - 9 d.A.)forderte der Kläger die Beklagte auf, ihn wieder in der Filiale P1 zu beschäftigen. Die Beklagte lehnte dies mit dem Hinweis ab, dass der Kläger in die Versetzung eingewilligt habe. Mit weiterem Anwaltsschreiben vom 21. November 2011(Bl. 10 - 11 d.A.)teilte der Kläger mit, dass er sich der Versetzung lediglich unter Kündigungsandrohung gebeugt und nicht freiwillig in die Versetzung eingewilligt habe. Sofern die Beklagte von einer Einwilligung ausgegangen sein sollte, fechte er diese vorsorglich wegen widerrechtlicher Drohung an.

Mit Schreiben vom 23. November 2011 hörte die Beklagte den Kläger erneut zu den vorbezeichneten Vorwürfen an und erteilte ihm mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 drei Abmahnungen.

Mit der am 10. Februar 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger Beschäftigung in der Filiale P1. Zur Begründung hat er - zusammengefasst - vorgetragen: Eine Änderung des Arbeitsorts sei nach dem Arbeitsvertrag nur einvernehmlich möglich gewesen. Auch in der Vergangenheit seien die Einsatzorte nie einseitig geändert worden. Die Parteien hätten keinen Änderungsvertrag geschlossen. Der Kläger sei der Aufforderung zu einer Tätigkeit in der Filiale H2 nicht frei von Willensmängeln nachgekommen. Er sei der Anweisung nur gefolgt, weil er im Falle einer Weigerung den Verlust des Arbeitsplatzes befürchtet habe. Die vorsorglich erklärte Anfechtung sei wirksam. Auf die Frage des Klägers, was geschehe, wenn er der Aufforderung nicht nachkomme, habe der Geschäftsführer der geschäftsführenden Gesellschafterin der Beklagten erklärt "Es wird eine Lösung geben, egal was es kostet". Dies habe er als Drohung mit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung verstehen müssen. Die Drohung sei widerrechtlich gewesen. Ausweislich der erteilten Abmahnungen habe die Beklagte eine außerordentliche fristlose Kündigung selbst nicht in Betracht gezogen. Ein verständiger Arbeitgeber habe eine außerordentliche fristlose Kündigung auch nicht ernsthaft erwägen dürfen. Die von ihm in der ...

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