Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Übung. Weihnachtsgeld. Beseitigung der Betriebsübung. Verwirkung
Leitsatz (amtlich)
Kein Wegfall des Anspruchs auf Zahlung betriebsüblichen Weihnachtsgeldes durch jahrelange beanstandungsfreie Weiterarbeit, keine Verwirkung
Normenkette
BGB §§ 145, 242, 611
Verfahrensgang
ArbG Arnsberg (Urteil vom 26.05.2011; Aktenzeichen 2 Ca 157/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 26.05.2011 – 2 Ca 157/11 – abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 13.257,46 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins
- aus 306,78 EUR seit dem 01.01.2008
- aus 306,78 EUR seit dem 01.07.2008
- aus 3370,00 EUR seit dem 01.12.2008
- aus 306,78 EUR seit dem 01.01.2009
- aus 306,78 EUR seit dem 01.07.2009
- aus 3370,00 EUR seit dem 01.12.2009
- aus 306,78 EUR seit dem 01.01.2010
- aus 306,78 EUR seit dem 01.07.2010
- aus 4.370,00 EUR seit dem 01.12.2010
- aus 306,78 EUR seit dem 01.01.2011.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner im Februar 2011 erhobenen Klage verlangt der Kläger, welcher von 1976 bis zum 30.04.2011 im Betrieb des Beklagten als kaufmännischer Angestellter beschäftigt war, vom Beklagten die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld rückwirkend für die Zeit seit dem Jahre 2008. Diesen Anspruch stützt der Kläger auf den Umstand, dass der Beklagte jedenfalls in den Jahren 1999 bis einschließlich 2003 in gleichbleibender Höhe Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlt hat. Nachdem der Beklagte in den Jahren 2004, 2005 und 2006 kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld zahlte, gewährte er ab dem Jahre 2007 den Beschäftigten nach Maßgabe eines diesbezüglichen Rundschreibens eine Anwesenheitsprämie sowie im Jahre 2008 eine einmalige Erfolgsprämie. Ferner vereinbarten die Parteien im Zusammenhang mit der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anstelle einer Abfindungszahlung eine Gehaltserhöhung von vormals 3.370,– Euro auf 4.370,– Euro brutto, um so dem Kläger den Bezug erhöhten Arbeitslosengeldes zu ermöglichen.
Der Kläger ist der Auffassung, durch die wiederholte und vorbehaltlose Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei ein diesbezüglicher Rechtsanspruch nach den Regeln der betrieblichen Übung entstanden, welcher nachfolgend weder durch bloße Nichtzahlung, beanstandungslose Fortsetzung der Arbeit, Empfang der Anwesenheitsprämie oder die zuletzt gewährte Gehaltserhöhung stillschweigend beseitigt worden sei. Ebenso wenig greife die erhobene Einrede der Verjährung oder der Einwand der Verwirkung durch. Demgegenüber hat der Beklagte vorgetragen, jedenfalls die Verdienstabrechnung im Jahre 2003 habe einen entsprechenden Freiwilligkeitsvorbehalt aufgewiesen. Im Übrigen sei eine etwaige betriebliche Übung nachträglich stillschweigend aufgehoben worden. Unabhängig hiervon stehe der Geltendmachung der Forderungen der Einwand der Verwirkung entgegen, soweit sie nicht ohnehin verjährt seien.
Durch Urteil vom 26.05.2011 (Bl. 74 ff. d. A), auf welches wegen des Weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Fassung des Klageantrages Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, aufgrund der wiederholten Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei nach den Regeln der Betriebsübung ein diesbezüglicher Rechtsanspruch entstanden, welcher dem Inhalt nach – der früheren Handhabung entsprechend – auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes und eines Urlaubsgeldes in zwei Teilbeträgen von je 306,78 EUR brutto gerichtet gewesen sei. Diese betriebliche Übung sei jedoch infolge der dreimaligen Nichtzahlung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes in den Jahren 2004 bis 2006 beseitigt worden. Hierdurch habe der Beklagte seinem Willen Ausdruck verliehen, künftig keine derartigen Leistungen mehr erbringen zu wollen. Durch die widerspruchslose Fortsetzung der Arbeit habe der Kläger seinerseits erkennen lassen, dass er hiermit einverstanden sei.
Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren unverändert weiter und beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des am 26.05.2011 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Arnsberg – 2 Ca 157/11 – zu verurteilen, an den Kläger 13.257,46 EUR brutto nebst Jahreszinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
- aus 306,78 EUR seit dem 01.01.2008
- aus 306,78 EUR seit dem 01.07.2008
- aus 3370,00 EUR seit dem 01.12.2008
- aus 306,78 EUR seit dem 01.01.2009
- aus 306,78 EUR seit dem 01.07.2009
- aus 3370,00 EUR seit dem 01.12.2009
- aus 306,78 EUR seit dem 01.01.2010
- aus 306,78 EUR seit dem 01.07.2010
- aus 4.370,00 EUR seit dem 01.12.2010
- aus 306,78 EUR seit dem 01.01.2011
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist begründet.
I. Abweic...