Entscheidungsstichwort (Thema)

Gratifikation. 13. Monatseinkommen. etriebliche Übung. Langzeiterkrankung Kein Weihnachtsgeld bei Langzeiterkrankung

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlt der Arbeitgeber den Beschäftigten betriebsüblich ein „Weihnachtsgeld”, ohne besondere Leistungsvoraussetzungen oder –Einschränkungen zu benennen, handelt es sich im Zweifel um zusätzliches Arbeitsentgelt i. e. S., weswegen im Fall der Langzeiterkrankung kein Anspruch besteht

 

Normenkette

BGB § 611; EFZG § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Arnsberg (Urteil vom 28.06.2011; Aktenzeichen 1 Ca 196/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 28.06.2011 – 1 Ca 196/11 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Mit seiner im Februar 2011 erhobenen Klage hat der Kläger, welcher vom 02.05.1990 bis zum 30.11.2009 im Betrieb des Beklagten als Arbeiter beschäftigt war, im ersten Rechtszuge die Zahlung von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld für die Jahre 2008 und 2009 geltend gemacht und beschränkt im zweiten Rechtszuge sein Begehren auf Zahlung des Weihnachtsgeldes.

Diesen Anspruch stützt der Kläger auf den Umstand, dass der Beklagte in den Jahren 2001 bis 2003 den Beschäftigten mit der Novembervergütung ein Weihnachtsgeld gezahlt hat, und zwar an den Kläger in Höhe von 3.600,– DM bzw. 1.840,56 Euro. In den Jahren 2004, 2005 und 2006 zahlte der Beklagte kein Weihnachtsgeld und gewährte den Beschäftigten ab dem Jahre 2007 nach Maßgabe eines diesbezüglichen Rundschreibens eine Anwesenheitsprämie sowie im Jahre 2008 eine Erfolgsprämie.

Nachdem der Kläger aufgrund eines Arbeitsunfalls ab dem 06.09.2007 durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war, schlossen die Parteien im Anschluss an eine arbeitgeberseitige Kündigung vom 28.05.2009 im Zuge des hiergegen gerichteten Rechtsstreits ArbG Arnsberg 3 Ca 732/09 einen Prozessvergleich, nach welchem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 8.000,– Euro zum 30.11.2009 beendet wurde.

Der Kläger ist der Auffassung, durch die wiederholte und vorbehaltlose Zahlung von Weihnachtsgeld sei ein diesbezüglicher Rechtsanspruch nach den Regeln der betrieblichen Übung entstanden, welcher nachfolgend weder durch bloße Nichtzahlung, beanstandungslose Fortsetzung der Arbeit und Empfang der Anwesenheitsprämie stillschweigend beseitigt worden sei. Ebenso wenig greife der Einwand der Verwirkung durch. Demgegenüber hat der Beklagte vorgetragen, infolge der Zahlungseinstellung ab dem Jahre 2004 sei ein etwaiger Anspruch aufgrund betrieblicher Übung durch eine gegenläufige negative Betriebsübung beseitigt worden. Nachdem der Kläger im Übrigen im Zusammenhang mit dem Empfang der Anwesenheitsprämie nicht zum Ausdruck gebracht habe, dass er lieber das früher gezahlte Weihnachtsgeld in Anspruch nehme, habe der Beklagte zu Recht darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger einen Anspruch auf Weihnachtsgeld nicht mehr geltend mache.

Durch Urteil vom 28.06.2011 (Bl. 76 ff. der Akte), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Fassung des Klageantrages Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, aufgrund der wiederholten Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sei nach den Regeln der Betriebsübung ein diesbezüglicher Rechtsanspruch entstanden. Zweifelhaft sei allerdings, ob der Kläger in Anbetracht der Tatsache, dass er seit dem 06.09.2007 keine Arbeitsleistung mehr erbracht habe, eine entsprechende Zahlung verlangen könne. Sofern es sich bei dem gezahlten Weihnachtsgeld um ein zusätzliches Arbeitsentgelt zur Entlohnung der erbrachten Arbeitsleistung handele, scheide ein Zahlungsanspruch für die Jahre 2008 und 2009 aus. Unabhängig hiervon sei die bis zum Jahre 2003 begründete betriebliche Übung infolge der dreimaligen Nichtzahlung des Weihnachtsgeldes im Sinne einer gegenläufigen Betriebsübung beseitigt worden. In der widerspruchslosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses liege jedenfalls die konkludente Annahme des arbeitgeberseitigen Angebots auf Änderung des Arbeitsvertrages. Selbst wenn aber zugunsten des Klägers der Fortbestand der betrieblichen Übung angenommen werde, sei es dem Kläger unter Verwirkung der Gesichtspunkte verwehrt, sich auf den Fortbestand der betrieblichen Übung zu berufen. Tatsächlich habe der Kläger nicht nur über Jahre hinweg die Sonderzahlungen nicht eingefordert und sei auch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, ohne Ansprüche auf Weihnachtsgeld zu erheben. Weitergehend habe der Kläger einen Vertrauenstatbestand der Beklagten auch dadurch begründet, dass er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses allein noch Urlaubsabgeltungsansprüche eingeklagt, hingegen einen Anspruch auf Weihnachtsgeld nicht geltend gemacht habe. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe der Beklagte berechtigterweise darauf vertrauen können, dass der Kläger Ansprüche auf Weihnachtsgeld nicht mehr geltend machen wolle.

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung...

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