Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerdienstliches Verhalten. Öffentlicher Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

Drogenhandel eines Arbeitnehmers des öffentlichen Dienstes außerhalb des Arbeitsverhältnisses, der zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten führt, ist an sich geeignet, eine ordentliche Kündigung ohne vorherigen Ausspruch einer Abmahnung sozial zu rechtfertigen.

Ausnahmsweise kann jedoch die Interessenabwägung dazu führen, dass dem öffentlichen Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist.

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Teilurteil vom 30.11.2006; Aktenzeichen 3 (1) Ca 313/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.09.2009; Aktenzeichen 2 AZR 257/08)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 30.11.2006 – 3 (1) Ca 313/06 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24.03.2006 nicht zum 30.06.2006 aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung der Beklagten beendet ist.

Der am 01.02.12xx geborene, ledige Kläger ist seit dem 01.01.2002 als Arbeiter im sogenannten „G1xxxx T1xx” des Bauhofes der Beklagten tätig. Er verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zum Straßenwärter.

Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 23.11.2001 (Bl. 6, 7 d.A.) mit Nachtrag vom 09.10.2003 (Bl. 8 d.A.) zugrunde. Gemäß § 3 des Arbeitsvertrags vom 23.11.2001 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

Das Arbeitsverhältnis wurde zum 01.10.2005 in den TVöD-VKA übergeführt. Der Kläger erzielte zuletzt ein Bruttomonatsentgelt von ca. 2.100,00 EUR.

Die Beklagte beschäftigt allein im Bereich des Bauhofes 23 Mitarbeiter.

Es besteht ein Personalrat.

In der Zeit vom 20.11.2005 bis zum 22.12.2005 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft vor dem Hintergrund des Verdachtes, er habe gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen.

Mit Schreiben vom 23.12.2005 (Bl. 66 d.A.) stellte die Beklagte den Kläger unentgeltlich von der Arbeitsleistung frei.

Mit Schreiben vom 13.03.2006 (Bl. 34, 35 d.A.) beantragte die Beklagte die Zustimmung des Personalrates zu der beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers zum 30.06.2006. Sie führte u.a. aus:

„…

Zwischenzeitlich steht fest, dass es sich in der Angelegenheit Z1x um Betäubungsmitteldelikte handelt. Aus diesem Grunde wurde Herr Z1x zunächst ohne Bezüge mit Schreiben vom 23.12.2005 unentgeltlich von der Arbeit freigestellt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Wiederaufnahme der Tätigkeit) durch Herrn Z1x wurde von dem Arbeitsgericht Detmold am 09.02.2006 zurückgewiesen. Gleichwohl sind die Tarifbezüge zu zahlen.

Auch wenn das Hauptverfahren noch ansteht, bin ich bereits jetzt der Auffassung, dass eine Weiterbeschäftigung des Herrn Z1x bei der Stadt D1xxxxx nicht möglich ist.

Bei Herrn Z1x handelt es sich zweifelsfrei um Delikte gegen das Betäubungsmittelgesetz (sogenanntes Dealen). Derartige Mitarbeiter schädigen das Ansehen der Stadt D1xxxxx erheblich und sind bei uns nicht mehr tragbar. Auch die Mitarbeiter/-innen im Arbeitsumfeld des Herrn Z1x bedürfen des Schutzes, zumal es sich hier auch um Auszubildende in den Berufen Straßenbauer, Landschaftsgärtner und Mechaniker handelt.

Des weiteren werden in diesem Bereich Schülerpraktikanten/-innen und Zivildienstleistende eingesetzt. Darüber hinaus erfolgen die Arbeiten des Herrn Z1x auf Schulflächen aller Art sowie Kindergärten. Insgesamt gibt es also viele Kontaktpersonen. Auch die Kollegen im Team lehnen eine Zusammenarbeit mit Herrn Z1x ab.

Unter Abwägung aller Gesichtspunkte, vor allen Dingen im Hinblick auf die Fürsorgepflicht der Stadt D1xxxxx gegenüber der mit Herrn Z1x in Kontakt kommenden Mitarbeiter und sonstigen Personen, vor allem der Jugendlichen und Schüler, und der möglichen Auswirkungen auf das Ansehen der Stadt D1xxxxx sehe ich keine Alternative zur ordentlichen Kündigung.

Ich bitte hiermit um Zustimmung.”

Nach seiner Sitzung vom 15.03.2006 teilte der Personalrat der Beklagten seine Absicht mit, der Maßnahme nicht zuzustimmen. Am 20.03.2006 fand eine Erörterung zwischen Bürgermeister und Personalrat statt. Zwischen den Parteien ist streitig, ob für den Personalrat ausschließlich der Personalratsvorsitzende oder alle Personalratsmitglieder teilnahmen.

Mit Beschluss vom 20.03.2006 (Bl. 72 d.A.) stimmte der Personalrat der Maßnahme zu.

Mit Schreiben vom 24.03.2006 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.06.2006.

Mit Urteil vom 08.05.2006, wegen dessen Einzelheiten auf die von dem Kläger mit Schriftsatz vom 13.02.2007 vorgelegte Kopie (Bl...

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