Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahlung von sittenwidrigem Lohn. Sittenwidrigkeit einer Vergütungsvereinbarung. Ausbeutung der Zwangslage oder der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen
Normenkette
BGB §§ 138, 138 Abs. 1, § 612
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Entscheidung vom 23.08.2012; Aktenzeichen 1 Ca 687/12) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 23.08.2012 - 1 Ca 695/12 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Restvergütungsansprüche der Klägerin.
Die Beklagte, die nicht tarifgebunden ist, betreibt in P1 einen Großhandelsmarkt, den SB-Zentralmarkt E. F1.
Die am 06. Juni 1959 geborene Klägerin wurde mit Wirkung zum 18. Juli 2007 als Kassiererin zu einem Stundenlohn von 6,50 €, maximal 400 € im Monat im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung eingestellt, wobei die gesetzlich festgelegten Pauschalbeträge zur Sozialversicherung vereinbarungsgemäß die Beklagte zu tragen hat.
Der Klägerin wurde bei Abschluss des Arbeitsvertrages mitgeteilt, dass sie eine Arbeitszeit von 61,50 Stunden pro Monat hat. Einigkeit bestand zwischen den Parteien beim Abschluss des Arbeitsvertrages auch darüber, dass der Vertrag so ausgestaltet war, dass die Klägerin maximal eine Vergütung in Höhe von 400,00 EUR pro Monat erzielen konnte. Bei dem bisherigen Stundenlohn von 6,50 EUR und einer monatlichen Arbeitszeit von 61,5 Stunden verdiente die Klägerin monatlich 399,75 EUR, die ihr netto ausgezahlt wurden.
Mit Schreiben vom 22.12.2011 machte die Klägerin ohne Erfolg Restvergütungsansprüche für die Zeit vom September bis November 2011, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld in einer Gesamthöhe von 1549,81 unter Fristsetzung bis zum 05.01.2012 geltend.
Seit dem 01.02.2013 erhält die Klägerin einen Stundenlohn von 7,30 €.
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Vergütungsdifferenzansprüche für die Zeit von Januar 2009 bis einschließlich Juni 2012 geltend.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung, nach der ihr ein Stundenlohn von 6,50 EUR zustehe, sittenwidrig und damit unwirksam sei. Denn die gezahlte Vergütung entspreche nicht einmal 2/3 der üblicherweise gewährten Vergütung. Die Beklagte selbst zahle ihren vollzeitbeschäftigten Kassiererinnen einen Stundenlohn im Bereich von 13,30 EUR bis 13,80 EUR brutto. Da ihr mindestens ein Anspruch nach der Gehaltsgruppe 2 der tariflichen Bestimmung für den Groß- und Außenhandel NRW zustehe, stelle der gezahlte Stundenlohn von 6,50 EUR eine sittenwidrige Vergütung dar.
Eine weitere Benachteiligung der geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer bestehe darin, dass Teilzeitkräfte, die oberhalb der geringfügigen Grenze beschäftigt würden, für geleistete Mehrarbeit zumindest teilweise eine Vergütung erhielten, während bei geringfügigen Kräften dieses vollständig abgelehnt werde, obwohl die Beklagte auch diese Kräfte würden teilweise zum Bereitschaftsdienst heranziehe.
Keiner der geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer habe seit dem Jahre 2009 eine der intern ausgeschriebenen Stellen mit einem größeren Beschäftigungsumfang erhalten, was ebenfalls eine Diskriminierung der geringfügig Beschäftigten sei, die bei der Dienstplangestaltung benachteiligt würden.
Schließlich werde sie auch hinsichtlich des Urlaubs gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen benachteiligt. Sie erhalte nur zwölf Tage Urlaub im Jahr, während die Beschäftigten üblicherweise einen sechswöchigen Jahresurlaub bekämen.
Die Tatsache, dass sie als geringfügig Beschäftigte lediglich einen Nettolohn erhalte, stehe der Annahme der Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung nicht entgegen, da dieser Umstand lediglich dazu geführt habe, dass der Staatskasse Steuereinnahmen entzogen und den Sozialversicherungsträgern Beiträge vorenthalten worden seien. Von der sittenwidrigen Bezahlung profitiere letztlich aber nur die Beklagte.
Da die vereinbarte Vergütung sittenwidrig sei, stehe ihr ein Anspruch auf Zahlung der tariflichen Vergütung nach der Gehaltsgruppe 2 zu. Die Differenz zwischen der gezahlten und der tariflich geschuldeten Vergütung betrage für das Jahr 2009 EUR 2.059,02, für das Jahr 2010 EUR 4.498,76, für das Jahr 2011 EUR 4.430,48 und für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2012 in der zunächst geltend gemachten Höhe von EUR 2306,28. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Anspruchshöhe wird auf den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 17.07.2012 (Bl. 31, 32 d.A.) sowie Seite 4 - 6 der Berufungsbegründungsschrift vom 28.11.2012 (Bl. 69 - 71 d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.059,02 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 16.01.2010 zu zahlen,
2.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 4.284,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 16.05.2011 zu zahlen,
3.
die Beklagte zu verurteilen, an die Kläg...