Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung bei Mitwirkung des Arbeitgebers an der Auswahl von in einem anderen Unternehmen einzustellenden Arbeitnehmern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung steht nicht entgegen, dass ein Unternehmen, das den von ihm geführten Betrieb stilllegt und alle Arbeitnehmer entlässt, bei der Auswahl von Arbeitnehmern mitwirkt, die nach dem Ausspruch der Kündigungen in einem anderen Unternehmen eingestellt werden, sofern kein Betriebs(teil-) übergang i.S.d. § 613a BGB vorliegt und die Grundsätze über den konzernbezogenen Kündigungsschutz nicht eingreifen.

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 04.09.2019; Aktenzeichen 3 Ca 2172/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 04.09.2019 - 3 Ca 2271/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger streitet mit der Beklagten 1) über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung und über einen Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs. In der Berufungsinstanz streitet der Kläger zudem mit der Beklagten zu 2) darüber, ob das Arbeitsverhältnis, das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) begründet wurde, nunmehr zu gleichen Bedingungen mit der Beklagten zu 2) fortbesteht.

Der Kläger wurde am 10.08.19XX geboren; er ist verheiratet und zwei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.09.1984 war er als Prozesstechniker für die Beklagte zu 1) bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig. Er bezog zuletzt eine monatliche Vergütung in Höhe von 7.300,00 Euro brutto.

Die Beklagten sind Unternehmen der Automobilzuliefererbranche und gehören der E-Unternehmensgruppe an. Obergesellschaft der E-Unternehmensgruppe ist die E Automotive Systems LLC mit Sitz in N .

Alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 1) ist die E I GmbH. Alleinige Gesellschafterin der E I GmbH ist wiederum die E Operating LLC. Die Beklagte zu 1) ihrerseits ist alleinige Gesellschafterin der E Automotive R GmbH.

Alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu 2) ist die E Automotive Holding GmbH & Co. KG. Deren alleinige Gesellschafterin ist die E Automotive Holdings U.K. Ltd.

Mit ihrer Gesellschafterin, der E I GmbH (im Folgenden: DHG GmbH), unterhielt die Beklagte zu 1) einen Gemeinschaftsbetrieb in R. Dort waren zuletzt etwa 268 Arbeitnehmer beschäftigt, u.a. auch der Kläger. In dem R Gemeinschaftsbetrieb war ein Betriebsrat gewählt. Zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft, der E Automotive R Leisten und Blenden GmbH (im Folgenden: E L&B GmbH), unterhielt die Beklagte zu 1) einen weiteren Gemeinschaftsbetrieb in M, in dem zuletzt 93 Mitarbeiter beschäftigt waren. Die Beklagte zu 2) führt einen Betrieb in E.

Die Beklagte zu 1) trat gegenüber in- und ausländischen Automobilherstellern als Zulieferer von Produkten aus dem Geschäftsbereich Leisten und Blenden auf, die durch ihre Tochtergesellschaft hergestellt wurden und fakturierte für die inländischen Gesellschaften der E-Gruppe an die Kunden. Darüber hinaus nahm sie auch betriebsübergreifende Aufgaben für die E-Gruppe wahr, etwa aus den Bereichen Einkauf, Akquise von Kundenaufträgen und Projekten sowie die technische Planung und Entwicklung von neuen Produkten nebst entsprechenden Produktionsverfahren. Sie betrieb dazu u.a. einen Werkzeugbau, in dem zuletzt ca. 88 Arbeitnehmer beschäftigt waren. Der R Standort, an dem sowohl die Beklagte zu 1) als auch ihre Tochtergesellschaft, die E L&B GmbH betrieblich tätig waren, hatte eine Größe von 20.160 qm. Der Kläger war dort im Bereich Process Engineering tätig. Die Arbeitsaufgaben in diesem Bereich bestanden darin, das Layout für die Produktionswerke zu erstellen, das erforderliche Werkzeug in der notwendigen Qualität für die Produktion zur Verfügung zu stellen sowie die Änderungswünsche von Kunden zu koordinieren und zu steuern.

Nachdem im Jahr 2017 verschiedene Restrukturierungsversuche der E L&B GmbH betreffend die Standorte R und M gescheitert waren und im September 2017 außerdem ein Großbrand in dem Werk der E L&B GmbH in R zwei bedeutende Produktionsanlagen zerstört hatte, traf die Obergesellschaft der E-Gruppe, die E Automotive Systems LLC, im April 2018 die Entscheidung, die Standorte in R und T nur noch bis zum 30.04.2019 fortzuführen und zu finanzieren. Mit Gesellschafterbeschlüssen vom 23./24. April 2018 wies sie unter anderem die Geschäftsführung der Beklagten zu 1) an, den gesamten operativen Geschäftsbetrieb, einschließlich der Beteiligung an Gemeinschaftsbetrieben, zum 30.04.2019 einzustellen.

Unter dem 16.04.2018 hatte Frau M(CEO der E Automotive Systems LLC) unter dem Briefkopf der Obergesellschaft Kunden der Beklagten zu 1) angeschrieben und u.a. mitgeteilt, dass die Weiterbelieferung der Kunden durch andere Standorte der E-Unternehmensgruppe sichergestellt sei; es gebe Übergangspläne für alle Programme. Frau M wandte sich überdies im Apr...

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