Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Vereinbarung der Abhängigkeit einer Beteiligung des Arbeitnehmers am Honorar von Mandanten des Arbeitgebers von der tatsächlichen Zahlung des Honorars
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Vergütungsvereinbarung ist sittenwidrig, wenn der Arbeitnehmer mit dem Betriebs- oder Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers belastet wird, indem eine Beteiligung am Honorar der für Mandanten des Arbeitgebers erbrachten Leistungen davon abhängig gemacht wird, dass die Mandanten das Honorar bezahlen.
2. Die Verschwiegenheitspflicht eines als Steuerfachgehilfe beschäftigten Arbeitnehmers über die durch die Bearbeitung von Mandaten erworbenen Informationen aus dem Mandatsverhältnis hindert den Arbeitnehmer nicht daran, die zur Begründung seiner Forderung auf Arbeitsentgelt notwendigen Informationen aus dem Mandatsverhältnis im Prozess gegen seinen Arbeitgeber auch ohne Entbindung von der Schweigepflicht vorzutragen.
Normenkette
BGB §§ 138, 241 Abs. 2; StBerG §§ 57, 62; StGB § 203; ZPO § 138
Verfahrensgang
ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 12.08.2014; Aktenzeichen 5 Ca 672/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 12. August 2014 (5 Ca 672/14) im Tenor zu 2) teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird unter Abweisung des weitergehenden Klageantrages zu 2) verurteilt, an den Kläger 17.144,25 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung von Vergütung.
Der Kläger war als angestellter Steuerfachgehilfe seit dem 1. September 2008 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer arbeitnehmerseitigen Kündigung mit dem Ablauf des 31. März 2014.
Der Kläger erhielt ausweislich der Abrechnung für Oktober 2013 (vgl. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 8. Mai 2014, Bl. 19 d. A.) als monatliche Vergütung ein Grundgehalt von 1.600,00 Euro brutto, einen pauschal versteuerten Zuschuss für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von durchschnittlich 320,00 Euro brutto sowie einen weiteren als "Provision" bezeichneten Vergütungsbestandteil. Diese Provision betrug 30 % der Rechnungen, welche der Kläger den Mandanten für seine Arbeiten erstellte. Zugrunde gelegt wurde der Nettorechnungsbetrag abzüglich einer Auslagenpauschale. Die Abrechnung der Provision wurde vom Kläger gefertigt und dem Geschäftsführer der Beklagen zur Prüfung und Abzeichnung vorgelegt. Nach Abzeichnung wurde sie an die für die Gehaltsabrechnung zuständige Stelle weitergeleitet, welche dann die Abrechnung vornahm und die Auszahlung veranlasste. Ausweislich der Abrechnung für den Monat Oktober 2013 erhielt der Kläger eine "Provision" von 2.366,75 Euro; die Jahressumme dieses Vergütungsbestandteils betrug bis Oktober 2013 35.978,14 Euro brutto (55.174,84 Euro Gesamtbrutto abzüglich 16.000,00 Euro Grundgehalt sowie abzüglich 3.196,70 Euro Fahrtkostenzuschuss [55.174,84 Euro Gesamtbrutto abzüglich 51.977,44 Euro Lohnsteuerbrutto]), d.h. im Durchschnitt pro Monat rund 3.600,00 Euro brutto.
Mit seiner am 24. März 2014 beim Arbeitsgericht Iserlohn eingegangenen Klage hatte der Kläger zunächst die Vergütung für den Monat Februar 2014 geltend gemacht. Die Beklagte wurde durch das hier angefochtene Urteil insoweit zwischenzeitlich rechtskräftig zur Zahlung verurteilt. Gegenstand der Berufung ist die am 9. Mai 2014 eingegangene Klageerweiterung, mit der der Kläger noch ausstehende Zahlungen von "Provision" verlangt hat. Der Kläger hat unter Berufung auf die zwischen den Parteien bestehende Abrede eine mit "Unbezahlte Rechnungen Stand 31.12.2013" überschriebene Aufstellung zur Akte gereicht (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 8. Mai 2014, Bl. 21 d. A.), in der er die Namen der Mandanten, die - schlagwortartig umschriebene - erbrachte Leistung, die Rechnungsnummer und den Rechnungsbetrag genannt hat. Eine Rechnung stammt aus 2010 über einen Betrag von 463,65 Euro, die restlichen Rechnungen stammen aus den Jahren 2011 bis 2013. Nach Abzug einer zu viel abgerechneten Pauschale für einen Mandanten endet die Aufstellung mit einem als "offene Umsätze" bezeichneten Betrag von 57.611,18 Euro, aus dem Kläger eine "Provision" von 17.283,35 Euro brutto begehrt.
Der Kläger hat erstinstanzlich insoweit beantragt,
die Beklagte zu verurteilten, an ihn 17.283,35 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben, soweit die Rechnungen aus dem Jahr 2010 stammen. Zudem bestehe die Abrede, dass der Kläger 30 % des erledigten, abgerechneten und gezahlten Umsatzes erhalte. Darüber hinaus hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass das Gericht den Vortrag des Klägers zur Begründung seines Anspruchs nicht berücksichtigen dürfe, weil dieser gegen seine Verschwiegenheitspflicht gemäß § 57 Abs. 1 ...