Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltungsanspruch. Vererblichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Aus der geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Urlaubsabgeltungsanspruch des langandauernd arbeitsunfähigen Arbeitnehmers folgt die Vererblichkeit des Abgeltungsanspruchs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4; BGB § 1922

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Aktenzeichen 2 Ca 1497/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.09.2011; Aktenzeichen 9 AZR 416/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird hinsichtlich des Hauptantrages als unzulässig zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte auf den Hilfsantrag hin verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach Herrn T1 H1 3.230,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.06.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 87 %, die Klägerin zu 13 %.

Die Revision wird hinsichtlich der Zahlungsverurteilung zugelassen.

Soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Urlaubsabgeltungsanspruch.

Die Klägerin ist gemeinsam mit ihrem am 30.09.1988 geborenen Sohn Erbin des am 16.04.2009 verstorbenen T1 H1, ihres Ehemannes.

Der Ehemann der Klägerin war seit dem 23.04.2001 bei der Beklagten als Kraftfahrer zu einem durchschnittlichen Monatsgehalt von 2.000,– EUR brutto beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Ehemann der Klägerin ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen oder von 28 Arbeitstagen zustand. Am 14.04.2008 erkrankte der Ehemann der Klägerin und war durchgängig bis zum 16.04.2009, dem Tag seines Todes, arbeitsunfähig. Ihm war weder der Urlaub des Jahres 2008 noch der des Jahres 2009 gewährt worden.

Mit Schreiben vom 22.08.2009 forderte die Klägerin die Beklagte auf, den Urlaub ihres Ehemannes für die Jahre 2008 und 2009 abzugelten. Diese Forderung wies die Beklagte mit Schreiben vom 03.06.2009 zurück. Mit ihrer am 17.06.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Auf der Grundlage eines jährliches Urlaubsanspruchs von 30 Arbeitstagen berechnet sie den Abgeltungsanspruch für 2008 und anteilig für 2009 mit 3.692,31 EUR brutto.

Durch Urteil vom 16.10.2009, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, da die Klägerin den in Frage stehenden Anspruch als Erbin in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft klageweise geltend machen könne. Eine Leistung an sich allein, die sie mit dem Hauptantrag begehre, könne sie solange die Erbengemeinschaft bestehe, aber nicht verlangen. Jedoch habe auch die Erbengemeinschaft keinen Urlaubsabgeltungsanspruch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB erworben. Der dem Ehemann der Klägerin zustehende Urlaubsanspruch sei mit dessen Tod erloschen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestehe der Inhalt des Urlaubsanspruchs nach §§ 1, 3 BUrlG in der Beseitigung der Arbeitspflicht für die Dauer der Urlaubszeit. Die Arbeitspflicht sei regelmäßig an die Person des Arbeitnehmers gebunden, sodass sie nach seinem Tod nicht mehr entstehe, der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch also auch nicht mehr erfüllen könne. Hieraus ergebe sich zugleich, dass der Ehemann der Klägerin auch keinen Abgeltungsanspruch erworben habe. Ein solcher setze voraus, dass der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses lebe. Schließlich habe dem Erblasser auch kein Schadensersatzanspruch zugestanden. Die Beklagte habe die Unmöglichkeit der Abgeltung nicht schuldhaft verursacht. Diese folge allein aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Ehemanns der Klägerin.

Gegen dieses, ihr am 27.10.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.11.2009 Berufung eingelegt und diese am 28.12.2009 begründet.

Sie steht auf dem Standpunkt, dass nach den Vorgaben des Gemeinschaftsrechtes die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Problematik der Urlaubsabgeltung nach dem Tod des Arbeitnehmers zu überdenken und teilweise abzuändern sei. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG eröffne die finanzielle Vergütung von Mindesturlaub bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Urlaubsanspruch des verstorbenen Ehemannes der Klägerin für das Jahr 2008 habe sich nach Ablauf des Übertragungszeitraums in einen nach § 1922 BGB übertragbaren Vermögensanspruch umgewandelt, was entsprechend für den anteiligen Urlaubsanspruch des Jahres 2009 beim Tod gegolten habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 16.10.2009, 2 Ca 1497/09, aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3.692,31 EUR brutto Urlaubsabgeltung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über ...

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