Entscheidungsstichwort (Thema)

keine Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Im bestehenden Arbeitsverhältnis erlischt der Urlaubsanspruch mit dem Tod des Arbeitnehmers. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch, der auf die Erben übergehen könnte, kann daher gar nicht erst entstehen.

Dies gilt auch nach Aufgabe der Surrogatstheorie (a. A. LAG Hamm 22.04.2010 – 16 Sa 1502/09).

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4; BGB § 1922

 

Verfahrensgang

ArbG Erfurt (Urteil vom 09.07.2010; Aktenzeichen 8 Ca 1955/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.03.2013; Aktenzeichen 9 AZR 532/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 9. Juli 2010 – 8 Ca 1955/09 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerinnen gesamtschuldnerisch in Höhe von 62,18 v. H. und die Beklagte in Höhe von 37,82 v. H..

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerinnen gesamtschuldnerisch in Höhe von 96,62 v. H. und die Beklagte in Höhe von 3,38 v. H..

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Nachdem sich die Parteien über die Zahlung einer Unterstützung im Sterbefall verglichen haben, streiten sie nunmehr noch über Urlaubsabgeltungsansprüche.

Die Klägerinnen machen als Erbengemeinschaft Urlaubsabgeltungsansprüche ihrer verstorbenen Mutter geltend. Diese war seit dem 4. Oktober 2006 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte in der Funktion einer Promotionsmitarbeiterin mit einer monatlichen Bruttovergütung von zunächst 1.500,00 EUR und ab September 2007 mit 1.530,00 EUR beschäftigt. Die Arbeitsvertragsparteien vereinbarten in § 5 des Arbeitsvertrages einen Urlaubsanspruch von 28 Werktagen und eine Anrechnung von sechs Urlaubstagen pro Urlaubswoche.

Die Arbeitnehmerin war seit dem 10. Februar 2007 durchgängig bis zu ihrem Tod arbeitsunfähig erkrankt. Mit Wirkung zum 14. August 2008 (Bl. 32 d. A.) erfolgte die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 zum 31. Dezember 2009. Die Arbeitnehmerin wandte sich mit vorstehender Klage gegen diese Kündigung und machte mit der am 11. Dezember 2009 eingegangenen Klageerweiterung Urlaubsgewährung für die Kalenderjahre 2007 bis 2009, hilfsweise Urlaubsabgeltung geltend.

Am 20. Januar 2010 verstarb die Arbeitnehmerin.

Das Arbeitsgericht stellte mit inzwischen rechtskräftigem Teilanerkenntnisurteil vom 2. Februar 2009 fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der Erblasserin und der Beklagten nicht durch die Kündigung vom 22. Oktober 2009 zum 31. Dezember 2009 aufgelöst wurde, sondern mit dem Tod der Erblasserin am 20. Januar 2010 sein Ende gefunden hat.

Nach Aufnahme des Verfahrens durch die beiden Töchter als Erbengemeinschaft und Rechtsnachfolger der verstorbenen Arbeitnehmerin wurde die Klage mit Schriftsatz vom 30. Mai 2010, der Beklagten am 4. Juni 2010 zugestellt, auf Abgeltung eines Urlaubstages für 2006 und Zahlung einer Unterstützung im Sterbefall gem. § 7 des Arbeitsvertrages erweitert.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 181 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 184 ff. d. A.) verwiesen.

Gegen das ihnen am 31. August 2010 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 14. August 2010 Berufung eingelegt und die Berufung am 5. Dezember 2010 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf den am 31. Oktober 2010 eingegangenen Antrag bis 6. Dezember 2010 verlängert worden war.

Die Klägerinnen sind unter Bezugnahme auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. April 2010 (6 Sa 1502/09) der Auffassung, nach Aufgabe der Surrogatstheorie handele es sich bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch um eine Geldleistung ohne strikte Zweckbindung. Sie sei als eine Art finanzielle Abfindung für die nicht bis zur Beendigung erfüllten Urlaubsansprüche anzusehen. Damit sei unerheblich, dass die Arbeitspflicht und auch die Befreiung von ihr höchst persönlicher Natur sei. Die Abgeltung falle nach der Änderung der Rechtsprechung als bloße Geldforderung ebenso wie der Anspruch auf Urlaubsentgelt in den Nachlass.

Die Klägerinnen beantragen,

auf die Berufung der Klägerinnen wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 09.07.2010 (Az.: 8 Ca 1955/09) abgeändert und

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen als Erbengemeinschaft für das Kalenderjahr 2006 Urlaubsabgeltung über einen Urlaubstag in Höhe von 74,31 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen als Erbengemeinschaft für das Kalenderjahr 2007 Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.080,62 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
  3. Die Beklagte wird verurteilt, an di...

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