Leitsatz (amtlich)
Fördert ein Tarifvertrag zur Wahrung einer tariflichen Ausschlußfrist die schriftliche Geltendmachung (so § 23 RTV Gebäudereinigerhandwerk), so ist hierzu die Übermittlung eines Telefaxes nicht ausreichend.
Normenkette
BGB § 125 S. 1, § 126; TVG § 4
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 22.05.1997; Aktenzeichen 1 Ca 4312/95) |
Tenor
Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 22.05.1996 – 1 Ca 4312/95 – werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 60/100, die Beklagte 40/100.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 456,26 DM festgesetzt.
Für den Kläger wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage nimmt der Kläger, welcher als Reinigungskraft im Reinigungsunternehmen der Beklagten tätig ist, die Beklagte auf Zahlung tariflicher Vergütung für die Monate September und Oktober 1995 in Anspruch. Nachdem die Beklagte im zweiten Rechtszuge die Anwendbarkeit des allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk nicht mehr in Zweifel gezogen hat, beschränkt sich der Streit der Parteien auf die Frage, inwiefern gezahlte „freiwillige Leistungen” auf die tariflichen Ansprüche des Klägers anzurechnen sind und ob zur Wahrung der tariflichen Ausschlußfrist des § 23 RTV Gebäudereinigerhandwerk, welcher eine schriftliche Geltendmachung fordert, die Übersendung eines Telefaxes ausreichend ist.
Durch Urteil vom 22.05.1996, auf welches wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht dem Kläger antragsgemäß restliche Arbeitsvergütung für den Monat Oktober 1995 in Höhe von 274,44 DM brutto nebst Zinsen zugesprochen und im übrigen – wegen der Septembervergütung – die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt worden, das Reinigungsunternehmen der Beklagten werde vom betrieblichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk erfaßt. Auf der Grundlage des allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrages stehe dem Kläger der verlangte Stundenlohn von 13,46 DM brutto zu. Damit ergebe sich zugunsten des Klägers der geltend gemachte Differenzbetrag. Soweit die Beklagte ausweislich der erteilten Lohnabrechnung 10/95 eine „freiwillige Leistung” in Höhe von 805,35 DM brutto erbracht habe, stelle dies keine Erfüllung der streitigen Vergütungsforderung dar. Vielmehr sei die Beklagte an die von ihr selbst getroffene Leistungsbestimmung – Zahlung eines übertariflichen Urlaubsgeldes – gebunden. Demgegenüber könne der Kläger für den Monat September 1995 keine Ansprüche mehr geltend machen, da diese gemäß § 23 RTV Gebäudereinigerhandwerk verfallen seien. Nachdem die Beklagte bestritten habe, das Geltendmachungsschreiben vom 14.12.1995 erhalten zu haben, sei der Kläger für seine entsprechende Behauptung beweisfällig geblieben.
Gegen das ihm am 07.06.1996 zugestellte Urteil richtet sich die vom Arbeitsgericht zugelassene, am Montag, den 08.07.1996 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.09.1996 an diesem Tage eingelegte Berufung des Klägers. Die Beklagte, welcher das Urteil des Arbeitsgerichts ebenfalls am 07.06.1996 zugestellt worden ist, hat hiergegen zunächst am 04.07.1996 Berufung eingelegt und diese sodann mit Schriftsatz vom 05.09.1996 zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 27.11.1996 hat die Beklagte sodann Anschlußberufung in Höhe eines Betrages von 181,82 DM eingelegt.
Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen den Standpunkt des Arbeitsgerichts, der Vergütungsanspruch für den Monat September 1995 sei aufgrund tariflichen Verfalls erloschen. Hierzu trägt der Kläger unwidersprochen vor, am 14.12.1995 seien der Beklagten per Telefax das unterzeichnete Anschreiben der Gewerkschaft (Bl. 101 d.A.) sowie die nicht unterzeichneten Entwürfe der Klageschriften für die im Anschreiben genannten Personen – hierzu gehört auch der Kläger – übersandt worden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Vergütung für den Monat September spätestens am 15.10.1995 fällig geworden sei, sei damit die zweimonatige Frist zur schriftlichen Geltendmachung der Septembervergütung gewahrt. Der Standpunkt der Beklagten, zur Wahrung der tariflich geforderten Schriftform sei ein Telefax nicht ausreichend, werde den Bedürfnissen der Praxis nicht gerecht.
Der Kläger beantragt.
das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 22.05.1996 –1 Ca 4312/95 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, über die im Urteil zugesprochene Summe hinaus an den Kläger weitere 238,71 DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, das per Telefax übersandte Begleitschreiben vom 14.12.1995 erfülle nicht die geforderte gesetzliche Schriftform. Zudem sei zur Wahrung der Schriftform die bloße Bezugnahme im unterzeichneten Begleitschreiben auf den beigefügten Klageentwurf nicht ausreichend.
Im Wege der Anschlußberufung begehrt die Beklagte die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils hinsichtli...