Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, Direktionsrecht, Rechtsmissbrauch, Verwirkung, Eingruppierung
Leitsatz (amtlich)
Die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT darf als tarifvertragliches Gestaltungsmittel nicht funktionswidrig verwendet werden. Sie bedarf eines sachlichen Grundes für die Übertragung selbst und für die Dauer der Übertragung. Bei der Übertragung von Daueraufgaben liegt ein solcher sachlicher Grund nicht vor.
Werden bei einer gestaffelten Kettenvertretung von dem Letztvertretenen Daueraufgaben wahrgenommen, so handelt es sich bei den Vertretungen in den unteren Ebenen ebenfalls um Daueraufgaben.
Die Erprobung eines Angestellten kann ein sachlicher Grund für die vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten nach § 24 Abs. 1 BAT sein.
Zum Zeitpunkt der Übertragung muss die Dauer der Probezeit feststehen. Überschreitet die Probezeit die Dauer von sechs Monaten, so ist eine besondere Begründung hierfür erforderlich.
Normenkette
BGB §§ 242, 315 Abs. 1, 3; BAT §§ 22, 24
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 11.08.2000; Aktenzeichen 3 Ca 273/00) |
Nachgehend
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 17.08.2000 – 3 Ca 273/00 – wird das Urteil wie folgt neu gefasst:
Das beklagte Land ist verpflichtet, an die Klägerin ab 01.01.2000 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c BAT/BL und ab dem 01.11.2000 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT/BL zu zahlen.
Die Kosten der Berufung werden dem beklagten Land auferlegt mit Ausnahme der Kosten, die durch die teilweise Rücknahme der Klage entstanden sind und die die Klägerin zu tragen hat.
Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung der Klägerin.
Die am 21.01.12xx geborene Klägerin trat nach ihrem Abitur am 11.08.1991 als Auszubildende in dem Ausbildungsberuf „Verwaltungsfachangestellte/Fachzweig Versorgungsverwaltung” in die Dienste des beklagten Landes. Ausgebildet wurde sie beim V1xxxxxxxxxxxx in D3xxxxxx. Am 05.07.1994 bestand sie die Abschlussprüfung mit der Gesamtnote „gut”.
Unter dem 04.07.1994 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag (Bl. 140 f d.A.), mit dem die Klägerin ab 06.07.1994 als vollbeschäftigte Angestellte auf unbestimmte Zeit eingestellt wurde. In dem Arbeitsvertrag ist u.a. weiter geregelt:
„…
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.
…
§ 4
Die Angestellte ist in der Vergütungsgruppe VIII, 1 a der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT).”
Seit dem 01.01.1997 zahlt das beklagte Land an die Klägerin eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII BAT/BL (s. Mitteilung vom 27.01.1997, Bl. 6 d.A.).
Die Klägerin wurde zunächst zur Einarbeitung unter Aufsicht und Anleitung als „Rentenbearbeiterin” der damaligen Rentengruppe 4 zugewiesen.
Nach der erfolgreichen Einarbeitung arbeitete die Klägerin in der Zeit vom 31.05.1995 bis zum 28.04.1999 als Sachbearbeiterin im Fachbereich der Abteilung 3 Schwerbehindertenrecht und erhielt eine persönliche Zulage nach § 24 Abs. 3 BAT. Wegen der Organisation des V2xxxxxxxxxxxxx D3xxxxxx wird auf die Organigramme Bl. 110 f d. A. verwiesen.
In der Zeit ihres Einsatzes in der Abteilung 3 (Schwerbehindertengesetz) hatte die Klägerin folgende Aufgaben wahrzunehmen:
1. Bearbeitung von Anträgen nach §§ 3, 4 SchwbG auf Feststellung einer Behinderung, des Grades der Behinderung (GdB) und weiterer gesundheitlicher Merkmale sowie Ausweisausstellung Erstanträge) |
55 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit |
2. Bearbeitung von Ändederrungsanträgen (§ 48 SGB X) |
35 % Anteil an Gesamtarbeitszeit |
3. Bearbeitung von Ausweis-Beiblattangelegenheiten |
10 % Anteil an der Gesamtarbeitszeit |
Wegen der Einzeltätigkeiten, der Arbeitsabläufe und der Bewertung der Arbeitsvorgänge wird auf die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 10.04.2001 und dessen Anlagen (Bl. 112 bis 128 d.A.) verwiesen.
Die Parteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass diese Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT/BL entspricht.
In der Zeit vom 28.04.1999 bis zum 31.12.1999 war die Klägerin als Sachbearbeiterin in der Abteilung 4 (Bundeserziehungsgeldgesetz) tätig.
Als Sachbearbeiterin in der Erziehungsgeldkasse war sie zuständig für die Bearbeitung von Anträgen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz und die damit verbundene Beratung von Bürgern.
Wegen der Einzeltätigkeiten und der Arbeitsabläufe wird auf die Ausführungen der Klägerin auf Seite 6 bis 14 des Schriftsatzes vom 10.04.2001 (Bl. 112 f d.A.) verwiesen.
Die Parteien sind übereinstimmend der Auffassung, dass diese Tä...