Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitgeberdarlehen. Verfallklause

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitgeberdarlehen, das der Arbeitnehmer zum Erwerb von Möbeln und zur Tilgung von Verbindlichkeiten erhält, unterfällt nicht der Ausschlussfrist in § 15 Ziffer 2 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW vom 01.10.2007.

 

Normenkette

BGB § 488; Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW vom 01.10.2007 § 15 Ziff. 2 d

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Urteil vom 19.02.2010; Aktenzeichen 4 Ca 2615/09)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 10 AZN 1095/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 19.02.2010 – 4 Ca 2615/09 – teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Widerklage wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 6.421,97 EUR nebst Zinsen in Höhe 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.300,70 EUR seit dem 18.05.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten, die die Klägerin trägt.

Die Revision wird nicht zulassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Rückzahlungsansprüche aus einem dem Beklagten von der Klägerin gewährten Darlehen sowie – widerklagend – um Auskunfts- und Zahlungsansprüche des Beklagten.

Der Beklagte war bei der Klägerin vom 08.10.2007 bis zum 15.09.2008 tätig. Die Beklagte betreibt den Handel und Service sowie die Reparatur von und mit Bau- und Industriemaschinen aller Art. Sie erwirbt gebrauchte Baumaschinen, stellt sie instand und veräußert sie im In- und Ausland. Der Beklagte war für die Klägerin als Verkäufer mit dem Vertrieb der Baumaschinen weltweit – vorwiegend im französischsprachigen Ausland – beschäftigt.

Die Klägerin gewährte dem Beklagten am 18.10.2007 ein Darlehen über 1.140,00 EUR. Das Darlehen war mit 6 % jährlich zu verzinsen. Das Darlehen einschließlich der Zinszahlungen waren vom Beklagten monatlich mit 50 EUR zu bedienen. Der Beklagte verwandte den Darlehensbetrag, um Möbel zu erwerben.

Auf Bitten des Beklagten gewährte die Klägerin diesem im April 2008 ein weiteres Darlehen über 6.500 EUR, das ebenfalls mit 6 % jährlich zu verzinsen war. Auf dieses Darlehen nebst Zinsen waren vom Beklagten monatlich 150,00 EUR zu zahlen. Den Darlehensbetrag zahlte die Klägerin unmittelbar an zwei Gläubiger des Beklagten aus, denen der Beklagte 2.500,00 EUR sowie 4.000,00 EUR schuldete.

Die Tilgungszahlungen des Beklagten wurden monatlich mit seinen Gehaltsansprüchen verrechnet, letztmalig mit den Ansprüchen für August 2008. Das erste Darlehen valutierte am 15.09.2008 noch mit 611,75 EUR. Für die Zeit vom 15.09.2008 bis zum 31.12.2008 beliefen sich die Zinsen auf 10,61 EUR. Das zweite Darlehen wies am 15.09.2008 noch eine Restschuld von 5.688,96 EUR auf. Vom 15.09.2008 bis zum 31.12.2009 fielen Zinsen in Höhe von 99,56 EUR an.

In Ziff. 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.10.2007, wegen dessen weiteren Inhalts auf Bl. 15 f. der Gerichtsakte Bezug genommen wird, nahmen die Parteien unter der Überschrift „Lohn” Folgendes auf:

„Im Übrigen richtet sich der Arbeitsvertrag nach den jeweils geltenden Tarifverträgen in der in Frage kommenden Sparte.”

§ 15 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW vom 01.10.2007 (im Folgenden: MTV) enthält zur Fälligkeit und zum Erlöschen von Ansprüchen folgende Regelung:

„Der Anspruch auf vorgenannte Vergütungen sowie alle sonstigen gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind binnen 3 Monaten nach Fälligkeit dem anderen Vertragspartner gegenüber schriftlich geltend zu machen.”

Mit Schreiben vom 16.02.2010, dem Kläger am 17.02.2010 zugegangen, stellte die Klägerin das Darlehen zum 15. März 2009 fällig und forderte den Kläger auf, den noch offenen Betrag bis zum 15.03.2009 auf eines ihrer Konten zur Verfügung zu stellen. Mit ihrer Klage forderte die Klägerin vom Beklagten Rückzahlung des noch offenen Darlehensbetrags nebst der vom 15.09.2009 bis zum 31.12.2009 aufgelaufenen Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 507,50 EUR.

Die Klägerin hat die Auffassung geäußert, der Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel NRW finde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Er sei nicht allgemeinverbindlich. Auch sei er nicht einzelvertraglich vereinbart. Die Regelung unter Ziff. 3 des Arbeitsvertrages erfasse ausschließlich Lohnansprüche und solche, die damit im Zusammenhang stünden. Doch selbst dann, wenn die Ausschlussfrist zur Anwendung käme, wäre der Darlehnsrückzahlungsanspruch nicht erfasst. Voraussetzung dafür wäre, dass das Darlehen im Hinblick auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis und für dessen Zwecke gewährt worden wäre. Das sei hier nicht der Fall. Letztlich wären die Rückzahlungsansprüche aber auch noch rechtzeitig geltend gemacht worden. Da keine vertragliche Vereinbarung über die Rückzahlung des Darlehens get...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge