Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Interessenausgleich mit Namensliste. Anforderungen an die Betriebsratsanhörung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist nach Auffassung des Arbeitgebers im Fall einer betriebsbedingten Kündigung der zu Kündigende mit keinem anderen Arbeitnehmer vergleichbar, muss er dem Betriebsrat keine Auswahlgesichtspunkte im Rahmen der Kündigungsanhörung mitteilen.

 

Normenkette

KSchG § 1; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Urteil vom 28.01.2010; Aktenzeichen 3 Ca 971/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 28.01.2010 – 3 Ca 971/09 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Der am 01.12.1962 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 02.01.1996 bei der Beklagten beschäftigt. Er war zuletzt in der Abteilung „Qualitätskontrolle” bei der Beklagten tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zunächst ein am 07.12.1995 geschlossener befristeter Arbeitsvertrag. Wegen der Einzelheiten dieses Arbeitsvertrages wird auf Blatt 7 ff der Akten Bezug genommen. Das Arbeitsverhältnis wurde unbefristet fortgesetzt, ohne dass die Parteien weitere schriftliche Vereinbarungen trafen. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung von ca. 2.500,00 Euro brutto.

In der Wareneingangskontrolle arbeiteten neben dem Kläger und dessen Vorgesetzten O1 weitere Mitarbeiter, deren Sozialdaten wie folgt lauten:

Name Alter Betriebszugehörigkeit Familienstand/Unterhaltspflichen

Herr F1 08.02.1958 21.11.1986 verheiratet, 2 Kinder

Herr F2 16.05.1953 06.06.1994 ledig

Herr K1 16.08.1958 18.05.1998 geschieden

Herr K2 15.07.1961 02.01.1996 verheiratet, 2 Kinder

Frau C1 27.11.1955 21.08.1991 verheiratet

Bei der Beklagten, die Küchenmöbel herstellt, waren im Juni 2009 ca. 370 Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gewählt.

Die Beklagte hatte aufgrund der gesunkenen Nachfrage nach Küchenmöbeln ihre Produktionskapazitäten bereits zum 01.10.2008 um ca. 20 % reduziert. Außerdem wurde im Unternehmen der Beklagten von März 2008 bis Ende November 2008 an ca. 40 Tagen Kurzarbeit geleistet. Im Januar 2009 sprach die Beklagte ca. 25 betriebsbedingte Kündigungen aus. Darüber hinaus baute sie durch Aufhebungsverträge und Verzicht auf Neubesetzungen von Stellen ca. 40 weitere Arbeitsplätze ab. In Ergänzung hierzu schloss sie mit der Gewerkschaft IG Metall im Januar 2009 einen Restrukturierungstarifvertrag, durch den tarifliche Leistungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) herabgesetzt und tarifliche Lohnerhöhungen ausgenommen bzw. abgesenkt wurden. In der Folge wurde auch in 2009 Kurzarbeit geleistet.

Im Frühjahr 2009 entschied die Geschäftsleitung der Beklagten, die Produktionskapazität weiter anzupassen, um damit der gesunkenen nationalen und internationalen Nachfrage nach Küchenmöbeln zu entsprechen. Des Weiteren entschied sie am 02.06.2009, zur Reduzierung der Personalkosten insgesamt 36 Stellen abzubauen. Am 08.06.2009 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste sowie einen Sozialplan. Wegen der Einzelheiten des Interessenausgleichs vom 08.06.2009 wird auf Blatt 51 bis 55 der Akten Bezug genommen.

Vor Ausspruch der ersten Kündigung reichte die Beklagte am 09.06.2009 eine Anzeige nach § 17 KSchG bei der Agentur für Arbeit in Herford ein. Mit Bescheid vom 07.07.2009 teilte die Agentur für Arbeit Herford der Beklagten folgendes mit:

Das Urteil hat hier eine Auflistung die aus technischen Gründen nicht eingesetzt werden kann.

Das Urteil kann in vollständiger Form für 12,50 EUR beim Landesarbeitsgericht angefordert werden.

Mit Schreiben vom 09.06.2009, welches dem Betriebsratsvorsitzenden B1 am 09.06.2009 übergeben wurde, hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung des Klägers zum 30.11.2009 an. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens vom 09.06.2009 wird auf Blatt 61 bis 67 der Akten Bezug genommen. Mit Schreiben vom 10.06.2009 teilte der Betriebsrat der Beklagten mit, er habe in seiner Sitzung vom 10.06.2009 beschlossen, der beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung des Klägers zuzustimmen (Blatt 68 der Akten).

Mit Schreiben vom 15.06.2009 erklärte die Beklagte dem Kläger die Kündigung zum 30.11.2009. Hiergegen richtet sich die am 30.06.2009 beim Arbeitsgericht Herford eingegangene Feststellungsklage.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, er nehme die von der Beklagten geschilderte wirtschaftliche Situation des Unternehmens zur Kenntnis. Er bestreite, dass die wirtschaftliche Situation zu einem Überhang an Arbeitskräften geführt habe, durch die mittelbar oder unmittelbar das Bedürfnis an seiner Weiterbeschäftigung entfallen sei. Zudem sei eine von der Beklagten beabsichtigte Organisationsänderung nicht erkennbar. Allein der Entschluss, eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen zu kündi...

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