Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Werkvertrag zur unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung. Unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung führt zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
Von der Arbeitnehmerüberlassung ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags zu unterscheiden. Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt ein abgestuftes System. Aufgrund der zu berücksichtigenden Indizien für das Vorliegen einer Abrede über die Gestellung des Klägers zur Arbeitsleistung und der fehlenden Darlegung der Beklagten zu den zugrunde liegenden Abreden lag die Fallgestaltung der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung auch bereits ab Aufnahme der Tätigkeit vor.
Normenkette
AÜG § 1 Abs. 1 S. 1, § 9 Nr. 1; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 05.12.2012; Aktenzeichen 6 Ca 1016/12) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.12.2012, 6 Ca 1016/12, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Beklagten infolge unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung.
Der Kläger war ab dem 05.08.2008 bei der Firma K1 C1 GmbH, die im ersten Rechtszug zunächst auch vom Kläger in Anspruch genommen worden war, beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung war ein schriftlicher Vertrag vom 04.08.2008, nach dem der Kläger als Hilfskraft mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 39 Stunden in der Woche ausschließlich für das Objekt "A1 Systems" beschäftigt wurde. Der ursprünglich bis zum 31.12.2008 befristete Vertrag wurde sodann unter dem 12.11.2008 bis zum 04.08.2010 verlängert, seit dem 27.07.2010 wird der Vertrag unbefristet fortgeführt.
Zuletzt war der Kläger mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 19,25 Stunden beschäftigt.
Vor Abschluss des Arbeitsvertrages wurde der Kläger personalverantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten vorgestellt, wobei die Einzelheiten der Vorstellung unter den Parteien streitig sind.
Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50. Seit dem 07.03.2011 bezieht er eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 23.05.2012.
Unternehmensgegenstand der Fa. K1 C1 GmbH ist im Wesentlichen die Erbringung von Reinigungsleistungen im Rahmen von Werk-/Dienstverträgen. Sie verfügt nicht über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG.
Diese schloss mit inhaltsgleichen Verträgen vom 11.07.2001 und vom 11.07.2002- der Grund für das Vorhandensein zweier Verträge mit unterschiedlichen Daten war nicht aufklärbar - mit der B1 S1 GmbH eine Rahmenvereinbarung über den Betrieb eines Dienstleistungszentrums.
Die von der Vertragsarbeitgeberin des Klägers hierin übernommenen Leistungen sind in § 3 wie folgt definiert:
"§ 3 LEISTUNGEN DER AUFTRAGNEHMERIN
1. Umfang der Leistungen des Dienstleistungszentrums
Die Auftragnehmerin wird auch folgende, in Anlage 3 näher beschriebenen Leistungen erbringen:
- Unterhaltsreinigung
- Sonderreinigung
- Sanitär-Hygienereinigung
- Großküchenhygiene
- Teppichbodenreinigung
- Industriereinigung
- Maschinen- und Industrieanlagenreinigung
- Außenanlagen: Reinigung von Betriebsflächen, Zufahrten und Parkplätzen
- Dachflächenreinigung und Dachflächenkontrollen
- Glas- und Fassadenreinigung
- Entsorgung im Rahmen des Reinigungsdienstes
- Wäsche- und Textilreinigung
- Gründienst "Innenbegrünung"
- Gründienst "Außenbegrünung"
- Winterdienst
- Sonderbereiche
- Schädlingsbekämpfung
- Veranstaltungsdienst (Umräum- und Service-Leistung)
- Büromaterialverteilung und Kopier(papier)service
- Wartungsarbeiten im Vorbeugenden Brandschutz
....
2. Die jeweilige Leistung wird von der Auftraggeberin durch Einzelauftrag beauftragt. Ein Muster eines Einzelauftrages findet sich inAnlage 6.Die Einzelaufträge können in Leistungsverzeichnissen (vgl. Muster inAnlage7) zusammengefasst werden."
Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen Bl. 1101 ff. und 1462 ff. GA Bezug genommen.
Aufgrund der Rahmenvereinbarung waren die unter dem Bereich der A1 AG im B1 Konzern angesiedelten Gesellschaften in der Lage, durch Buchung einzelner Module auf Grundlage der Rahmenvereinbarung die Dienstleistungen der Fa. K1 C1 GmbH in Anspruch zu nehmen.
Dieser Rahmenvereinbarung schloss sich die Beklagte mit Bestätigungsschreiben vom 22.10.2003 an.
Die Beklagte beauftragte im Oktober 2003 die Fa. K1 C1 GmbH mit Dienstleistungen der Gebäudereinigung.
Darüber hinaus nahm die Beklagte die Fa. K1 C1 GmbH auch mit Arbeiten im Bereich des Facility Managements in Anspruch.
Die Fa. K1 C1 GmbH setzte bei der Beklagten als Objektleiter den Mitarbeiter F1 ein. Dieser war jedoch auch Objektleiter für die Fa. K1 C1 GmbH an mehreren Standorten in G1.
Die Beklagte unterhält einen eigenen Facility Management Bereich, in dem drei eigene Mitarbeiter unter der Führung von Frau S2 beschäf...