Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Verschulden, Mitverschulden, Verletzung bei der Teilnahme an einer Rauferei
Leitsatz (amtlich)
Zieht sich ein Arbeitnehmer bei der Teilnahme an einer Rauferei eine Verletzung zu, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, so hat er die Arbeitsunfähigkeit verschuldet im Sinne des § 3 Abs. 1 EntgFG, wenn er die Rauferei provoziert und aktiv den Beginn der Phase der Tätlichkeiten mit eingeleitet hat.
Normenkette
EntgFZ § 3 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Herford (Urteil vom 27.03.2003; Aktenzeichen 1 Ca 1521/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 27.03.2003 – 1 Ca 1521/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, für die Zeit vom 25.09.2000 bis zum 03.11.2000 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall an den Kläger zu zahlen.
Der am 01.01.1978 geborene Kläger trat am 01.03.1999 als Holzmechaniker in den Betrieb der Beklagten in L2xxx ein. Sein Stundenlohn betrug 27,08 DM bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Das Arbeitsverhältnis ist zwischenzeitlich beendet worden.
Am 24.09.2000 unternahmen Mitarbeiter der Beklagten eine von ihnen so genannte Cola-Fahrt. Diese war aus G1xxxxx einer Getränkekasse im Betrieb der Beklagten finanziert und von den Mitarbeitern der Beklagten selbständig organisiert und durchgeführt worden. Die Fahrt führte zur Gaststätte „M3xxx's D3xxx” in der Nähe des D4xxxx S10x in S3xxxxxx. Gegen 1.30 Uhr wurden die Mitarbeiter mit einem Bus der Firma S4xxxxxxxx mit dem Kennzeichen H5-E1 11x von dieser Gaststätte abgeholt, insgesamt 26 Mitarbeiter. Der Kläger und der Zeuge S5xxxxxx hatten auf der Rückbank des Busses Platz genommen. Auf den Bänken davor saßen die Zeugen K3xxxx und H6xxxxxxxxxx. Aufgrund der ausgelassenen Stimmung wurde auch gesungen. Der Kläger war der lauteste Sänger. Er stimmte ein von ihm selbst gedichtete Lied an, welches sinngemäß lautete: „Ich bin froh, dass ich nicht 40 bin”.
Ein Arbeitskollege des Klägers, der Zeuge A3xxxxx F2xxxxxxx, geboren am 12.01.13xx, der im Mittelbereich des Busses saß, ärgerte sich über den Gesang des Klägers. Er stand auf, ging über den Gang nach hinten zum Kläger und forderte diesen auf, mit dem Lied aufzuhören. Der Kläger antwortete etwa sinngemäß: „Man lebe in einem freien Land” und sang weiter. Es kam dann zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Zeugen F2xxxxxxx, in deren Verlauf der Kläger durch die Heckscheibe des fahrenden Busses stürzte, da sich beim Aufprall seines Körpers auf die Heckscheibe diese sich aus der Verankerung gelöst hatte. Der Kläger fiel auf die Fahrbahn und zog sich verschiedene Verletzungen zu. Nach dem Anhalten des Busses war der Zeuge S5xxxxxx unmittelbar durch die Heckscheibe nach draußen geklettert. Die Zeugen K3xxxx und H6xxxxxxxxxx eilten durch die Tür, um dem Kläger zur Hilfe zu kommen. Der Zeuge K3xxxx rutschte auf Glasscherben aus und verletzte sich ebenfalls. Aufgrund der Verletzung war er zwei Wochen arbeitsunfähig krank.
Der Kläger selbst wies in der Zeit vom 25.09.2000 bis zum 03.11.2000 durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seine Arbeitsunfähigkeit während dieser Zeit der Beklagten gegenüber nach.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den Zeugen F2xxxxxxx – StA Bielefeld 74 Js 1956/00 – ermittelte die Polizei bei dem Kläger eine Alkoholkonzentration zum Unfallzeitpunkt von 2,16 o/oo und bei dem Zeugen F2xxxxxxx von 1,46 o/oo.
In der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Rhaden am 23.10.2001 in der Strafsache gegen A3xxxxx F2xxxxxxx (5 Ds 74 Js 1956/00 – 120/01) wurde das Verfahren gemäß § 153 a StPO vorläufig für die Dauer von vier Monaten eingestellt mit der Maßgabe, dass der Angeklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,– DM, zahlbar in drei monatlichen Raten, an den Kläger zahlt. Nach Zahlung des Schmerzensgeldes wurde das Strafverfahren eingestellt.
Nachdem die Beklagte den Entgeltfortzahlungsanspruch des Klägers für die Zeit vom 25.09.2000 bis 03.11.2000 mit Schreiben vom 16.11.2000 abgelehnt hatte, hat der Kläger am 24.11.2000 die vorliegende Klage erhoben. Wegen der Berechnung der Klageforderung wird auf die Ausführungen des Klägers in der Klageschrift verwiesen.
Der Kläger hat behauptet, Axxxxxxx F2xxxxxxx habe ihn ohne jegliche Vorwarnung aus dem Rückfenster des Busses gestoßen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, aufgrund des eindeutigen alleinigen Fehlverhaltens des A3xxxxx F2xxxxxxx sei die Beklagte verpflichtet, an ihn Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle zu leisten. Dieser Anspruch ergebe sich auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Beklagte auch an den Zeugen K3xxxx Entgeltfortzahlung geleistet habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.907,61 EUR abzüglich seitens der Krankenkasse gezahlter 1.406,40 EUR zu zahlen nebst 5 % Zinsen ...