Die Kosten des Rechtsstreits hat die Verfügungsklägerin zu tragen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Verfügung Weiterbeschäftigung fehlende Vollziehung

 

Leitsatz (amtlich)

Die auf Weiterbeschäftigung gerichtete einstweilige Verfügung bedarf der Vollziehung nach § 929 Abs. 2 ZPO, die regelmäßig durch Zustellung im Parteibetrieb erfolgen muss.

 

Normenkette

ArbGG § 929 Abs. 2, § 936; ZPO § 62 Abs. 2; ArbGG § 85 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Urteil vom 21.01.2005; Aktenzeichen 4 Ga 1/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 21.01.2005 – 4 Ga 1/05 – abgeändert.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung auf Weiterbeschäftigung in Anspruch.

Seit dem 06.09.2001 war die Klägerin, 38 Jahre alt, gegenüber drei Kindern unterhaltsverpflichtet, als Produktionshelferin bei der Insolvenzschuldnerin, die ca. 80 Mitarbeiter beschäftigt hatte, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu einem Stundenlohn von 8,95 EUR brutto tätig. Die Klägerin war Mitglied des bei der Insolvenzschuldnerin gewählten Betriebsrats.

Am 05.11.2004 wurde die Klägerin von der Insolvenzschuldnerin mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt. Am 08.11.2004 stellte die Insolvenzschuldnerin beim Amtsgericht Bielefeld einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Daraufhin wurde die Beklagte als vorläufige Insolvenzverwalterin eingesetzt.

Nach Stellung des Insolvenzantrags wurde von der Insolvenzschuldnerin kein Mitarbeiter mehr beschäftigt. Die Mehrzahl der Mitarbeiter kündigte ihr Arbeitsverhältnis fristlos aufgrund von Lohnrückständen, nicht jedoch die Klägerin.

Am 03.01.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet.

Am 06.01.2005 nahm die Beklagte mit 22 Mitarbeitern und drei Angestellten der Insolvenzschuldnerin die Produktion in Teilbereichen wieder auf. Dabei handelte es sich u.a. auch um Mitarbeiter, die zuvor ihre Arbeitsverhältnisse gekündigt hatten.

Die Beschäftigung dieser Mitarbeiter erfolgte aufgrund von befristeten Arbeitsverträgen mit einer Laufzeit von maximal drei Monaten.

Mit dem am 13.01.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrte auch die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung bei Meidung eines Zwangsgeldes bzw. Zwangshaft.

Mit Schriftsatz vom 20.01.2005 erklärte die Beklagte ausdrücklich die Freistellung der Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Beschäftigungsanspruch ergebe sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Sie sei zwar am 05.01.2004 aufgrund fehlender Beschäftigungsmöglichkeit zunächst freigestellt worden. Diese Freistellung könne jedoch nur bis zur tatsächlich erfolgten Wiederaufnahme der Produktion wirken. Die erneute Freistellung sei jedenfalls willkürlich, zumal ihr Schutz als Betriebsratsmitglied und der nahtlose Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht hinreichend berücksichtigt worden seien.

Ein Verfügungsgrund ergebe sich schon daraus, dass 22 Mitarbeiter erneut befristet eingestellt worden seien, anstatt das mit ihr fortbestehende Arbeitsverhältnis wieder aufzunehmen. Auch der endgültige Verlust des Beschäftigungsanspruchs und der Beschäftigungsmöglichkeit begründe eine Eilbedürftigkeit. Sie habe mehrfach ihre Arbeitskraft ausdrücklich angeboten.

Die Klägerin hat beantragt,

der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, die Verfügungsklägerin bei Meidung von Zwangsgeld bis zu 25.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder von Zwangshaft, zu unveränderten Bedingungen als Maschinenarbeiterin zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe ein Beschäftigungsanspruch aufgrund der rechtswirksam erfolgten Freistellung nicht zu. Sie, die Beklagte, sei im Rahmen des Insolvenzverfahrens zum Zwecke der Schonung der Masse zur Freistellung von Arbeitnehmern berechtigt. Das Freistellungsrecht sei auch wirksam und sachgerecht ausgeübt worden, sie habe sich an den Kriterien der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG orientiert. Die Klägerin sei unter Berücksichtigung dieser Kriterien am wenigsten sozial schutzwürdig.

Es fehle auch an einem Verfügungsgrund. Dafür reiche es nicht aus, dass der Beschäftigungsanspruch verloren gehe.

Ein besonderes Interesse der Klägerin daran, tatsächlich beschäftigt zu werden, liege erkennbar nicht vor.

Durch Urteil vom 21.01.2005 hat das Arbeitsgericht dem Antrag insoweit stattgegeben, als es die Beklagte verurteilt hat, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als Maschinenarbeiterin zu beschäftigen, weil die Freistellung der Klägerin gemäß § 315 BGB ermessensfehlerhaft erfolgt sei.

Auf die weitere Begründung des erstinstanzlichen Urteils vom 21.01.2005 wird Bezug genommen.

Am 22.01.2005 nahm ...

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