Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung. Konkurrenzverbot. Arbeitsverweigerung. Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Arbeitsverweigerung und Verstoßes gegen ein Konkurrenzverbot. Erfordernis einer Abmahnung
Leitsatz (redaktionell)
Eine außerordentliche Kündigung wegen eines Verhaltens des Arbeitnehmers ist nur dann gerechtfertigt, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten nicht mehr zuzumuten sind. Dabei sind als mildere Mittel insbesondere die Abmahnung oder auch die ordentliche Kündigung anzusehen, die dann alternative Gestaltungsmittel sind, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck zu erreichen, das Risiko künftiger Störungen zu vermeiden. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, so ist grundsätzlich anzunehmen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann.
Normenkette
BGB § 626; KSchG §§ 10, 13; BGB § 616 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 14.12.2011; Aktenzeichen 3 Ca 141/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 14.12.2011 - 3 Ca 141/11 - abgeändert.
Unter Zurückweisung des Antrags des Klägers, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zum 19.01.2011 aufzulösen, wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 19.01.2011 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 23.02.2011 fortbestanden hat.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte 3/4, der Kläger trägt 1/4.
Die arbeitsgerichtliche Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten - soweit für die Berufungsinstanz noch von Bedeutung - um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 19.01.2011 und um die vom Kläger beantragte Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung. Erstinstanzlich ist zwischen den Parteien weiterhin im Streit, ob die Beklagte vom Kläger im Wege der Widerklage Auskunftsansprüche aus einem angenommenen Wettbewerbsverstoß sowie Schadensersatzansprüche in beträchtlicher Höhe zu Recht einfordert.
Der Kläger war seit dem 01.01.2006 bei der Beklagten als fachärztlicher Leiter berufliche Rehabilitation beschäftigt. Er bezog auf der Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.11.2005, wegen dessen weiteren Inhalts auf Blatt 39 bis 47 der Akten verwiesen wird, eine jährliche Bruttovergütung in Höhe von 239.000,00 €. Das Arbeitsverhältnis endete jedenfalls durch eine der Beklagten am 23.02.2011 zugegangene fristlose Eigenkündigung des Klägers vom 22.02.2011.
Die Beklagte betreibt ein Unternehmen, das medizinische Dienstleistungen - insbesondere in den Bereichen der ambulanten Rehabilitation und Sportmedizin - anbietet. Sie beschäftigt etwa 160 Arbeitnehmer.
Auf der Basis eines am 12.05.2010 abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages verpflichtete sich die Beklagte gegenüber dem Fußballverein S1 darauf, beginnend mit dem 01.07.2010 die mannschaftärztliche Betreuung des Profikaders zu übernehmen. Der auf zwei Jahre befristet abgeschlossene Vertrag war innerhalb der ersten sechs Monate mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende kündbar. Die Beklagte bezog aus diesem Vertrag monatliche Honorarzahlungen in Höhe von 17.000,00 €.
Am 27.09.2010 teilte der Manager des Fußballvereins der Beklagten mit, eine weitere Zusammenarbeit mit dem von der Beklagten ursprünglich für die mannschaftsärztliche Betreuung eingesetzten Arzt, der für seine Tätigkeit in der Mannschaftsbetreuung neben der arbeitsvertraglich vereinbarten Jahresvergütung von 140.000 € eine weitere Vergütung in Höhe von 40.000,00 € brutto bezog, sei nicht mehr gewünscht. Während eines Gesprächs am 28.09.2010, an dem als Mitglieder der internen Geschäftsleitungsrunde der Beklagten der Kläger sowie deren ärztlicher Direktor Dr. V1 und deren Leiter Vertrieb Kommunikation O1 teilnahmen, verständigte sich die Beklagte mit dem Fußballverein darauf, die mannschaftärztliche Betreuung durch ein Team zu gewährleisten, dem neben dem Kläger die Ärzte G2 und Dr. P1 angehörten. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob bereits zu diesem Zeitpunkt Einigkeit darüber bestand, dass dem Ärzteteam die dem vormaligen Arzt jährlich zuerkannte Vergütung abhängig von den jeweiligen Einsätzen der Ärzte habe gewährt werden sollen. Am 29.09.2010 leistete der Kläger die erste mannschaftsärztliche Betreuung. Ab Oktober 2010 erfolgte die Betreuung durch die drei Ärzte auf der Basis eines vom Kläger erstellten Einsatzplans.
Zwischen den Parteien entwickelte sich ein Streit über die dem Kläger sowie den anderen Ärzten zu gewährende Vergütung, in dessen Folge die Beklagte da...