Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Geltendmachung von Sozialplanforderungen aus einem vor Inkrafttreten der InsO eröffneten Konkursverfahren: Die Ermächtigung gemäß § 170 KO begründet keine Verpflichtung des Konkursverwalters zur Auszahlung der Sozialplanabfindung in voller Höhe
Leitsatz (redaktionell)
§ 170 KO eröffnet für den Konkursverwalter die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen Abschlagszahlungen zu leisten, gibt dem einzelnen Konkursgläubiger aber keinen Anspruch auf eine Vorauszahlung.
Normenkette
SozplKonkG §§ 2, 4; EG-InsO § 103; KO §§ 59, 61 Abs. 1 Nr. 1, §§ 146, 149, 170
Verfahrensgang
ArbG Minden (Urteil vom 16.04.2004; Aktenzeichen 2 Ca 1356/03) |
Tenor
führende Parallelsache
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 16.04.2004 – 2 Ca 1356/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung einer restlichen Sozialplanabfindung in Anspruch.
Die Klägerin war Arbeitnehmerin der Firma W2xxxxx S2xxxxxxx GmbH & Co. KG in H3xxxxxxx, die zusammen mit den Firmen P1xxxxx-P2xxxxx GmbH & Co. KG, GS Möbelproduktionsgesellschaft und S2xxxxxxx S4x einen gemeinsamen Betrieb führte. Über das Vermögen der vorgenannten Firmen wurde am 28.02.1998 das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter der Firma W2xxxxx S2xxxxxxx GmbH & Co. KG bestellt.
Erst am 4/5. Juli 2002 gelang es, mit dem gemeinsam gewählten Betriebsrat einen Sozialplan zu schließen, in dem es in Nr. 3 wie folgt heißt:
„Das Sozialplanvolumen ist durch die Regelung der §§ 2, 4 SozPlG wie folgt begrenzt: Maximal das 2,5-fache Bruttomonatseinkommen sowie maximal ein Drittel der freien Masse, jeweils bezogen auf die einzelnen Unternehmen der Beteiligten zu Ziffer 1 bis 4. Der Konkursverwalter verpflichtet sich, diese Maximalgrenzen vollumfänglich anzuerkennen. …
Die jeweiligen Konkursverwalter werden die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer über den sich aus diesem Sozialplan ergebenen Ansprüche schriftlich informieren. Ein entsprechendes Formblatt zur Forderungsanmeldung beim Konkursgericht wird der Konkursverwalter beifügen. Dabei haben die Konkursverwalter darauf hinzuweisen, dass durch das Gesetz über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren eine doppelte Höchstbegrenzung zu beachten ist. Das Gesamtvolumen des Sozialplans darf das 2,5-fache der Bruttolohn- und gehaltssumme aller in diesem Sozialplan erfassten Arbeitnehmer nicht überschreiten. Zusätzlich darf das Sozialplanvolumen nicht mehr als 1/3 der für die Konkursgläubiger zur Verfügung stehenden freien Massen betragen.
…
5.)
Die beteiligten Konkursverwalter sichern ausdrücklich zu, unverzüglich nach Abschluss dieses Sozialplanes den entsprechenden erforderlichen Antrag auf Vorabausschüttung gemäß § 170 KO zu stellen und genauso unverzüglich vorab eine evtl. erforderliche Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen sowie dafür Sorge zu tragen, dass nach entsprechender Ermächtigung durch das Konkursgericht die Ausschüttung unverzüglich erfolgt.
Den Beteiligten ist bekannt, dass die berechtigten Arbeitnehmer ihre Anmeldung zur Tabelle entsprechend der hier festgelegten Verteilungsmaßstäbe betragsmäßig zu korrigieren haben; hierzu dient das dem Informationsschreiben beizufügende Formblatt (s. oben, Ziff. 3).”
Durch Beschluss des Amtsgerichts Lübbecke vom 25.04.2003 – 7 N 25/98 – wurde der Beklagte gemäß § 170 KO ermächtigt, die festgestellten bevorrechtigten Forderungen nach § 61 Abs. 1 Ziff. 1 KO zu 100 % ohne Einhaltung eines förmlichen Verteilungsverfahrens vorweg aus der Masse zu begleichen.
Der Sozialplananspruch der Klägerin beträgt rechnerisch 7.190,48 EUR. Der Beklagte hat darauf am 19.05.2003 als Abschlag 5.221,63 EUR gezahlt. Nach Darstellung des Beklagten war eine höhere Zahlung nicht vertretbar, weil die zur Verteilung verfügbare freie Masse noch nicht bekannt gewesen sei und deswegen Rückstellungen hätten gebildet werden müssen.
Die Klägerin meint, es gebe keinen hinreichenden Grund, die ihr zustehende Sozialplanabfindung nicht vollständig auszuzahlen. Aufgrund der Ermächtigung des Konkursgerichts sei der beklagte Konkursverwalter dazu verpflichtet. Der Beklagte habe nicht dargelegt, warum eine Rückstellung von fast 30 % gerechtfertigt sei.
Demgegenüber vertritt der Beklagte den Standpunkt, eine Ausschüttung in voller Höhe sei nicht möglich, weil die Höhe der Massekosten und Masseforderungen noch nicht endgültig feststehe und das Sozialplanvolumen nur ein Drittel der freien Masse betragen dürfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die auf Zahlung von 1.968,85 EUR gerichtete Klage durch Urteil vom 16.04.2004 mit der Begründung abgewiesen, die Ermächtigung des zuständigen Konkursgerichts beinhalte nicht die Verpflichtung zu einer 100%-igen Ausschüttung. Der Konkursverwalter sei gemäß § 82 KO für die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten allen Bete...