Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigung wegen Benachteiligung als Schwerbehinderter im Einstellungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erfüllt ein schwerbehinderter Mensch nicht das Anforderungsprofil einer ausgeschriebenen Stelle, kann in der Ablehnung seiner Bewerbung keine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung gesehen werden. Ist dem Anforderungsprofil einer ausgeschriebenen Stelle zu entnehmen, dass dieses nur durch ein anerkanntes Hochschulexamen auf der Basis eines Studiums erfüllt werden kann, genügen bloße Kenntnisse auf dem betreffenden Fachgebiet auch dann nicht, wenn sie im Rahmen eines Hochschulstudiums erworben wurden.

2. Etwaige Mängel im Auswahlverfahren, wie Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung, Unterbleiben eines Vorstellungsgesprächs oder mangelnde Begründung der Ablehnungsentscheidung können im Rahmen der Beweislastverschiebung gem. § 81 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB IX von Bedeutung sein.

 

Normenkette

SGB IX § 81

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Urteil vom 21.04.2005; Aktenzeichen 3 Ca 123/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 21.04.2005 – 3 (1) Ca 123/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte L1xx verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung gemäß § 81 SGB IX zu zahlen.

Der am 10.07.1949 in Moskau geborene Kläger ist seit dem 30.09.1999 als behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt. Er erwarb im Jahre 1976 ein Diplom der Staatlichen Gnessinych-Musikpädagogikhochschule in Moskau. Danach hat der Kläger im Jahre 1976 den vollen Studiengang der genannten Hochschule in der Fachrichtung „Musikwissenschaft” erfolgreich absolviert. Wegen der Einzelheiten des Diploms wird auf die Übersetzung aus der russischen Sprache (Bl. 70 d.A.) Bezug genommen. Wegen der vom Kläger während seines Studiums von 1971 bis 1976 bestandenen Prüfungen und Testate wird auf den von ihm vorgelegten „Auszug aus dem Prüfungsbuch” (Bl. 71 f. d.A.) Bezug genommen. Danach hat der Kläger Prüfungen und Testate in folgenden Spezialisierungsfächern bestanden:

  • Akustik
  • Kunstgeschichte
  • Geschichte der Orchesterstile
  • Unterrichtssysteme im Ausland
  • Musikalische Massengenres
  • Musikrhythmus
  • Musikalische Paleographie.

Seine Diplomarbeit hat er zu folgendem Thema geschrieben:

„Einige Aspekte zur Beurteilung von Fähigkeiten eines Musikkundigen”.

Im Staatsexamen ist er in folgenden Fächern geprüft worden:

  • Wissenschaftlicher Kommunismus
  • Verteidigung der Diplomarbeit
  • Unterrichtsmethodik musiktheoretischer und musikhistorischer Disziplinen
  • Fremdsprache.

Mit Schreiben vom 31.05.1994 erteilte das Ministerium für Wissenschaft und Forschung des L4xxxx Nordrhein-Westfalen dem Kläger die Zustimmung, die ihm in Russland verliehenen Grade in den Formen Diplom-Musiklehrer (RUS) / Doktor der Erziehungswissenschaften (RUS) zu führen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 20 d.A. verwiesen.

Das beklagte L1xx schaltete in der Zeitschrift „Neue Musikzeitung” Nr. 3/2004 eine Stellenanzeige, nach der an der Hochschule für Musik D2xxxxx zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Stelle einer „Lehrkraft für besondere Aufgaben für das Pflichtfach Musiktheorie und Gehörbildung” zu besetzen war. In der Anzeige heißt es weiter, der Schwerpunkt der Tätigkeit werde im Bereich der Gehörbildung liegen; von den Bewerberinnen und Bewerbern werde neben dem Nachweis eines abgeschlossenen fachspezifischen Studiums pädagogische Erfahrung und künstlerische Qualifikation erwartet. Wegen der weiteren Einzelheiten der genannten Stellenanzeige wird auf Bl. 13 d.A. verwiesen. Auf diese Stelle bewarb der Kläger sich mit Schreiben vom 17.03.2004 (Bl. 14 f. d.A.).

Mit Schreiben vom 26.08.2004 teilte die Hochschule für Musik dem Kläger folgendes mit:

”Besetzung der Stelle als Lehrkraft für besondere Aufgaben im Fach Musiktheorie und Gehörbildung an der Hochschule für Musik D2xxxxx

Anlage: 1 Heft Bewerbungsunterlagen

Sehr geehrter Herr Dr. P1xxxxx,

wie Ihnen bereits mitgeteilt, wurde Ihre Bewerbung um die o.a. Stelle der Auswahlkommission der Hochschule für Musik D2xxxxx vorgelegt. Nach intensiver Prüfung aller Bewerbungsunterlagen und Durchführung eines Auswahlverfahrens durch die Auswahlkommission muss ich Ihnen zu meinem Bedauern mitteilen, dass die Auswahlkommission sich für eine andere Bewerberin entschieden hat.

Ich darf Ihnen daher zu meiner Entlastung die mir vorgelegten Bewerbungsunterlagen mit Dank für das gezeigte Interesse an einer Einstellung an der Hochschule für Musik D2xxxxx zurückgeben.

Für Ihren weiteren Lebens- und Berufsweg wünsche ich Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Unterschrift.”

Mit Schreiben vom 06.09.2004 wandte der Kläger sich an den Rektor der Hochschule für Musik D2xxxxx und machte eine Entschädigung gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB IX geltend. Wegen des Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 25 f. d.A. verwiesen. Mit Schreiben vom 29.10.2004 lehnte der Rektor der Hochsc...

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