Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Einsatz in Dauernachtschicht. Schichtsystem. Änderung eines Schichtsystems

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Betriebsparteien können im Rahmen einer Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Ziffer 2 BetrVG die konkrete Änderung des Schichtsystems für eine Gruppe von Arbeitnehmern davon abhängig machen, dass eine Ankündigungsfrist gegenüber dem Betriebsrat und den betroffenen Arbeitnehmern beachtet wird.

2. Das Bestreben des Arbeitgebers, eine Gruppe von Arbeitnehmern mit den anderen Arbeitnehmern gleich zu behandeln, stellt im Rahmen des Direktionsrechts einen sachlichen Grund für eine einseitige Maßnahme dar.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Urteil vom 30.07.2002; Aktenzeichen 1 Ca 823/02)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 30.07.2002 – 1 Ca 823/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verfolgt einen Anspruch auf weitere Beschäftigung in der Dauernachtschicht.

Der am 17.01.1961 geborene Kläger ist seit dem 22.08.1990 im Betrieb der Beklagten als Maschinenbediener an Tetra-Abpacklagen gegen einen Stundenlohn von 11,60 EUR tätig. Nachdem der gesamte Produktionsbereich der Beklagten, in dem bis dahin im Wesentli- chen in Früh- und Spätschicht gearbeitet worden war, im Jahre 1992 auf den Drei-Schicht-Betrieb umgestellt worden war, wird der Kläger seit dem 02.01.1992 ausschließlich in der Dauernachtschicht beschäftigt. Bei Einführung der Nachtschicht wurde mit einzelnen Mitar-beitern Gespräche über die Bereitschaft geführt, in der Nachtschicht eingesetzt zu werden. Nach dem Vortrag des Klägers fand er sich hierzu bereit, nachdem ihm vom Betriebsleiter B2xxxxxx zugesagt worden war, dass er in Dauernachtschicht eingesetzt würde. In der Fol-gezeit, am 30.04.1992, unterzeichnete der Kläger den bei den Gerichtsakten befindlichen schriftlichen Arbeitsvertrag Bl. 18 – 29 d.A.. Dieser enthält unter § 1 die Bestimmung, dass der Arbeitnehmer das Weisungs- und Direktionsrecht des Arbeitgebers anerkennt und sich verpflichtet, sämtliche Anweisungen sofort zu erledigen. In § 2 ist bestimmt, dass die Be-schäftigung entsprechend den jeweiligen Betriebserfordernissen im Ein- oder im Zwei- oder im Drei-Schicht-System erfolgt und der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die in der fünfseitigen Anlage des Vertrages geregelte Arbeitszeit einzuhalten, wobei die Anlage ausdrücklich als Vertragsbestandteil bezeichnet wurde. Nach § 3 wird für Schichtarbeit in der Nacht von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 25 % auf den vereinbarten Bruttostunden-lohn gezahlt. In der Anlage zum Arbeitsvertrag sind die Arbeitszeiten für das jeweilige Schichtsystem im Einzelnen geregelt. Zu den Einzelheiten wird auf Bl. 26 – 29 d.A. verwie-sen.

Der Kläger ist verheiratet und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind.

I

Im Betrieb der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet. Durch Spruch der Einigungsstelle vom 15.03.2002 wurden die Arbeitszeiten in den verschiedenen Produktionsbereichen der Beklagten umfassend und einheitlich geregelt. Nach § 2.1 erfolgt die Beschäftigung entsprechend den jeweiligen Betriebserfordernissen im Ein- oder im Zwei- oder im Drei-Schicht-System. Bei Wechsel der Schichtsysteme ist der Arbeitnehmer zur Tätigkeit in einem geänderten Schichtsystem nur unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von vier Kalendertagen verpflichtet. Dem Betriebsrat ist mit einem Vorlauf von vier Kalendertagen Kenntnis von den Änderungen des Schichtsystems zu geben. Im Übrigen enthält dieser Spruch die Lage der Arbeitszeiten für die verschiedenen Schichtsysteme sowie den Umfang der Pausen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 12 – 16 d.A. verwiesen.

Im Produktionsbereich Tetra-Pack/PKL, in dem der Kläger eingesetzt wird, werden etwa 120 Mitarbeiter beschäftigt. Von diesen werden zusammen mit dem Kläger insgesamt 14 Mitarbeiter ausschließlich in der Nachtschicht eingesetzt. Gegenüber den in der Dauernachtschicht tätigen Arbeitnehmer haben Mitarbeiter, die nicht in der Nachtschicht eingesetzt werden, ein deutlich geringeres Einkommen, und zwar bis zu ca. 400,– EUR.

Nachdem der Spruch der Einigungsstelle am 01.04.2002 in Kraft getreten war, wies die Beklagte den Kläger sowie die anderen in Dauernachtschicht tätigen Arbeitnehmer an, ab dem 08.04.2002 im Drei-Schicht-System zu arbeiten. Hiergegen wehrt sich der Kläger mit seiner am 26.04.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Durch Urteil vom 30.07.2002 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger ab dem 08.04.2002 weiterhin in der Dauernachtschicht zu beschäftigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Arbeitspflicht des Klägers habe sich auf die Tätigkeit in der Nachtschicht konkretisiert. Die Beklagte könne somit die für den Kläger geltende Arbeitszeit nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts ändern.

Gegen dieses, ihr am 30.08.2002 zugestellte Urteil, auf das zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands ...

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