Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Schadensersatz bzw. Entschädigung gem. § 15 AGG wegen Diskriminierung aufgrund Schwerbehinderung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens. Diskriminierung. Diskriminierung wegen Behinderung. Stellenbesetzungsverfahren
Normenkette
AGG §§ 15, 7, 1-2
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Aktenzeichen 4 Ca 1981/07) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung einer Entschädigung gemäß § 15 AGG wegen der Nichtberücksichtigung des Klägers bei der Besetzung der Stelle eines Materialdisponenten.
Der Kläger ist seit dem 14.09.1987 im Werk der Beklagten in G3 gegen einen monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 1.726,36 Euro beschäftigt. Er ist derzeit als Montierer im Bereich der Rohrfertigung mit einer Tätigkeit nach Entgeltgruppe 2 des Entgeltrahmenabkommens Metall NRW (i.F. ERA) betraut. Beim Kläger ist seit dem Jahre 2005 ein Grad der Behinderung von 70 aufgrund einer Herzerkrankung und Epilepsie festgestellt. Wegen seiner Behinderung trägt er eine Kappe mit Verstärkung, die ihn bei einem Sturz schützen soll. Außerdem ist er mit einem Piepser ausgestattet, der anzeigt, wenn er gefallen ist. Im Betrieb der Beklagten besteht ein Betriebsrat und eine Schwerbehindertenvertretung.
Am 28.02.2007 bzw. 03.03.2007 wurde im Betrieb der Beklagten intern und extern eine Stelle als Materialdisponent ausgeschrieben, die nach Entgeltgruppe 11 des ERA bewertet war. Die interne Stellenausschreibung war befristet bis zum 16.03.2007. Wegen der Einzelheiten der internen Stellenausschreibung wird auf Bl. 41 d.A. Bezug genommen.
Am 05.03.2007 bewarb sich die bei der Beklagten als Segmentleiterin in der Gerätemontage e4 beschäftigte Zeugin K3, die damals Vergütung nach Entgeltgruppe 9 des ERA bezog. Am 07.03.2007 beantragte die Beklagte beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung der Zeugin K3 mit Wirkung zum 09.03.2007. Wegen der Einzelheiten des Unterrichtungsschreibens vom 07.03.2007 wird auf Bl. 45 d.A. verwiesen. Der Betriebsrat erteilte seine Zustimmung hierzu noch am 07.03.2007. Seit dem 09.03.2007 nimmt die Zeugin K3 die Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle wahr.
Mit Schreiben vom 12.03.2007 bewarb der Kläger sich ebenfalls um die ausgeschriebene Stelle. Darüber hinaus bewarben sich noch drei weitere Mitarbeiter der Beklagten um diese Stelle, und zwar:
Herr S5, Facharbeiter Prozesstechnik und Anlagenbediener, damals nach Entgeltgruppe 9 vergütet, mit Schreiben vom 08.03.2007
Herr L1, Lagerist, damals vergütet nach Entgeltgruppe 7 des ERA, mit Schreiben vom 10.03.2007
Herr W3, Lagerist, damals vergütet nach Entgeltgruppe 7 des ERA, mit Schreiben vom 12.03.2007.
Die Beklagte reagierte auf die Bewerbung des Klägers zunächst nicht. Nachdem die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 09.05.2007 eine Stellungnahme zur Bewerbung des Klägers angemahnt hatten, teilten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 18.05.2007 folgendes mit:
„in obiger Angelegenheit hat uns unsere Mitgliedsfirma, die Firma V1 GmbH & Co. KG, E3 S1. 45 in 34567 G3, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt und uns ihr Schreiben vom 09. Mai 2007 nebst Vorgang mit der Bitte um Bearbeitung und Beantwortung übergeben.
Zutreffend ist, dass sich Ihr Mandant auf die interne wie externe Stellenausschreibung als Materialdisponent beworben hat. Seine Bewerbung ist wie alle übrigen Bewerbungsunterlagen behandelt worden und er hat auch am Bewerbungsprozess teilgenommen. Bedauerlicherweise ist die Stelle anderweitig vergeben worden, da Ihrem Mandanten unter anderem der für die Stelle erforderliche Facharbeiterbrief in einem Metallberuf bzw. eine Ausbildung zum Industriekaufmann fehlte.
Aufgrund seines ausdrücklichen Wunsches, über die Bewerbung zu sprechen, bietet unser Mitgliedsunternehmen an, in der 21. Kalenderwoche 2007 mit ihm ein Gespräch bezüglich seiner Bewerbung und seiner Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen zu führen.
Den ärztlichen Empfehlungen aus dem Attest vom 19. Februar 2007 trägt unser Mitgliedsunternehmen soweit wie möglich Rechnung.
Mit den vorstehenden Ausführungen sehen wir Ihr Schreiben vom 09. Mai 2007 als erledigt an und haben den Vorgang wieder weggelegt.”
Am 22.06.2007 führte die Beklagte mit dem Kläger ein Gespräch über seine Bewerbung vom 12.03.2007 und teilte ihm mit Schreiben vom 22.06.2007 folgendes mit:
„wir kommen zurück auf ihre Bewerbung und das hierzu geführte Gespräch am 22.06.2007. Wie Sie wissen, haben wir für die ausgeschriebene Position zwischen mehreren Bewerbern zu entscheiden. Heute müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir uns nicht für Sie entschieden haben. Wir bedauern, Ihnen nichts Günstigeres mitteilen zu können und w...