Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung. einmaliges Verhalten. Entbehrlichkeit einer Abmahnung. Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Besitzes eines Stempels “Waffen-SS Berlin„

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verwendung eines Stempels mit der Beschriftung "Waffen SS Berlin" im Besitz des Arbeitnehmers stellt einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB dar, der die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; StGB §§ 86a, 91 Abs. 2; SGB IX § 5

 

Verfahrensgang

ArbG Siegen (Entscheidung vom 24.04.2012; Aktenzeichen 2 Ca 1701/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 24.04.2012 - 2 Ca 1701/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die rechtliche Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen außerordentlichen Kündigung und hilfsweise einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist.

Der 55-jährige, verheiratete Kläger war seit August 1971 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Mitarbeiter des Werkschutzes zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.477,60 €. Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung von 40 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt, zunächst befristet bis zum 24.12.2011.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist ordentlich unkündbar gemäß dem Manteltarifvertrag in der Eisen- und Stahlindustrie NW.

Am 07.12.2011 war der Kläger am Tor 5 eingesetzt. Seine Aufgabe war es, den LKW-Verkehr abzuwickeln und in diesem Zusammenhang sog. Barcodes zu erzeugen, mit denen die Speditionsfahrer sich selbst einwiegen können.

Unter im einzelnen streitigen Umständen versah der Kläger bei der Abfertigung des Spediteurs H1 die Rückseite eines Lieferscheins mit einem Stempel, dessen Abdrucktext lautete: "Waffen SS Berlin". Für die Einzelheiten des Stempelabdrucks wird auf Bl. 41 d.A., für die Vorderseite des gestempelten Lieferscheins auf Bl. 40 d.A. verwiesen.

Der Zeuge H1 übergab den streitgegenständlichen Lieferschein zusammen mit der Warenlieferung einem Kunden der Beklagten, der Fa. W1 E1 GmbH.

Am 08.12.2011 erhielt der Vertriebsleiter der Beklagten - so die Behauptung der Beklagten - einen Anruf des Geschäftsführers der W1 E1 GmbH, in dem dieser sich über die Stempelung von Lieferscheinen mit einem Stempel der "Waffen SS Berlin" beschwerte.

Am 09.12.2011 begann der Leiter des Werkschutzes mit der Sachverhaltsaufklärung. Am 12.12.2011 fand eine Anhörung des Klägers im Beisein des Betriebsratsvorsitzenden, des Schwerbehindertenobmanns, einer Mitarbeiterin der Personalabteilung und eines Vorgesetzten des Klägers statt. In der Anhörung erklärte der Kläger, den Stempel benutzt zu haben, ohne sich dabei etwas Böses gedacht zu haben.

Mit Schreiben vom 12.12.2011 (Bl. 37, 38 d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an, ebenso den Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen (Bl. 34, 35 d.A.).

Ebenfalls unter dem 12.12.2011 (für die Einzelheiten Bl. 67, 68 d.A.) beantragte die Beklagte die Zustimmung des Integrationsamtes beim LWL Westfalen zu einer fristlosen, hilfsweisen fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers.

Das Integrationsamt erteilte mit Bescheid vom 22.12.2011 (Bl. 74 bis 76 d.A.) die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung. Der Betriebsrat hatte bereits mit Schreiben vom 14.12.2011 der beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung zugestimmt, ebenso der Vorsitzende der Schwerbehindertenvertretung am 15.12.2011.

Mit dem Kläger am 23.12.2011 zugegangenem Schreiben (Bl. 9 d.A.) erklärte die Beklagte die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Mit Schreiben vom 19.12.2011 beantragte die Beklagte beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung und außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Für die Einzelheiten des Antrags wird auf Bl. 70 bis 73 d.A. verwiesen. Durch Bescheid vom 03.01.2012 (Bl. 77 bis 80 d.A.) erteilte das Amt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Widerspruch ein. Die Widerspruchsentscheidung, so der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Berufungsverhandlung, werde seit Ende Juli 2012 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überprüft. Auch gegen die Zustimmung des Integrationsamtes vom 22.12.2011 hat der Kläger Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.

Mit Schreiben vom 20.12.2011 (Bl. 44 d.A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer fristlosen Kündigung mit sozialer Auslauffrist an. Der Betriebsrat stimmte in Schriftform unter dem 21.12.2011 (Bl. 45 d.A.) der beabsichtigten Kündigung zu.

Mit Schreiben vom 03.01.2012 (Bl. 20 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum nächstmöglichen Termin, ihres Wissens zum 31.08.2012.

Der Kläger hat gegen b...

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