Die Revision wird nicht zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gratifikationen. Freiwilligkeitsvorbehalt. Betriebliche Übung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Gratifikationsanspruch aus betrieblicher Übung ergibt sich, wenn der Arbeitgeber die Gratifikation mehrmals vorbehaltlos gewährt und dadurch für den Arbeitnehmer einen Vertrauenstatbestand entsteht, der Arbeitgeber wolle sich auch für die Zukunft binden.
2. Eine Bindung des Arbeitgebers für die Zukunft tritt nicht ein, wenn er klar und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass die Leistung freiwillig ohne Bindung für die Zukunft erfolgt. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür obliegt dem Arbeitgeber.
3. Ohne eindeutige Regelung ist der Arbeitgeber auch bei unterjährigem Ausscheiden zur anteiligen Gewährung der Sonderzahlung verpflichtet.
Normenkette
BGB §§ 242, 611
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 13.01.2004; Aktenzeichen 3 Ca 3084/03) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 13.01.2004 – 3 Ca 3084/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung eines anteiligen Weihnachtsgeldes für 2003.
Die Klägerin war aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 20.08.1992 zunächst befristet bis zum 30.09.1992 und in der Folge durch schriftlichen Verlängerungsvertrag vom 21.01.1993 bis zum 30.04.1993 befristet beim Beklagten beschäftigt. Die Parteien haben das Arbeitsverhältnis im Anschluss daran unbefristet fortgesetzt. Wegen der schriftlichen Arbeitsverträge im Einzelnen wird auf Blatt 45-47 der Akte Bezug genommen. Durch Vergleich vom 23.05.2003 im Verfahren 1 Ca 1221/03 vor dem Arbeitsgericht Herne haben die Parteien ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.07.2003 beendet.
Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin die Zahlung anteiligen Weihnachtsgeldes für das Jahr 2003 geltend. Im Jahre 1992 zahlte der Beklagte der Klägerin mit der Novemberabrechnung ein anteiliges Weihnachtsgeld in Höhe von 650,00 DM. Im Jahre 1999, 2000 und 2001 erhielt die Klägerin jeweils ein Weihnachtsgeld in Höhe von 2.400,00 DM brutto entsprechend 1.227,10 EUR. Wegen der Abrechnungen, die der Beklagte insoweit erteilt hat, wird auf Blatt 7-9 der Akte Bezug genommen. Im Jahre 2002 zahlte der Beklagte der Klägerin im Dezember ein Weihnachtsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR brutto. Für das Jahr 2003 lehnte der Beklagte die Zahlung eines Weihnachtsgeldes an die Klägerin ab. Mit Schreiben vom 14.07.2003 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 25.07.2003 vergeblich zur Zahlung eines anteiligen Weihnachtsgeldes in Höhe von 715,81 EUR brutto auf. Mit vorliegender Klage, die am 11.09.2003 beim Arbeitsgericht Herne einging, verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe für die Zeit vom 01.01. bis zum 31.07.2003 ein anteiliges Weihnachtsgeld zu. Hierbei handele es sich um zusätzliche Vergütung für geleistete Arbeit innerhalb des Bezugszeitraums. Auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag oder dessen Fortdauer über dessen Zeitpunkt hinaus komme es nicht an. Sie bestreite, dass Arbeitnehmer, die zuvor ausgeschieden gewesen seien, nie Weihnachtsgeld, auch nicht anteilig, erhalten hätten. Betriebliche Übung sei es gewesen, dass durchgehend Weihnachtsgeld gezahlt worden sei.
Unerheblich sei, was der Beklagte „sinngemäß” auf einer Weihnachtsfeier erklärt habe. Wenn der Beklagte sich für Jahre, in denen es wirtschaftlich nicht gut laufe, das Recht vorbehalten wolle, Weihnachtsgeld zu kürzen oder einzubehalten, so müsse er eine entsprechende vertragliche Regelung treffen. Bestritten werde, dass der Beklagte zum Ausdruck gebracht habe, dass kein Weihnachtsgeld gezahlt werde, wenn es wirtschaftlich nicht gut laufe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 715,81 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2993 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, Voraussetzung für die Zahlung des Weihnachtsgeldes in der Vergangenheit seit stets der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses im Dezember des jeweiligen Kalenderjahres gewesen. An Arbeitnehmer, die zuvor ausgeschieden gewesen seien, sei nie Weihnachtsgeld, auch nicht anteilig, gezahlt worden. Er, der Beklagte, habe regelmäßig anlässlich der von ihm für die Belegschaft durchgeführten Weihnachtsfeier eine Ansprache gehalten, wobei er die wirtschaftliche Situation des Unternehmens dargestellt, den Mitarbeitern für die erwiesene Betriebstreue gedankt und die Hoffnung zum Ausdruck gebracht habe, dass man auch im nächsten Jahr gut und vernünftig weiter arbeiten werde. Zugleich habe er erklärt, dass man sich aufgrund der wirtschaftlich guten Lage im ablaufenden Jahr entschlossen habe, ein Weihnachtsgeld zu zahlen. Dabei habe er auch darauf hingewiesen, dass die Zahlung freiwillig erfolge und dass daraus nicht hergeleitet werden könne, dass auch im nächsten Jahr...