Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruchsverpflichteter beim Betriebsübergang - Kein Verfall des Zeugnisberichtigungsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

)

1. Vom Betriebsübergang werden nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB alle noch bestehenden Arbeitsverhältnisse erfaßt, Nicht erfaßt werden von § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB bereits beendete Arbeitsverhältnisse, auch wenn sie z.B. wegen Ansprüchen aus betrieblicher Altersversorgung oder wegen einer Wettbewerbsvereinbarung "nachwirken". Auch der Anspruch auf Zeugniserteilung oder -berichtigung geht nicht auf den Betriebserwerber über, wenn das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Betriebsüberganges bereits beendet ist, sondern ist weiterhin gegen den Betriebsveräußerer geltend zu machen.

2. Der Zeugnisberichtigungsanspruch unterliegt nicht den tariflichen Verfallfristen des § 19 Nr. 2 und 4 MTV-Metall, denn diese bezwecken nur die kurzfristige Abwicklung des Arbeitsverhältnisses, lassen also höchstpersönliche Ansprüche völlig unberührt. Mit § 19 Nr. 2 und 4 MTV-Metall haben die Tarifvertragsparteien nur geldwerte Ansprüche ins Auge gefaßt. Nachvertragliche Ansprüche wie der höchstpersönliche Zeugnisanspruch sollen dadurch nicht beschnitten werden.

3. Enthält das Zeugnis Unrichtigkeiten oder nimmt es zwar zu allen Punkten Stellung, ist aber in Teilen nicht so umfassend, wie es § 20 Nr. 7 MTV-Metall vorsieht, oder verstößt es gegen andere Grundsätze der Zeugniserteilung, kann nicht mehr von fehlender Erfüllung, sondern nur von Schlechterfüllung gesprochen werden. Zur Beseitigung von Mängeln des Zeugnisses steht der Erfüllungsanspruch nicht (mehr) zur Verfügung. Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist nicht § 20 Nr. 7 MTV-Metall, sondern die allgemeine Fürsorgepflicht.

4. Der Arbeitnehmer, welcher mit einzelnen Bewertungen seiner Person oder Leistungen und/oder mit den Tätigkeits- und Aufgabenbeschreibungen nicht einverstanden ist, ist auf seinen Berichtigungsanspruch mit einem im einzelnen genau spezifizierten Klageantrag zu verweisen, er kann nicht mehr auf bloße Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses klagen. Da über einen Arbeitnehmer nur eine Beurteilung existieren darf, ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des beanstandeten Zeugnisses ein neues Zeugnis zu erteilen.

 

Tatbestand

Der Parteien streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zeugnisberichtigung hat oder ob dieser Anspruch verfallen oder von einer Ausgleichsklausel erfaßt ist.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie. In ihrem Betrieb W. war der Kläger von August 1984 bis September 1992 als Putzer und Schleifer zu einem Bruttomonatseinkommen von zuletzt 3.600,00 DM beschäftigt. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 29.02.1988 in der Fassung vom 06.05.1990 und vom 19.06.1990 (abgekürzt: MTV-Metall) Anwendung, in welchem es u.a. heißt:

§ 19

Geltendmachung und Ausschluß von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis

1.

Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen.

2.

Der Arbeitnehmer/Auszubildende hat das Recht, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis innerhalb folgender Fristen geltend zu machen:

a)

Ansprüche auf Zuschläge für Mehr-, Spät-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Abrechnung,

b)

alle übrigen Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

3.

Ansprüche des Arbeitgebers/Ausbildungsbetriebs aus dem Arbeitsverhältnis/Ausbildungsverhältnis sind gegenüber dem Arbeitnehmer/Auszubildenden gemäß den Fristen der Nr. 2 geltend zu machen.

4.

Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, daß der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, diese Fristen einzuhalten.

5.

Bleibt die Geltendmachung erfolglos, so tritt der Ausschluß nicht ein. Vielmehr gilt dann die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 9 BGB. Sie beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

6.

Eine von dem Arbeitnehmer/Auszubildenden unterzeichnete Ausgleichsquittung wird erst wirksam, wenn der Arbeitnehmer/Auszubildende sie nicht dem Arbeitgeber/Ausbildungsbetrieb gegenüber binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerruft.

Eine Durchschrift dieser Ausgleichsquittung mit einem Hinweis auf das Widerrufsrecht ist dem Arbeitnehmer/Auszubildenden auszuhändigen.

§ 20

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

7.

Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses. Das Zeugnis hat Auskunft über die ausgeübte Tätigkeit zu geben und s...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge