Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 16.01.1998 – 2 Ca 1659/97 – wird unter Abweisung des Hilfsantrages zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand
Der Kläger will von den Mitarbeitern der Beklagten nicht mehr geduzt werden.
Der jetzt 45jährige Kläger trat im Jahre 1977 in das Bekleidungshandelsunternehmen D… GmbH & Co. KG. Er war dort zuletzt als Abteilungsleiter der Herrenoberbekleidung in der Filiale R… tätig. Diese Filiale wurde mit ihren etwa 24 Mitarbeitern zum 01.01.1996 von der Beklagten, einem internationalen Bekleidungshandelsunternehmen mit Stammsitz in S…, übernommen. Sowohl das Warensortiment wie auch der betriebliche Umgangsstil der beiden Unternehmen wichen jedoch voneinander ab. Während die frühere Arbeitgeberin einen konventionellen klassischen Stil pflegte, der insbesondere auch ein Publikum mittleren Alters ansprach, setzt die Beklagte auf ein unkonventionelleres, preisbewußteres jüngeres Publikum. Im Umgang der Mitarbeiter und Vorgesetzten untereinander legt die Beklagte Wert auf einen betont kollegialen Stil, der den Abbau von Hierarchien zum Ziel hat. Sämtliche Belegschaftsmitglieder duzen sich untereinander.
Die Zielsetzung und die Unternehmensphilosophie der Beklagten wurden der Belegschaft der Filiale R…, bei der auch ein Betriebsrat existiert, in einer Betriebsversammlung unmittelbar nach der Übernahme der Filiale bekanntgemacht. In der Folgezeit wurde der dienstliche Umgang der Mitarbeiter untereinander auf die Anrede mit Vornamen und „Du” umgestellt. Hierin fügte sich auch der Kläger, der im übrigen in seiner bisherigen Funktion und mit seinem bisherigen Gehalt weiterbeschäftigt wurde.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien blieb nicht reibungslos. Es kam zu einer schriftlichen Abmahnung, die vom Kläger erfolgreich in dem Arbeitsgerichtsverfahren 2 Ca 516/97 ArbG Rheine bekämpft wurde. Im übrigen mußte der Kläger ab Herbst 1996 immer häufiger und länger der Arbeit krankheitsbedingt fernbleiben.
Mit Schreiben vom 20.10.1997 wandte sich der Kläger mit folgendem Schreiben an den damaligen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten:
Sehr geehrter Herr M…,
in der obigen Angelegenheit mußte und muß unser Mandant feststellen, daß er – offensichtlich auf Anweisung der Betriebsleitung – von sämtlichen Mitarbeitern der Filiale in R… und auch von sonstigen Mitarbeitern der Firma H… & M…, mit denen er in Kontakt kommt, geduzt wird. Dies muß unser Mandant nicht hinnehmen. Unter Mandant legt Wert darauf, daß korrekte Umfangsformen gewahrt werden und er sich nur mit denjenigen Freunden und Mitarbeitern duzen muß, die er hierfür auswählt. Wir dürfen Sie deshalb bitten, uns definitiv namens der Betriebsleitung der Firma H… & M… zu erklären, daß die Mitarbeiter der Filiale R… angewiesen werden, in Zukunft diesen Wunsch unseres Mandanten zu respektieren und ihn deshalb korrekt mit dem „Sie” anreden werden, es sei denn, unser Mandant bietet diesen Mitarbeitern ausdrücklich das „Du” an.
…
Die Beklagte lehnte die vom Kläger gewünschte Anweisung an die Mitarbeiter der Filiale R… ab, woraufhin der Kläger am 05.11.1997 den vorliegenden Rechtsstreit bei dem Arbeitsgericht Rheine einleitete. Er hat hierbei geltend gemacht, daß er in Deutschland Anspruch darauf habe, nach den hier allgemein üblichen Umgangsformen angeredet zu werden. Ein zwangsweise angeordnetes „Du” lehne er ab. Der von der Beklagten angestrebte Abbau von Hierarchien und Statussymbolen habe nichts mit der Frage zu tun, ob man sich duze oder sieze. Im übrigen verhalte sich die Beklagte auch insofern inkonsequent, als die ihm erteilte Abmahnung in der „Sie”-Form abgefaßt sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Mitarbeiter der Filiale R… anzuweisen, den Kläger nicht mehr zu duzen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Meinung vertreten, daß dem Kläger zuzumuten sei, sich der Unternehmenskultur der Beklagten zu fügen, zumal er der Einzige sei, der plötzlich nicht mehr geduzt werden wolle. Eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes liege in den von allen Mitarbeitern akzeptieren betrieblichen Umgangsformen nicht. Im übrigen müsse richtig gesehen werden, daß der Kläger selbst das betriebliche Duzen 22 Monate lang nicht gerügt habe. Eine Änderung der betrieblichen Umgangsformen speziell für ihn sei unzumutbar.
Das Arbeitsgericht Rheine hat durch sein am 16.01.1998 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen. Weder sei die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht gehalten, die übrigen Mitarbeiter anzuweisen, den Kläger zu siezen noch werde das Persönlichkeitsrecht durch das betriebsübliche Duzen eingeschränkt oder verletzt. Der Kernbereich der Menschenwürde werde durch das vom Kläger nicht gewollte Geduztwerden nicht berührt. Im übrigen müsse dem Kläger auch der Rechtsgedanke der Verwirkung entgegengehalten werden, weil er erst 22 Monate nach der Filialübernahme ...