Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Erziehers mit staatlicher Anerkennung in einer psychiatrischen Klinik für Kinder und Jugendliche
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Überleitung von Beschäftigten in die Entgeltordnung zum TVöD-VKA kann nicht nur eine Höhergruppierung, sondern auch eine erstmalige Eingruppierung nach speziellen Tätigkeitsmerkmalen nur auf Antrag des Beschäftigten nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-LWL erfolgen.
2. Ein in einer psychiatrischen Klinik für Kinder und Jugendliche beschäftigter Erzieher mit staatlicher Anerkennung übt "entsprechende Tätigkeiten" iSd. Entgeltgruppe S8a der Entgeltordnung zum TVöD-VKA aus, wenn seine Tätigkeiten dem Berufsbild eines Erziehers entsprechen. Diese werden nicht zu pflegerischen Tätigkeiten, weil sie in einem Krankenhaus ausgeübt werden und die Kinder und Jugendlichen sich nicht zur Erziehung, sondern zur Behandlung psychischer Erkrankungen in der Klinik aufhalten.
Normenkette
TVÜ-LWL § 29b Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 06.02.2018; Aktenzeichen 6 Sa 297/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 06.02.2018 - 5 Ca 3115/17 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017 eine Vergütung nach der Entgeltgruppe S 8a der Anlage 1 Teil B Besonderer Teil XXIV - Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst - TVöD-VKA zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien zu je 50 %.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die richtige Eingruppierung des Klägers.
Der 1954 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.04.1979 bis zum 31.12.2017 bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängern beschäftigt. Der Kläger, der Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist und eine Ausbildung als Erzieher mit staatlicher Anerkennung erfolgreich absolviert hat, war bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in der F-Klinik in E, dort Haus 2, eingesetzt, laut seinem ursprünglichen Arbeitsvertrag (Bl. 6 d.A.) als Erzieher. Die F-Klinik ist ein im Krankenhausplan NRW verankertes und genehmigtes Krankenhaus für Kinder- und Jugendpsychiatrie, für das die Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung) vom 18.12.1990, BGBl. I S. 2930 (im Folgenden: Psych-PV) Anwendung findet.
Das Arbeitsverhältnis ging im Jahr 2009 aufgrund eines Betriebsübergangs auf den Beklagten über. Der Beklagte ist Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen. Ab diesem Zeitpunkt erhielt der Kläger eine Vergütung nach Entgeltgruppe Kr 7a, Stufe 6 TVöD. Der hierfür maßgebliche § 2 TVÜ-LWL sah iVm. § 4 TVÜ-VKA ebenso wie die Vorgängernorm aus dem BAT-LWL vor, dass Angestellte mit abgeschlossener Ausbildung als Erzieher, die in Krankenhäusern mit entsprechender Tätigkeit beschäftigt waren, Krankenschwestern/Krankenpflegern in der tariflichen Eingruppierung gleichgestellt waren. In einem zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit wurde eine Klage des Klägers, mit der er Vergütung nach den Regelungen des TVÜ-LWL für übergeleitete Beschäftigte begehrte, rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei nicht bereits seit 2005 für den Beklagten tätig gewesen (BAG 03.07.2013 - 4 AZR 138/12 -). Mit Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung zum 01.01.2017 leitete der Beklagte den Kläger in Entgeltgruppe P7 Stufe 6 TVöD-VKA über. Die früheren Sonderregelungen über die Eingruppierung von in LWL-Kliniken Beschäftigten sind zu diesem Zeitpunkt entfallen. Der Kläger erhielt eine monatliche Pflegezulage in Höhe von 46,02 € und darüber hinaus eine monatliche sog. Psychiatriezulage nach § 33 Abs. 1 Buchst. c), Abs. 6 BAT-LWL in Höhe von 15,34 €.
Haus 2 der F-Klinik ist ein Behandlungsbereich für schulpflichtige Kinder im Alter von ca. 10 - 15 Jahren mit Störungen aus dem gesamten Spektrum der kinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankungen, die auf einer offenen Therapiestation behandelt werden können, so zB affektive Störungen wie Depressionen, Selbstwertstörungen, Impulskontrollstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen, Identitätsstörungen, Angst- und Zwangserkrankungen, Ticstörungen, Störungen des Sozialverhaltens, somatoforme Störungen, tiefgreifende Entwicklungsstörungen (Autismus Spektrum), Anpassungsstörungen, Persönlichkeitsfehlentwicklungen, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen, Bindungsstörungen, pathologischer PC-/Internetkonsum, Störungsbilder aus dem Formenkreis der Psychosen (phasenabhängig), Essstörungen. Die Klinik steht unter ärztlicher Leitung. Nach dem Stationskonzept für Haus 2 der F-Klinik (Bl. 107 ff. d.A.) wird dort nach einem schulenübergreifenden Ansatz mit Schwerpunkt auf einem systemisch-familienorientierten Ansatz gearbeitet. Neben der familientherapeutis...