Leitsatz (amtlich)

1. Auch zur Berechnung der Höhe der Karenzentschädigung ist für die Überlassung der Nutzung eines Dienstfahrzeugs zum privaten Gebrauch die steuerliche Bewertung maßgeblich. Es gelten die Grundsätze, die das BAG für Schadensersatzansprüche wegen Entziehung des Dienstfahrzeugs herausgearbeitet hat. Weder die Tabelle von Sanden/Küppersbusch, noch die ADAC-Tabellen stellen einen sachgerechten Maßstab für die Bewertung der Sachleistung zur Berechnung der Karenzentschädigung dar.

2. Verliert der Arbeitnehmer in einem nachfolgenden Arbeitsverhältnis deshalb bereits entstandene Arbeitsentgeltansprüche gegen seinen nachfolgenden Arbeitgeber, weil er im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs das Ende des Arbeitsverhältnisses vorverlegt, so liegt ein „böswilliges Unterlassen” anderweitigen Erwerbs im Sinne des § 74 Abs. 1 S. 1 c HGB vor.

3. Eine von einem nachfolgenden Arbeitgeber gezahlte Abfindung ist nicht auf den Anspruch auf Karenzentschädigung anzurechnen. Es handelt sich nicht um ein Einkommen, das der Arbeitnehmer deshalb bezieht, weil ihm durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem karenzentschädigungspflichtigen Arbeitgeber die anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft möglich geworden ist. Abfindungen werden vielmehr als Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes gezahlt und sind demgemäss auch keine Karenzentschädigung.

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 19.08.1999; Aktenzeichen 1 Ca 391/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Parteien wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.08.1999 – 1 Ca 391/99 – unter Zurückweisung der jeweils weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 31.253,72 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag ab dem 07.06.1999 zu zahlen. Hinsichtlich der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Zinsen für einen Betrag von 48.237,18 DM brutto wird das Urteil insoweit abgeändert, als Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag zu zahlen sind.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu 4/7, der Kläger zu 3/7.

Die Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens trägt die Beklagte zu 2/3, der Kläger zu 1/3.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Karenzentschädigung aus einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede.

Der Kläger war vom 01.01.1987 bis 30.06.1998 als leitender kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der schriftliche Arbeitsvertrag vorm 22.10.1986 (Bl. 33 – 39 d. A.) zugrunde, der um die schriftliche Wettbewerbsabrede vom 22.10.1986 (Bl. 40 d. A.) ergänzt war. Nach Ziff. 7 dieses Arbeitsvertrags erhielt der Kläger ein Gesamtjahresbruttogehalt, das zuletzt 160.000,– DM betrug und in gleichmäßigen Beträgen von 13.333,– DM monatlich ausbezahlt wurde. Nach Ziff. 11 des Arbeitsvertrags stellte die Beklagte dem Kläger einen Firmen-Pkw zur Verfügung, den der Kläger auch privat nutzen konnte. Der geldwerte Vorteil dieser Leistung wurde auf der Grundlage steuerrechtlicher Bestimmungen bis einschließlich der Gehaltsabrechnung für Mai 1998 mit 991,07 DM ausgewiesen. In der Gehaltsabrechnung für Juni 1998 waren 396,43 DM angegeben. Außerdem erhielt der Kläger in den Gehaltsabrechnungen als Sonderzahlungen bezeichnete jährliche Leistungen, die jeweils mit dem Dezembergehalt ausgezahlt wurden und im Jahre 1995 15.000,– DM, in den Jahren 1996 und 1997 20.000,– DM betrugen. Der Kläger nahm darüber hinaus an einer von der Beklagten für ihre Arbeitnehmer abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung teil, deren geldwerter Vorteil jeweils im Januar eines Jahres mit 339,48 DM versteuert wurde. Im Februar 1997 erhielt der Kläger ein Jubiläumsgeld in Höhe von 500,– DM, im April 1997 eine Zahlung zum Geburtstag in Höhe von 150,– DM. Im August 1996 wurde dem Kläger nicht genommener Urlaub mit einem Betrag von 9.221,52 DM abgegolten. Außerdem hatte der Kläger im Dezember 1996 sowie im Dezember 1997 Spesen in Höhe von 18,– DM bzw. 18,40 DM zu versteuern.

Ab dem 01.07.1998 stand der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu der Firma L…………, in dem er ein Gehalt in Höhe von 17.000,– DM bezog. Es war bis zum 15.06.2010 fest geschlossen. Am 10.09.1998 wurde es von der Firma L……………… fristlos gekündigt und zugleich der Arbeitsvertrag angefochten. Im Rahmen gerichtlicher Auseinandersetzungen vereinbarte der Kläger mit der Firma L………… am 08.10.1998, dass das Arbeitsverhältnis wegen fehlgeschlagener Arbeitsaufnahme auf arbeitgeberseitige Veranlassung mit dem 31.07.1998 beendet worden sei. Ihm wurde in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 100.000,– DM gezahlt, die in Höhe von 50.000,– DM am 15.10.1998, 25.000,– DM am 15.11.1998 und weiteren 25.000,– DM am 15.12.1998 fällig war. Das Arbeitsentgelt in Höhe von 17.000,– DM für August 1998 sowie anteiliges Arbeitsentgelt in Höhe von 6.233,– DM für September 1998 wurde an den Kläger nicht ausgezahlt.

Durch Urteil vom 19.08.1999 hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlun...

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