Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zahlung einer Karenzentschädigung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitnehmer hat sich auf eine gem. § 74 HGB zu zahlende Karenzentschädigung gem. § 74c HGB nicht nur durch eine anderweitige Tätigkeit erzielte laufende Bezüge, sondern auch eine Entschädigung anrechnen zu lassen, die er dafür erhält, dass er während der laufenden Karenzzeit eine Tätigkeit für einen Dritten einvernehmlich beendet.
Normenkette
HGB §§ 74, 74 c Abs. 1, § 74c
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 17.04.2019; Aktenzeichen 8 Ca 1220/18) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 17. April 2019, Az. 8 Ca 1220/18, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Karenzentschädigung für die Monate von März bis September 2018.
Der Kläger war bei der Beklagten seit 1993 in verschiedenen Positionen, zuletzt als "President Performance Chemicals"zu einem durchschnittlichen Einkommen von € 72.660,86 brutto monatlich beschäftigt. In Ziff. X des letzten Anstellungsvertrags vom 14.03.2008 war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von zwei Jahren gegen Zahlung einer Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgesehenen Höhe vereinbart. Die Parteien beendeten das Anstellungsverhältnis durch Vereinbarung vom 15.02.2017 mit Wirkung zum 31.07.2017. Zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot trafen sie in Ziff. 6 folgende Regelung:
"Gemäß seinem Anstellungsvertrag mit [der Beklagten] vom 14.03.2008 unterliegt [der Kläger] einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot mit Entschädigungszahlung. Hinsichtlich der Anrechnung anderweitigen Erwerbs gilt § 74c HGB."
Der Kläger wurde zum 01.08.2017 für die Dauer von vier Jahren als ordentliches Mitglied in den Vorstand der G. AG (im Folgenden G) bestellt, am 01.09.2017 übernahm er den Vorstandsvorsitz. Der Vorstands-Dienstvertrag zwischen dem Kläger und G vom 23.12.2016 hat ua. folgenden Wortlaut:
"§ 3 Vergütung
1. Die feste Vergütung für die Tätigkeit des Vorstandsmitglieds beträgt jährlich EUR 950.000 brutto (Grundvergütung). Die Grundvergütung wird in zwölf gleichen Beträgen jeweils zum Ende eines Kalendermonats fällig. ...
2. ...
3. Neben der festen Vergütung hat das Vorstandsmitglied für die Dauer seiner Bestellung Anspruch auf eine geschäftsjahresbezogene variable Vergütung (STI). Der STI ist ... Er beträgt bei Erreichen der finanziellen Jahresziele 50 % der jeweils gültigen Grundvergütung (derzeit = EUR 475.000), ... Bei einem unterjährigen Ausscheiden des Vorstandsmitglieds aus dem Vorstand ... errechnet sich der STI anteilig pro rata temporis ...
4. Ferner hat das Vorstandsmitglied für die Dauer seiner Bestellung Anspruch auf eine langfristige variable Vergütung (LTI). Der LTI ist .... Er beträgt bei Erreichen des angestrebten Zielerreichungsgrad 40 % der Grundvergütung (= EUR 380.000), ... Bei einem unterjährigen Ausscheiden des Vorstandsmitglieds aus dem Vorstand ... errechnet sich der LTI anteilig und pro rata temporis ...
5. ...
6. Das Vorstandsmitglied nimmt an einem virtuellen Aktienoptionsprogramm (...) teil, wenn und soweit die Gesellschaft ein Virtuelles Aktienoptionsprogramm auflegt. Hierüber wird eine gesonderte "Phantom Stock-Vereinbarung"abgeschlossen.
...
§ 8 Wettbewerbsverbot
1. ...
2. Das Wettbewerbsverbot gemäß Abs. 1 gilt auch für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Dienstvertrags (nachvertragliches Wettbewerbsverbot).
3. ...
4. Für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erhält das Vorstandsmitglied jährlich ... eine Entschädigung in Höhe von 100% ... Diese jährliche Karenzentschädigung (derzeit insgesamt EUR 1.425.000) wird in zwölf monatlichen Raten jeweils am Ende des Monats gezahlt. Sie wird nicht auf eine etwaige Abfindung gemäß § 9 Absatz 3 (im Falle der vorzeitigen Beendigung des Dienstvertrags) ... angerechnet, sondern zusätzlich zu der Abfindung gezahlt.
...
§ 9 Dauer und Beendigung
1. Dieser Dienstvertrag ... wird befristet bis zum Ablauf von vier Jahren nach der Bestellung. ...
2. Bei jeder vorzeitigen Beendigung der Bestellung, sei es insbesondere infolge ... einvernehmlicher Beendigung ... ist die Gesellschaft berechtigt, diesen Dienstvertrag mit der ordentlichen Kündigungsfrist gem. § 622 Abs. 2 BGB zu kündigen.
3. Im Fall einer Kündigung des Dienstvertrags nach Absatz 2 erhält das Vorstandsmitglied eine Abfindung zur Abgeltung seiner Bezüge (einschließlich sämtlicher Neben- und Sachleistungen) in Höhe von zwei Jahresvergütungen (jeweils geltende Grundvergütung plus variable Vergütung nach § 3 Absatz 3 und 4), jedoch nicht mehr als den anteiligen Wert seiner Vergütungsansprüche für die Restlaufzeit des Dienstvertrags gem. § 9 Absatz 1. Bei der Berechnung der Abfindung wird hinsichtlich der variablen Vergütungsbestandteile eine hundertprozentige Zielerreichung unterstellt; demgemäß beträgt die für die Abfindung maßgebliche Jahresvergütung EUR 1.805...