Entscheidungsstichwort (Thema)
Ist das Arbeitsverhältnis vor dem Zeitpunkt eines etwaigen Betriebsübergangs gekündigt und die dagegen erhobene Kündigungsschutzklage zurückgenommen worden, geht das Arbeitsverhältnis bei einem nachfolgenden Betriebsübergang in dem gekündigten Zustand auf den Betriebserwerber über und endet dort mit Ablauf der Kündigungsfrist. Betriebsübergang
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1 S. 1; KSchG §§ 4, 7; ZPO § 269 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Herne (Urteil vom 25.02.2009; Aktenzeichen 5 Ca 2797/08) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 25.02.2009 – 5 Ca 2797/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.900,00 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen infolge eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.
Der heute 37-jährige Kläger war seit dem 16.09.2002 bei der in M3 ansässigen M2 C1 GmbH, die sich mit dem Handel von Computern und Monitoren sowie dem Vertrieb von Computerperipherie aller Art befasste, tätig, ab 01.03.2008 als Vertriebsleiter gegen eine Jahresvergütung von 65.000,00 EUR brutto.
Die M2 C1 GmbH gehörte neben der M2 AG und der M2 I1 GmbH zum Verbund der M2-Unternehmensgruppe, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet und über deren Vermögen am 01.09.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Rechtsanwalt Dr. A2 wurde für alle drei Unternehmen zum Insolvenzverwalter bestellt, nachdem er durch Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 25.06.2008 bereits als vorläufiger Insolvenzverwalter fungiert hatte.
Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 25.09.2008 fristgerecht zum 31.12.2008. Zuvor hatte er den bei den drei genannten Unternehmen gebildeten Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung des Klägers mit folgender Begründung angehört:
„Während der Insolvenzeröffnungsverfahren habe ich intensive Gespräche mit Investoren über eine übertragende Sanierung der M2-Gruppe mit dem Ziel der Rettung möglichst vieler Arbeitsplätze geführt. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Investoren an einer Fortführung in Form des bestehenden gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes der M8, M9 und M10 am Standort in M3 kein Interesse haben.
Vor diesem Hintergrund habe ich mit Insolvenzeröffnung die unternehmerische Entscheidung getroffen, den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb von M8, M9 und M10 am Standort M3 spätestens mit Auslauf der Kündigungsfristen am 31.12.2008 vollständig einzustellen.
In Umsetzung dieser unternehmerischen Entscheidung zur geplanten vollständigen Betriebsstilllegung beabsichtige ich, die mit der M8, M9 und M10 begründeten Arbeitsverhältnisse noch im Monat September 2008 … ordentlich aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen. …
Um die ordnungsgemäße Abwicklung der Geschäfte der M2-Gruppe sicherzustellen, habe ich für den Zeitraum nach Insolvenzeröffnung ein Team aus Mitarbeitern der M8, M9 und M10 am Standort M3 zusammengestellt. Diese Mitarbeiter werde ich maximal bis zum Auslauf der Kündigungsfristen am 31.12.2008 weiterbeschäftigen.”
Der Betriebsrat antwortete darauf mit Schreiben vom 23.09.2008, er werde sich innerhalb der Frist zu den eingereichten Kündigungen nicht äußern. Er melde allerdings Bedenken an, da der aufgeführte Kündigungsgrund nicht mehr existent sei, weil die Firma Q1 den Betrieb/einen Teilbetrieb der M2 übernommen habe. Somit liege ein Betriebsübergang/Teilbetriebsübergang nach § 613 a BGB vor.
Der Kläger hat die zunächst gegen den Insolvenzverwalter gerichtete Kündigungsschutzklage zurückgenommen.
Der Kläger meint, die Beklagte habe den Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin mit einem erheblichen Teil des Mitarbeiterstamms unter Nutzung des Anlagevermögens und Beibehaltung derselben Lieferanten und Vertragspartner übernommen.
Demgegenüber vertritt die Beklagte den Standpunkt, ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden, denn sie führe einen wesentlich verkleinerten, neu aufgebauten Betrieb mit einem wesentlich geänderten Unternehmenszweck, der nur einen Bruchteil des Umsatzes erziele, der früher über die Insolvenzschuldnerin abgewickelt worden sei. Sie trägt vor, die M2-Gruppe habe zum Zeitpunkt der Insolvenzantragsstellung insgesamt etwa 1000 Mitarbeiter, davon rund 700 Mitarbeiter im Inland beschäftigt. Noch unter der Regie des vorläufigen Insolvenzverwalters seien die Betriebe der Auslandstöchter geschlossen worden. Ein Großteil der in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter sei bereits vor Insolvenzeröffnung freigestellt oder gekündigt worden. Sie habe im Rahmen der Zerschlagung der M2-Unternehmensgruppe durch dreiseitige Verträge mit dem Insolvenzverwalter und einzelnen Mitarbeitern etwa 40 Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen der insolventen M2-Unternehmensgruppe eingestellt. Zusammen mit den aus unterschiedlichen Bereichen der M2-Unternehmensgruppe stammenden und neuen externen Mitarbeitern habe sie eine neue Organisationseinheit gebil...