Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderzuwendung. Freiwilligkeitsvorbehalt. Betriebliche Übung. Maßregelung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Hinweis des Arbeitgebers auf die Freiwilligkeit einer Leistung lässt ihm die Freiheit, jährlich neu darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gratifikation gezahlt werden soll. Hat der Arbeitgeber unmissverständlich darauf hingewiesen, dass aus den jeweiligen Zahlungen ein Rechtsanspruch auf die Zuwendung für die Zukunft nicht hergeleitet werden kann, so ist er nicht gehindert, die Zahlung einer Gratifikation ohne vorherige Ankündigung und ohne Bindung an § 315 BGB für die Zukunft zu verweigern.
2. Eine unzulässige Maßregelung i.S.v. § 612a BGB kann auch darin liegen, dass der Arbeitgeber den Adressatenkreis einer freiwilligen Leistung um diejenigen Mitarbeiter verringert, die zuvor in zulässiger Weise ihre vertraglichen Rechte ausgeübt haben.
Normenkette
BGB §§ 611, 315, 612a
Verfahrensgang
ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 28.07.2002; Aktenzeichen 5 Ca 337/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 28.07.2002 – 5 Ca 337/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung von Sonderzuwendungen.
Der Kläger ist seit dem 01.08.1978 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen als hauptberuflicher Lehrer beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 10.10.1978, den der Kläger mit der W4xxxxxxxxxxx B4xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx (im Folgenden: WBK), eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, geschlossen hat, heißt es unter anderem:
„§ 3
Die Vergütung des Herrn S1xxxxxxx wird nach Maßgabe der tarifrechtlichen Bestimmungen errechnet, die für vergleichbare Angestellte im öffentlichen Dienst gelten.
Herr S1xxxxxxx wird entsprechend des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 (MBl. NW: S. 375 f) in die Vergütungsgruppe XII b Erlass des KM vom 22.03.1978 – ZB 1/2-23/06. – 99/78 Ziff. 4.6 eingestuft. Die Grundvergütung wird nach den für vergleichbare Angestellte im öffentlichen Dienst geltenden Bestimmungen im Einvernehmen mit der oberen Schulaufsichtsbehörde festgesetzt.
(…)
§ 7
Im übrigen gelten für diesen Arbeitsvertrag die Bestimmungen des BAT und die diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträge, soweit diese Bestimmungen für vergleichbare Angestellte im öffentlichen Dienst maßgebend sind.”
Wegen der weiteren Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 13 – 16 d.A. Bezug genommen. Die WBK war nicht tarifgebunden.
Mit Wirkung zum 01.01.1982 vereinbarte die WBK mit dem bei ihr gewählten Gesamtbetriebsrat die Einführung eines neuen Vergütungssystems, das unter anderem vorsah, dass mit den hauptberuflichen Lehrern künftig neben dem Anstellungsvertrag ein Ergänzungsvertrag abzuschließen ist.
Dementsprechend schloss der Kläger mit der WBK mit Datum vom 29.04.1982 einen Ergänzungsvertrag zu seinem Anstellungsvertrag, der unter anderem folgende Regelungen enthält:
„§ 1
Unabhängig von der Einstufung in die Vergütungsgruppe nach § 3 des Arbeitsvertrages als hauptberuflicher Lehrer erhält Herr S1xxxxxxx ein Bruttogehalt in Höhe von z.Z.
4.450,00 DM/Monat
ab 01.01.1981
(in Worten viertausendvierhundertfünfzig), das monatlich nachträglich bargeldlos gezahlt wird. 4.700,00 DM/Monat ab 01.07.1981.
§ 2
Mit diesen Bezügen ist die gesamte Tätigkeit für die WBK, einschließlich der höheren Anforderungen, die der Schulträger an die Lehrer stellt, abgegolten.
Als höhere Anforderungen gelten im wesentlichen:
- Unterrichtserteilung über das verbindliche Maß hinaus (…)
- (…).”…
Wegen der weiteren Einzelheiten des Ergänzungsvertrages vom 29.04.1982 wird auf Bl. 18 – 21 d.A. verwiesen.
Mit Datum vom 23.04.1986 schloss die WBK mit dem Gesamtbetriebsrat eine ablösende Betriebsvereinbarung zur Regelung des Vergütungssystems, in der es unter Ziffer 5 wie folgt heißt:
„5. Nebenleistungen
Neben dem Gehalt gemäß dem von WBK vorgegebenen Gehaltsrahmen werden den Lehrern folgende Nebenleistungen gewährt:
5.1. Weihnachts- und Urlaubsgeld. WBK trifft jährlich eine Entscheidung darüber, ob und in welcher Höhe entsprechende Leistungen gewährt werden. Aus der Gewährung erwächst kein Rechtsanspruch für die Zukunft.”
Im Oktober 2000 kündigte die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin die genannte Betriebsvereinbarung vom 23.04.1986. In einem Sozialplan vom 20.10.2000 wurde den Lehrkräften der Beklagten, die mit einer künftigen Vergütung nach dem BAT bzw. öffentlich-rechtlichen Besoldungsvorschriften einverstanden waren, eine Ausgleichszahlung zugesagt.
Mit Wirkung zum 01.01.2001 wurden die Bildungsaktivitäten der R2x B1xxxxx GmbH und der DMT Gesellschaft für Lehre und Bildung mbH bei der Beklagten dieses Rechtsstreits zusammengeführt. Durch Übertragung des Bereichs „Bergbauliches Schulwesen” auf die Beklagte ging auch das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB auf die...