Entscheidungsstichwort (Thema)
Verringerung der Arbeitszeit. Diätassistentin
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 8 Abs. 6 TzBfG kann der Arbeitnehmer eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen, nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder diese berechtigt abgelehnt hat. Diese sog. „Sperrfrist” dient der Planungssicherheit des Arbeitgebers und dem Betriebsfrieden.
2. § 8 Abs. 6 TzBfG sperrt nur bei einer vorherigen Geltendmachung eines Anspruchs nach dem TzBfG. Ein auf eine andere gesetzliche oder tarifvertragliche Grundlage gestütztes Begehren wird nicht erfasst.
3. Der Arbeitgeber kann auf die Einhaltung der Frist des § 8 Abs. 6 TzBfG verzichten.
4. Für die Frage, welche Tatsachen bei Ablehnung wegen entgegenstehender betrieblicher Gründe zu berücksichtigen sind, ist auf den Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunsches des Arbeitnehmers abzustellen.
5. Ob dem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers ein betrieblicher Grund des Arbeitgebers entgegensteht, wird in drei Schritten geprüft. Zunächst, also auf der ersten Stufe, ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt - und wenn das zutrifft - um welches Konzept es sich dabei handelt. Auf einer zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Ergibt sich, dass das Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers nicht mit dem Organisationskonzept und der daraus folgenden Arbeitszeitregelung in Einklang gebracht werden kann, so ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Urteil vom 14.11.2008; Aktenzeichen 1 Ca 1472/08) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten vom 18.12.2008 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 14.11.2008 – 1 Ca 1472708 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Antrag der Klägerin auf Verringerung der Arbeitszeit gemäß § 8 TzBfG.
Die am 30.12.1957 geborene, verheiratete, schwangere und Zwillingen zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist seit dem 01.01.1982 zunächst im St.-V1-Hospital in R1 als Diätassistentin beschäftigt gewesen. Dieses schloss sich 1999 mit dem St.-A2-Hospital in B1 unter der Trägerschaft der Beklagten zusammen. Seitdem ist die Klägerin im S1.-A2-Hospital als Diätassistentin beschäftigt. Das S1.-A2-Hospital B1 ist ein Schwerpunktkrankenhaus in freigemeinnütziger katholischer Trägerschaft. Nach dem derzeit gültigen Feststellungsbescheid des Regierungspräsidenten M2 hält das S1.-A2-Hospital 420 Planbetten, die durchschnittlich zu 80 % im Jahr belegt sind. Jährlich werden mehr als 18.000 Patienten stationär behandelt, die Verweildauer beträgt etwa 7,4 Tage. Die Beklagte beschäftigt im S1.-A2-Hospital mehr als 1000 Arbeitnehmer auf ca. 600 Vollzeitstellen. Die Arbeitnehmer im Betrieb der Beklagten haben eine Mitarbeitervertretung gewählt, deren Vorsitzender Herr K4-S5 ist.
Die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Parteien ergeben sich aus einem 1993 mit dem S1.-V1-Hospital geschlossenen Arbeitsvertrag. Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt der Klägerin beläuft sich derzeit auf ca. 2.900,00 EUR. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kommen die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des deutschen Caritasverbandes (AVR) zur Anwendung. Bei der Beklagten existieren ein Leitbild und eine Führungsleitlinie (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf deren Ablichtungen Bl. 30 ff. verwiesen).
Die im Krankenhaus der Beklagten untergebrachten Patienten können sich Frühstück und Abendessen nach Geschmack und Appetit individuell zusammenstellen. Für das Mittagessen existiert ein Wochenplan, der alternativ drei Menüs vorsieht (Menü I – Vollkost, Menü II – Leichte Vollkost, Menü III – Mediterrane Küche [ab April 2009]).
Die Zentralküche bildet innerhalb des Betriebes der Beklagten ein eigenes Profit-Center und besteht aus rechnerisch 44,3 Vollzeitstellen, die mit ca. 60 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen besetzt ist. Im Bereich der Küche verfügt die Beklagte über vier Planstellen für die Diätassistenten, von denen derzeit drei mit Vollzeitkräften besetzt sind, während sich die vierte Planstelle zwei Teilzeitkräfte teilen. Der Diätbereich ist zuständig für ca. 150 – 200 Diätessen, von denen ca. 80 Diabetikeressen sind und der Rest sich auf diverse Sonderkosten verteilt, wie z. B. verschiedene Allergie- oder glutenfreie, cholesterin- oder laktosearme Kost.
Die drei Vollzeitkräfte, zu denen die Klägerin gehört, arbeiten derzeit in Blöcken von elf Tagen Arbeit und anschließend drei Tagen frei, wobei die Arbeitnehmerin auf der Vollzeitstelle eins an einem Montag beginnt, die Kollegin auf der Vollzeitstelle zwei am darauffolgenden Montag beginnt und die Kollegin auf der Vollzeitstelle dr...